Überzeugte Verantwortliche stellen sich skeptischen Bürgern
11.11.2022 AdelbodenAn einer Infoveranstaltung standen die Initianten des geplanten Bäderprojekts, der Gemeindeobmann und die Kaderleute der Aqua-Spa-Resorts AG Red und Antwort. In der Fragerunde gaben die Skeptiker den Ton an.
RETO KOLLER
Nachdem die Gemeindeversammlung am 29. ...
An einer Infoveranstaltung standen die Initianten des geplanten Bäderprojekts, der Gemeindeobmann und die Kaderleute der Aqua-Spa-Resorts AG Red und Antwort. In der Fragerunde gaben die Skeptiker den Ton an.
RETO KOLLER
Nachdem die Gemeindeversammlung am 29. April 2022 nach teils hitziger Debatte die Überbauungsordnung «Bad» auf dem Adler-Areal im Dorfzentrum mit einer Mehrheit von nur 33 Stimmen gutgeheissen hatte, lud der Gemeinderat am vergangenen Montagabend zu einer Informationsveranstaltung zu den Themen «Baurechtsvertrag» und «Gestaltung Begegnungsplatz» ein. Der Vertrag zwischen der Gemeinde und der Aqua-Spa-Resorts AG sowie die notwendige Kreditsumme werden an der Gemeindeversammlung vom 25. November die Gemüter der Stimmberechtigten wohl noch einmal erhitzen.
Kehrtwende beim Kindereintritt
Vorerst gab der Präsident des Vereins «Für Adelboden», Stephan Oester, einen kurzen Überblick über die Entstehungsgeschichte des Bad-Projektes. Der Gruppenleiter «Bad», Beat Oester, gab kund, wie man nach der Evaluation von mehreren möglichen Standorten auf das Adler-Areal gekommen war. Entscheidend sei die ideale Lage im Zentrum, die Erschliessung und die Synergie mit dem bestehenden Parkhaus gewesen, sagte Oester.
Anschliessend machten die rund 50 Anwesenden erstmals Bekanntschaft mit den Vertretern der Ersteller- und Betreiberfirma. Rolf Marti, Delegierter des Verwaltungsrates und Mitbegründer der Firma, erläuterte das Projekt und erklärte, weshalb sich die Unternehmung auf ein Wellness- und Erlebnisbad in Adelboden einlassen wolle. «Nach gründlicher Prüfung kamen wir zum Schluss, dass ein solches Bad am vorgeschlagenen Standort ein attraktives Angebot für Adelboden und seine Gäste sein wird», meinte der Berner. Ursprünglich war vorgesehen, die Anlage nur für Erwachsene zugänglich zu machen. Die Voten an der Frühlings-Gemeindeversammlung stimmten die Verantwortlichen jedoch um: «Wir werden nun auch Jugendlichen und Kindern den Eintritt ins Bad ermöglichen», versprach Marti. Die Anlage werde Adelboden auch in der Zwischensaison beleben und während rund 49 Wochen in Betrieb sein.
«Ein Themenbad mit Strahlkraft»
Obmann Markus Gempeler führte in die Überlegungen des Gemeinderates ein. Nach dessen Auffassung ist das Bad realistisch und die erwartete Besucherzahl von 40 000 pro Jahr nicht aus der Luft gegriffen. «Wir können helfen, ein Themenbad mit Strahlkraft umzusetzen. Der verdichtete Bau gibt der Parkhaus AG zudem die Gelegenheit, ihr Platzangebot zu erweitern», sagte der Obmann. Gempeler erwähnte die gute Erschliessung ohne Mehrverkehr auf der attraktiven Dorfstrasse. Der neu entstehende Begegnungsplatz mit rund 1075 Quadratmetern Fläche biete eine einzigartige Gelegenheit, Veranstaltungen und Anlässe durchzuführen, ohne den Verkehrsfluss auf der Dorfstrasse zu beeinträchtigen.
Man habe sich bei den weiteren Standortgemeinden genau über die Finanzierung und die Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern erkundigt und nur positive Informationen erhalten. «Wir garantieren, dass in keinem der sechs Betriebe der Aqua-Spa-Resorts AG öffentliche Mittel geflossen sind, dies weder bei der Entstehung noch im Betrieb», rief Gempeler aus. Er erinnerte daran, dass eine Anzahl kleinerer Hotels über keine oder nur sehr bescheidene Wellnessanlagen verfüge. Für diese Betriebe sei das Bad eine grosse Chance.
Gemeindeschreiberin Jolanda Trachsel gab einen Überblick über die Inhalte und die Folgen des Baurechtsvertrages, den die Gemeinde mit den Betreibern abzuschliessen gedenkt. Der Baurechtszins von 90 000 Franken soll zu zwei Dritteln der Gemeinde und zu einem Drittel der Parkhaus AG verbleiben. Die Gemeindeschreiberin erläuterte die geplanten 575 000 Franken für die Gestaltung des Erlebnisplatzes.
Energiefragen standen im Zentrum
Anschliessend kamen die Besucher zu Wort. Nach kurzem Schweigen fasste sich der erste Wissbegierige ein Herz und wollte wissen, wie das Kinder- und Jugendangebot gedacht sei. Der Geschäftsleiter der Aqua-Spa-Resorts AG, Thierry Geiger, antwortete: «Wir haben noch kein definitives Konzept erarbeitet. Unsere Anlagen sind jedoch keine Spassbäder mit Rutschen und Ähnlichem.» Man könne durchaus schwimmen, aber die warme Wassertemperatur sei für sportliches Crawlen nicht besonders geeignet. Der nächste Neugierige nahm den Ball auf und wollte wissen, wie das Bad beheizt werde und wie sich der Energiebedarf in Zeiten der Knappheit verantworten liesse. CEO Geiger wand sich ein wenig. Er führte das Beispiel Locarno mit seiner Grundwasser-Wärmepumpe an – eine Heizmethode, die in Adelboden nicht zu realisieren ist. Der CEO räumte ein, dass Bäder sehr energieintensiv seien. Es liege im Interesse der Gesellschaft, den Verbrauch und damit die Kosten so tief wie möglich zu halten. Die Folgefrage blieb nicht aus, wie eine Adelbodner Lösung denn aussehen könnte. Der ehemalige Verwaltungsrat der Adelheiz AG, René Müller, kam zu Hilfe: «Das Bad wird an unser Fernheizwerk angeschlossen. Es war ursprünglich zur Beheizung des ungleich grösseren Alpenbad-Projektes geplant und kann den Bedarf ohne Weiteres decken. Damit ist die ökologische Wärmegewinnung mit Holz aus der Region gewährleistet», klärte er auf.
Eine weitere Frage galt den steigenden Stromkosten und der Bauteuerung. Marti gab zu, dass Strom wohl auf längere Sicht nicht mehr so günstig zu haben sein werde wie in der Vergangenheit. Er sei zum internationalen Spekulationsobjekt geworden. Man versuche, mit langfristigen Verträgen das Risiko einzudämmen. Die Bauteuerung sei nach heutigem Stand berücksichtigt und betrage im laufenden Jahr rund sieben Prozent. Marti berief sich in seinen Antworten immer wieder auf die langjährige Erfahrung seiner Firma. Ob sich die von der Aqua-Spa-Resorts AG betriebenen Bäder in Bern, Schönbühl, Zürich, Rigi-Kaltbad, Locarno und Samedan mit dem Adelbodner Bad vergleichen lassen, sei allerdings dahingestellt.
Skepsis eines ehemaligen Touristikers
Markus Allenbach war während vieler Jahre Sportsekretär im Adelbodner Tourist Center. Er stellte einen Strauss von kritischen Fragen zum Betrieb und zur Finanzierung des Erlebnisbades:
Allenbach: «Ist es geplant, das einheimische Adelbodner Mineral- und Heilwasser für das Bad zu nutzen?»
Rolf Marti: «Wir haben in Samedan lokales Heilwasser genutzt. In Adelboden sind die Gespräche noch nicht so weit. Wenn es eine Möglichkeit gibt, haben wir das grösste Interesse daran.»
Allenbach: «Wer bezahlt das Tennishäuschen, und wie hoch sind die Kosten für den neu zu errichtenden Spielplatz und die neuen Plätze
Parkhaus?»
Markus Gempeler: «Das Tennishaus ist nach meiner Einschätzung Sache des Erstellers. Der Kinderspielplatz hingegen wird Teil der Gestaltung des Begegnungsplatzes sein.»
Zu den Kosten für die neuen Parkhausplätze konnte und wollte René Müller trotz hartnäckiger Nachfrage von Allenbach keine Stellung nehmen. Müller ist Präsident der Parkhaus AG.
Allenbach: «Ich bin skeptisch, dass ihr mit 40 000 Eintritten tatsächlich auskommt. Für mich wäre ein Kurtaxenbeitrag an die Betriebskosten nicht von vornherein auszuschliessen, weil das Bad einen touristischen Mehrwert bringt. Wie stellt ihr euch dazu?»
Marti: «Wir haben viel Erfahrung mit dem Betrieb von Wellnessbädern. Mit 38 Franken Eintritt können wir das Bad auf der Basis von 40 000 Eintritten pro Jahr kostendeckend betreiben. Es ist unser fester Wille, dies ohne öffentliche Beiträge zu stemmen, wie wir es bei allen anderen Bädern auch tun. Ich erinnere daran, dass wir seit 2005 insgesamt 250 Millionen Franken investiert haben und die sechs Bäder erfolgreich betreiben. Das muss man uns zugestehen. Wenn wir von unserem Modell nicht überzeugt wären, stünden wir heute nicht vor Ihnen. Wir glauben zu wissen, was wir tun.»
Verträge mit Hotelbetrieben?
Allenbach stellte schliesslich die geplanten Partnerschaftsverträge mit den Hotels in Frage: «Die ertragreichen Betriebe haben alle eigene, gut ausgebaute Wellnessanlagen. Ob die anderen Häuser bereit und in der Lage sind, solche Verträge zu unterzeichnen, ist ungewiss. Ohne solche Vereinbarungen ist das Projekt finanziell nicht genügend abgesichert.» Marti liess wissen, dass an anderen Ortschaften solche Partnerschaftsverträge mit lokalen Beherbergern bestünden. Er bekräftigte erneut, man werde ohne Gelder der öffentlichen Hand auskommen.
Projektfakten:
• Wellness- und Erlebnisbad mit Innen- und Aussenbecken auf zwei Geschossen oberhalb des Parkhauses. Zwei der vier bestehenden Sand-Tennisplätze gehen verloren.
• Bausumme zwischen 8 und 9 Millionen Franken
• 8 bis 10 neue Arbeitsplätze
• 40 000 geplante Eintritte pro Jahr
• Eintrittspreis 35 bis 38 Franken
• Baubeginn in zwei bis drei Jahren
• Hauptaktionäre der Aqua-Spa-Resorts AG: René Lanz, Bern, Peter Arnold, Zug.
RK
Schwarze Null in Samedan
Am ehesten vergleichbar mit der geplanten Adelbodner Anlage ist das Wellnessbad in Samedan. Laut dem Geschäftsleiter der Aqua-Spa-Resorts AG besuchen jährlich rund 30 000 Erholungsbedürftige das Bad. Es besteht seit 2009. Geiger sagt, dass die Erfolgsrechnung eine schwarze Null ausweise und die Eintritte steigend seien. Eine Rückfrage bei einem ehemaligen Adelbodner Hoteldirektor, der seit einigen Jahren in Samedan wohnt, bestätigt die Aussagen der Verantwortlichen. Seines Wissens seien bis heute weder Gemeinde- noch Tourismusgelder in die Anlage geflossen.
RK