Kolumne - KLEINE GEDANKEN ZUR GROSSEN ZEIT
31.10.2025 KolumneKLEINE GEDANKEN ZUR GROSSEN ZEIT
Zu Beginn eine Frage: Was würden Sie sagen, wenn ein internationaler Konzern ins Dorf käme, in die Dorf-Bäckerei gehen würde, dem allseits beliebten Bäcker die Weggli und die Gipfeli wegnehmen würde und ...
KLEINE GEDANKEN ZUR GROSSEN ZEIT
Zu Beginn eine Frage: Was würden Sie sagen, wenn ein internationaler Konzern ins Dorf käme, in die Dorf-Bäckerei gehen würde, dem allseits beliebten Bäcker die Weggli und die Gipfeli wegnehmen würde und diese dann im gleichen Dorf auf dem Markt verkaufen würde?
Ich bin sicher, dass Sie ein solches Vorgehen nicht akzeptieren würden.
Natürlich ist obiges Beispiel ein wenig übertrieben. Aber leider geschieht ein ähnliches Vorgehen seit ein paar Jahren im Medienbereich.
Konzerne – vor allem aus den USA – übernehmen nämlich Ausschnitte von Zeitungsartikeln, ohne dafür zu bezahlen. Diese Ausschnitte werden dann veröffentlicht und mit eigener Werbung versehen.
So wie in meinem Beispiel der Bäcker für seine Weggli und Gipfeli gearbeitet hat, so wurden auch die Zeitungsartikel in aufwändiger Arbeit von Redaktorinnen und Redaktoren erstellt. Bezahlt hat diese Arbeit der jeweilige Verleger.
Das Beispiel «Google» soll zeigen, was da genau passiert.
Google und andere Konzerne profitieren nämlich von einer Lücke im schweizerischen Urheberrecht, denn Ausschnitte von journalistischen Inhalten sind da nicht geschützt. Man kann sich einfach bedienen, ohne dafür zu bezahlen.
Gemäss Schätzungen des Verlegerverbandes verdient Google so in der Schweiz auch dank diesen journalistischen Inhalten über eine Milliarde Franken pro Jahr. Dieses Geld wandert in die USA, obschon die Arbeit in der Schweiz gemacht worden ist. Die schweizerischen Verleger finden nun richtigerweise, dass dies geändert werden muss. Man soll erarbeitete redaktionelle Ausschnitte nicht einfach gratis übernehmen dürfen. Deshalb hat der Bundesrat diesen Sommer eine entsprechende Botschaft mit dem Titel «Leistungsschutzrecht» ans Parlament überwiesen.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass grosse Online-Dienste den Medienunternehmen für die Nutzung von journalistischen Ausschnitten eine Vergütung entrichten. Journalistinnen und Journalisten sollen an dieser Vergütung angemessen beteiligt werden.
Ich finde dies einen guten Vorschlag. Google und andere grosse Technologiekonzerne sollen bezahlen, wenn sie Inhalte übernehmen. So wie Weggli und Gipfeli nicht einfach gratis übernommen werden dürfen, so darf man auch erarbeitete Zeitungsartikel nicht einfach gratis übernehmen.
Ich hoffe, dass das Parlament nun zügig ein «Leistungsschutzgesetz» ermöglicht, das den Zeitungsverlagen und ihren Mitarbeitenden genügend Schutz gibt und sie auch entsprechend entschädigt.
Denn so wie der Bäcker haben es auch die Verleger sowie die Redaktorinnen und Redaktoren verdient, dass ihre wertvolle Arbeit nicht einfach ohne Bezahlung übernommen werden kann.
MARTIN MUERNER
MARTIN.MUERNER@GMX.CH

