Starke Hotellerie und neue Köpfe
21.10.2025 AdelbodenAn der Generalversammlung der Engstligenalp stellten sich zwei neue Persönlichkeiten im Leitungsteam der Unternehmung vor. Deren Jahresrechnung schloss ausgeglichen ab. Alpschaftspräsident Markus Grossen stellte ganz am Schluss eine brisante Frage.
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An der Generalversammlung der Engstligenalp stellten sich zwei neue Persönlichkeiten im Leitungsteam der Unternehmung vor. Deren Jahresrechnung schloss ausgeglichen ab. Alpschaftspräsident Markus Grossen stellte ganz am Schluss eine brisante Frage.
RETO KOLLER
Eine Wetterlage wie am letzten Donnerstag hätte sich der Verwaltungsrat der Bergbahnen Engstligenalp AG auch im Sommer 2024 gewünscht: Strahlender Sonnenschein erwartete die 96 Aktionärinnen und Aktionäre auf der Alp. Verwaltungsratspräsident Günter Seewer stellte im Jahresbericht klar, dass dies im Sommer anders gewesen sei. «Die feuchtgrauen Monate Juni und Juli hinderten viele Gäste daran, zu uns zu kommen», bilanzierte er.
Mikroskopischer Jahresgewinn
Die Frequenzen der Bahn und die Umsätze in der Gastronomie waren unmissverständlich. Trotz eines starken Augusts und eines guten Herbstes blieben sie mit 92 000 Gästen hinter den Zahlen der letzten fünf Jahre zurück.
Der Winter 2024/2025 dagegen erfüllte die Hoffnungen. Der Bahn- und Skibetrieb brachte rund 23 Prozent mehr Umsatz als im Fünfjahresschnitt. Das gesamte Jahr schloss zwar vier Prozent unter dem Vorjahreswert ab, übertraf jedoch den Fünfjahresschnitt um elf Prozent. Letztlich resultierte ein ausgeglichenes Ergebnis mit einem mikroskopischen Jahresgewinn von 1600 Franken. Laut Seewer zeigt das 57. Geschäftsjahr in aller Deutlichkeit auf, wie abhängig die Engstligenalp vom Verlauf der Witterung ist – im Sommer wie im Winter. Diese Abhängigkeit zu verringern, dürfte wohl die grösste Herausforderung für den Verwaltungsrat sein. Er arbeitet zurzeit intensiv an einer Strategie und neuen Angeboten, welche den Erfolg der Alp langfristig sichern sollen, wie im Jahresbericht zu lesen ist. Details dazu gab Seewer noch keine preis.
Erfolgreiche Hotellerie
Die Zahlen zeigen es: Die Investitionen ins Übernachtungsangebot im Chalet Wildstrubel und insbesondere in die «Sennhütte» trafen den Nerv der Gäste. Trotz des verregneten Sommeranfangs stiegen die Übernachtungszahlen gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent. Auch die Fondue-Iglus erfreuten sich im Winter ungebrochener Beliebtheit. Rund 12 000 Gäste liessen sich von der einmaligen Atmosphäre bezaubern.
Trotz verringertem Platzangebot erreichte der Umsatz beinahe den starken Vorjahreswert. Noch-Betriebsleiter Bruno Riesen informierte über den Stand der für das Unternehmen zentralen Überbauungsordnung. Grosse Flächen der Engstligenalp liegen in einem Naturschutzgebiet – auch jene der beliebten Fondue- und Schlaf-Iglus sowie der Drome-Bar. In zähen Verhandlungen sei es gelungen, die provisorischen Bewilligungen um zwei Wintersaisons zu verlängern – allerdings mit reduziertem Platzangebot. Der Erfolg sei auch der Unterstützung durch Gemeinde und Regierungsstatthalteramt zu verdanken.
Der Weg bis zur definitiven Bewilligung bleibe jedoch lang: Das Gesuch liegt aktuell beim Amt für Gemeinden und Raumordnung zur Vorprüfung. Nach dessen Zustimmung entscheidet die Gemeindeversammlung Adelboden. Riesen zeigte sich zuversichtlich, dass dies rechtzeitig geschehen wird.
Neue Persönlichkeiten
Im Traktandum Wahlen stellte sich ein prominentes neues Mitglied vor. Der bekannte Unternehmer Thomas Binggeli («Thömus Bikeworld») stellte sich für ein Amt im Verwaltungsrat zur Verfügung (siehe Kasten). Anschliessend gab es etwas Bewegungstherapie für die Aktionärinnen und Aktionäre. Es galt, die fünf bisherigen Verwaltungsräte einzeln mit Handerheben zu bestätigen. Niemand stemmte sich gegen die Wiederwahlen. Dem Rat steht nach wie vor der Oberwalliser Günter Seewer vor. Er verabschiedete seinen scheidenden Geschäftsführer Bruno Riesen mit herzlichen Worten. Dessen Nachfolger Pascal Schär stellte sich der Versammlung vor. Der gebürtige Zürcher Oberländer kommt von den Bergbahnen Andermatt-Sedrun.
Kommen jetzt die asiatischen Gäste?
Unter Varia griff Alpschaftspräsident Markus Grossen zum Mikrofon. Nach seinem Dank an alle Beteiligten erhob er mahnend den Finger. Er habe eine gewisse Skepsis bei den Älplern verspürt. Es seien Gerüchte zu hören, man wolle den auf der Engstligenalp omnipräsenten Globi «furtputzen» und voll auf die Karte der asiatischen Gäste setzen. «Ab solchen Mutmassungen stehen mir die Haare zu Berge», meinte der Älpler und wünschte sich Auskunft. Seewer beruhigte: «Weder wollen wir die Partnerschaft mit Globi beenden noch ist ein einziger Franken Marketinggeld in Asien geplant. Doch bei uns sind alle Gäste willkommen, gleich welcher Herkunft sie sind. Dies entspricht unserem Verständnis von Gastfreundschaft.» Mit diesen Worten schloss Seewer die Versammlung.
Die beiden neuen Gesichter
Pascal Schär: Dieser übernimmt ab 1. Dezember 2025 die Geschäftsleitung der Bergbahnen Engstligenalp AG. Er führt seit sieben Jahren die Andermatt-Sedrun-Disentis Marketing AG und ist in der Geschäftsleitung der Andermatt-Sedrun Sport AG. Dort betreibt die amerikanische Firma Vail Resorts eine der beiden Bergbahnen. Vorher amtete Pascal Schär acht Jahre als Tourismusdirektor in Saas Fee.
Der Zürcher Oberländer hat in Luzern Betriebsökonomie studiert. Sein touristischer Werdegang begann mit einem Praktikum in Zermatt, nachdem er die kaufmännische Lehre in der Stadtverwaltung von Uster abgeschlossen hatte. Er jobbte danach unter anderem als Concierge auf dem Bürgenstock, im Service auf dem Pizol und am Flughafen Zürich bei Swissport. Was führte ihn auf die Engstligenalp, von deren Existenz er laut eigenen Angaben bloss Kenntnis hatte? «Die schöne, in sich abgeschlossene Bergwelt strahlt auf mich einen grossen Reiz aus. Sie birgt viel Potenzial, das man noch erschliessen kann. Von einem Grosskonzern wie Vail Resorts kommend, freue ich mich auf eine etwas lokalere Tätigkeit mit kürzeren Entscheidungswegen und mehr direktem Einfluss.»
Thomas Binggeli: Der 52-Jährige ist seit 35 Jahren Bikesport-Unternehmer. «Mein Herz schlug immer fürs Fahrrad. Aber ich glaube nicht, dass die Hochebene ein Veloberg werden sollte», scherzte er. Es sei sein erstes Engagement, das nicht auf irgendeine Weise dem Zweirad gewidmet ist. Mit der Engstligenalp fühlt er sich stark verbunden: «Als Kind mussten wir immer mit auf den Wildstrubel. Mein Vater war Skitourenleiter und trug auch Routen auf die 25 000er-Karten ein.» Zu seinem neuen Mandat kam er durch Verwaltungsratsmitglied Daniel Fluri. Mit ihm unterhält er eine Freundschaft und die Firma «Twinner» für Mobilitätsvelos. Dass sein Geschäftspartner und unternehmerischer Mentor Ernst Thomke früher Hauptaktionär der Bergbahnen Engstligenalp AG war, hat seinen Entscheid beeinflusst. Binggeli ist zudem Besitzer des Veloausleihsystems PubliBike und der Firma Datasport für Zeitmessungen bei Läufen aller Art. «Wenn ich auf der Engstligenalp mit meinem Netzwerk und einer manchmal etwas schrägen Denkweise mithelfen kann, tue ich das gerne.»
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