Sind die Einschränkungen für Schutzprojekte nur ein Nebenaspekt?
14.01.2025 PolitikAm letzten Freitag endete die Vernehmlassungsfrist für die Teilrevision des bäuerlichen Bodenrechts. Für Schlagzeilen hatten zuvor zwei Änderungen gesorgt, die den Kauf von Land für Natur- oder Hochwasserschutzprojekte betreffen.
HANS RUDOLF ...
Am letzten Freitag endete die Vernehmlassungsfrist für die Teilrevision des bäuerlichen Bodenrechts. Für Schlagzeilen hatten zuvor zwei Änderungen gesorgt, die den Kauf von Land für Natur- oder Hochwasserschutzprojekte betreffen.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die zentralen Teile der Revision waren bisher vor allem in den Fachmedien ein Thema: Es geht um die Stärkung der Selbstbewirtschaftung, die Besserstellung von Ehepartnern sowie eine Stärkung des Unternehmertums von Landwirten. Wenige Tage vor Ende der Vernehmlassung wurden plötzlich noch zwei andere Diskussionspunkte des bäuerlichen Bodenrechtes zur Schlagzeile: Der Bundesrat schlägt vor, dass der ohnehin schon stark reglementierte Verkauf von Landwirtschaftsland weiter reguliert werden soll.
Ausnahmen reduzieren
Schon jetzt kann Landwirtschaftsland prinzipiell nur an Landwirte weiterverkauft werden. «Bauernland in Bauernhand» lautet ein eiserner Grundsatz. Als Ausnahme ist bisher möglich, dass die öffentliche Hand – meist die Kantone – oder Umweltorganisationen Land kaufen können, um damit von Natur- oder Hochwasserschutzprojekten betroffenen Bauern Realersatz bieten zu können.
Doch mit der Revision soll diese Möglichkeit weitgehend wegfallen. Es müssten besondere Schutzinteressen vorhanden sein, zum Beispiel bei Objekten von nationaler Bedeutung, um Ausnahmen zu gewähren. Bei anderen Projekten könnte dies in der Folge zu mehr Enteignungen führen – oder Schutzprojekte ganz verhindern. Das ist die Befürchtung von Pro Natura Schweiz, die an den Plänen Kritik äussert: «Es ist schon heute schwierig, Landwirtschaftsland für Naturschutzprojekte zu erwerben. Doch mit der geplanten Revision wäre es praktisch unmöglich», sagt Urs Tester, Geschäftsleitungsmitglied von Pro Natura. Er stört sich auch daran, dass Umweltorganisationen bei der Ausarbeitung der Gesetzesrevision kaum oder nur punktuell beigezogen worden sind.
«Stossrichtung falsch»
Die Gruppe, die die Änderungen erarbeitete, bestand tatsächlich ausschliesslich aus Interessenvertretern der Landwirtschaft. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) sieht darin kein Problem und betont, dass die «Hauptakteure des bäuerlichen Bodenrechts» vertreten waren.
Doch auch der Präsident der Konferenz der kantonalen Bau- und Umweltdirektoren, der Freiburger Staatsrat Jean-François Steiert (SP), äussert sich kritisch zu den Einschränkungen zum Landerwerb. «Wir sind mit der Stossrichtung ganz und gar nicht einverstanden», sagte Steiert gegenüber der «NZZ am Sonntag». Der Schutz vor Überschwemmungen sei von grossem öffentlichem Interesse und die Kantone darauf angewiesen, dafür unkompliziert Land kaufen zu können.
Im Frutigland winkt man ab
Dass Schutzprojekte künftig schwieriger umzusetzen sind und Landwirte allenfalls enteignet werden müssen, ist im Frutigland hingegen kaum ein Thema. So zumindest schätzt das SVP-Nationalrat und Landwirt Ernst Wand!uh aus Kandergrund ein. Allenfalls könnte dies bei der Renaturierung der Kander im Bereich Schwandi-Ey (ein Teil des Projektes Kander.2050) ein Aspekt werden, bei anderen ihm derzeit bekannten Projekten aber kaum. Eine Aufweichung des bäuerlichen Bodenrechts sei immer mal wieder ein Thema, sagt er kritisch und unterstützt deshalb die Teilrevision, wie sie zur Vernehmlassung als Ganzes vorlag.
Und was sagt der Praktiker zur Thematik? Peter Bettschen, Präsident der Schwellenkorporation Reichenbach, hat eine klare Haltung: «Wir werden kein Projekt realisieren, das nur durch Enteignungen umsetzbar ist.» Hochwasserschutzmassnahmen seien nur gemeinsam mit den Liegenschaftsbesitzern machbar.
Peter Bettschen weiss, wovon er spricht. In seiner Gemeinde sind etliche Schutzprojekte fertiggestellt worden oder noch in Planung. Er betont, dass im Frutigland die geografischen Voraussetzungen speziell seien: Hier werde vor allem in den Seitengräben und im bestehenden und den Liegenschaftsbesitzern bekannten Gewässerraum entlang der Bäche verbaut. Gross!ächige Massnahmen seien anders als etwa im Mittelland gar nicht möglich oder nötig. Und angesprochen auf die von Ernst Wand!uh erwähnte Aufweitung in der Schwandi-Ey meint er: «Das sind in erster Linie Naturschutzmassnahmen. Wo möglich, hat für uns hingegen noch lange der Hochwasserschutz Priorität.»