TheaterAmOrt kehrt zurück: Krimi im historischen Bahnhof
03.10.2025 FrutigenAm 22. Oktober bringt die kleine Theatergruppe TheaterAmOrt ihre zweite Theaterinszenierung auf die Bühne. Diese findet im Wartsaal dritter Klasse im historischen Bahnhof Frutigen sowie in einem eigens zu diesem Anlass bereitgestellten alten Bahnwagen statt. Ein Gespräch ...
Am 22. Oktober bringt die kleine Theatergruppe TheaterAmOrt ihre zweite Theaterinszenierung auf die Bühne. Diese findet im Wartsaal dritter Klasse im historischen Bahnhof Frutigen sowie in einem eigens zu diesem Anlass bereitgestellten alten Bahnwagen statt. Ein Gespräch darüber mit dem Autor und Regisseur Tom Schneider.
MARTIN WENGER
Nach seiner Pensionierung stand Tom Schneider vor zwei Optionen: eine Weiterbildung im Bereich Theater oder selbst Theater zu machen. Vor zwei Jahren entstand gemeinsam mit seinem Theaterkollegen Martin «Husi» Hauswirth die Idee, die Tunnelführungen im Lötschbergtunnel theatralisch zu gestalten. Schneider setzte diese Idee zusammen mit Trix Perren und Martin Hauswirth in die Tat um – mit Erfolg. Aufgrund der positiven Resonanz beschlossen die Beteiligten, sich auch in diesem Jahr wieder an eine Inszenierung zu wagen.
Das Anliegen der Gruppe ist es, dort zu spielen, wo die jeweilige Geschichte tatsächlich stattfindet – stets vor einem kleinen Publikum von maximal 50 Personen.
Mitglieder des wohl kleinsten offiziellen Vereins sind Trix Perren, Tom Schneider und Martin Hauswirth. Alle übernehmen dabei einen klar definierten Aufgabenbereich: Hauswirth kümmert sich um die Infrastruktur, Trix Perren ist für Marketing und Finanzen verantwortlich, während Schneider die Stücke schreibt und Regie führt.
Für die Zukunft plant die Gruppe, alle zwei Jahre ein «Theater am Ort» aufzuführen. Das nächste Stück existiert bereits in den Gedanken von Tom Schneider.
Von einer Kurzgeschichte zum Theaterstück
Schon seit seiner Jugend trägt Tom Schneider zahlreiche Geschichten im Kopf. So war auch die Idee zur Inszenierung im Rahmen der Tunnelführungen rasch gefunden. Das diesjährige Theaterstück basiert auf einer Kurzgeschichte aus seiner Feder. Im Zentrum steht ein kürzlich pensionierter Kommissar, der mit seiner Frau aus den Ferien in Adelboden zurückkehrt. Als Geschenk nimmt er an einer historischen Bahnfahrt teil – und genau dort beginnt die Kriminalgeschichte. Der Handlungsort wechselt zwischen dem Wartsaal des historischen Bahnhofs und einem originalgetreu erhaltenen Bahnwagen.
Das Publikum nimmt nicht nur beobachtend teil, sondern wird selbst Teil der Geschichte – als Passagiere einer historischen Bahnfahrt nach Bern. Mehr zur spannenden Handlung soll an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden.
Wer ist Tom Schneider?
Tom Schneider ist in der Nähe von Biel aufgewachsen. Schon früh entdeckte er seine Begeisterung für das Theater, die durch Besuche im Stadttheater Biel geweckt wurde. Gemäss dem Leitsatz «Mach dir dein Zweitliebstes zum Beruf und das Liebste zum Hobby» entschied er sich zunächst für ein Ingenieurstudium. 1988 kam er nach Frutigen und trat als Entwicklungsingenieur in die Firma Wandfluh in Frutigen ein.
Seit seinen Jugendjahren ist das Theaterspiel seine grosse Leidenschaft, und seit der Pensionierung vor zwei Jahren widmet sich Tom Schneider nun intensiv der Schauspielerei, dem Schreiben von Theaterstücken und der Regiearbeit. In seiner Karriere hat er in über 50 Theaterproduktionen mitgewirkt. Seine Theaterlaufbahn begann bei den Bieler Spielleuten. Anfang der neunziger Jahre folgten Engagements bei den Spiezer Schlossspielen, sowohl rund um das Schloss Spiez als auch bei den Winteraufführungen in der Alten Oele in Thun. Später stand er beim «Winterzauber – Theater im Zelt» in Thun auf der Bühne, wirkte im «Theater am See» in Merligen und bei der Kulturlandbühne mit. Auch in Frutigen ist Tom Schneider kein Unbekannter: Bei den Freilichtspielen Tellenburg verkörperte er den Burgherrn in «Agnes von der Tellenburg» und spielte im letztjährigen Stück «Lötschberg – ein Tal im Aufbruch» die Rolle des Nationalrats. Im kommenden Jahr wird er neben einer kleineren Rolle vor allem als Regieassistent tätig sein – eine Aufgabe, die ihn zunehmend begeistert.
Wenn Tom Schneider über das Theaterspielen spricht, ist seine grosse Begeisterung sofort spürbar. Für ihn bedeutet die Schauspielerei weit mehr als blosses Auswendiglernen von Texten. Dies sei lediglich die Grundlage. Entscheidend sei es, aus den einzelnen Einsätzen eine lebendige Figur entstehen zu lassen – eine Figur, deren Biografie man kennt und die man glaubwürdig verkörpern kann.
Schneider will kein Theater
Auch bei den kommenden Freilichtspielen wird er den Schauspielerinnen und Schauspielern mit wenig Erfahrung deshalb wieder zur Seite stehen und ihnen das nötige Rüstzeug vermitteln.
Als Regisseur für das «Theater am Ort» ist es Tom Schneider ein zentrales Anliegen, dass das Geschehen im Bahnhof und im Wagen nicht nach Theater aussieht, sondern auf besondere Weise natürlich wirkt. Die Darstellerinnen und Darsteller sollen sich wie selbstverständlich durch das Publikum bewegen. So entsteht der Eindruck, selbst mitten im Geschehen zu stehen – und die Zuschauenden werden unmittelbar in die Geschichte hineingezogen.
Mit dieser Mischung aus Leidenschaft, Erfahrung und Liebe zum Detail schafft Tom Schneider etwas Besonderes: Theater, das Grenzen auflöst und Gemeinschaft stiftet – im Bahnhof, im Eisenbahnwagen ebenso wie im Publikum.
Für die diesjährigen Aufführungen sind keine Tickets mehr erhältlich. Auch die beiden Zusatzvorstellungen waren nach wenigen Tagen vollkommen ausgebucht.
Weitere Informationen unter theateramort.ch