Unwetter Evolène (VS) 2024: ein Jahr danach
04.07.2025 NaturZweimal innerhalb weniger Tage wurde 2024 die Walliser Gemeinde Evolène von sintflutartigen Regenfällen getroffen, die den Fluss Borgne über die Ufer treten liess und Dutzende Hektaren Landwirtschaftsland verwüsteten sowie Infrastruktur beschädigten.
...Zweimal innerhalb weniger Tage wurde 2024 die Walliser Gemeinde Evolène von sintflutartigen Regenfällen getroffen, die den Fluss Borgne über die Ufer treten liess und Dutzende Hektaren Landwirtschaftsland verwüsteten sowie Infrastruktur beschädigten.
Die Gemeinde Evolène mit ihren rund 1670 Einwohnerinnen und Einwohnern musste nach dem Naturereignis innerhalb von zwölf Monaten das Wasser- und Abwassernetz sowie die Zufahrtswege zu den teils zerstörten Landwirtschaftsbetrieben wieder aufbauen.
Unterhalb des Dorfzentrums, das für seine Steindächer und Lärchenholzspeicher bekannt ist, fliesst die Borgne, an deren Ufer sowohl Schäden als auch Sicherungsmassnahmen sichtbar sind. An der Mündung der beiden Borgne-Quellflüssen, der Borgne der Ferpècle im Südosten und der Borgne d'Arolla im Südwesten, wo sich einst mal beschauliche Arvenwälder und Alpenweiden befanden, befindet sich heute nur noch eine Gerölllandschaft.
Die Schäden waren gross: Vom Fluss wurden etwa 10 ha Landwirtschaftsfläche mit 30 000 m3 abgelagertem Material mitgerissen und die Hauptleitungen der Trinkwasserversorgung, welche die meisten Dörfer der Gemeinde versorgen, weggerissen. Ihre Reparatur war erst Ende Juli bis Anfang August 2024 möglich. Bis in den Herbst sorgten Gemeindemitarbeitende, Feuerwehr und Zivilschutz mit oberirdischen Leitungen für die Notversorgung. Zusätzlich wurde 10 000 m3 Trinkwasser per Lastwagen geliefert und 17 000 Wasserflaschen à 1,5 Liter verteilt.
Teure, nicht versicherte Kanalisation
Die Abwasserleitungen der Gemeinde waren über mehr als 3 km verstopft oder zerstört. Vom 21. Juni bis 5. Juli war die Kläranlage ausser Betrieb – das Abwasser floss direkt in die Borgne. Bis Mitte November, teils bis Mitte Dezember, wurde unter Schnee und auf gefrorenem Boden gearbeitet, um die Infrastruktur wiederherzustellen. Die Wiederherstellung der Kanäle kostete über 922 000 Franken – nicht versichert, anders als das Trinkwassernetz, und nicht subventioniert. Nur Arbeiten an der Kläranlage sind gedeckt.
95 Prozent der Sicherungskosten
Evolène suchte nach Finanzhilfe, um die Eigenfinanzierungskraft nicht zu verlieren. Rechnungen in Hunderttausenderhöhe haben sich angehäuft. Insgesamt beliefen sich die Kosten für Sofortmassnahmen und Wiederaufbau im Jahr 2024 auf 10,5 Millionen Franken, wovon 1,8 Millionen die Gemeinde tragen musste. Bei Unwettern übernehmen Kanton und Bund 85 % der Kosten zur Sicherung der Wasserläufe, und Evolène erhielt zusätzliche 10 % – dank Nachweis der Auswirkungen auf die künftige Finanzkraft der Gemeinde.
Die Migros gewährte im Juli 2024 eine Soforthilfe von 50 000 Franken. Der kantonale Landwirtschaftsdienst, der Dienst für Naturgefahren, die Stiftung Fondssuisse, der Verein Alpinfra und weitere Stiftungen boten Unterstützung.
Inertes Material gegen wiederhergestellten Boden
Konkret wurden für über 920 000 Franken touristisch zentrale Gebiete wieder zugänglich gemacht. So wurden die mitgeschwemmten inerten Materialien zur Ressource für die Bodenwiederherstellung. Doch besonders in geschützten Gebieten wie Auen und Landschaften von nationaler Bedeutung gelten besondere Regeln.
Jetzt braucht es ordentliche Verfahren
Da der Kanton Wallis den Notstand bis zum 30. Juni 2025 erklärt hat, konnten die Bauarbeiten bisher ohne ordentliches Bewilligungsverfahren gestartet werden. Mit der Rückkehr zur Normalität werden andere Arbeiten aber nicht vor 2026 abgeschlossen sein. Die Gemeinde kämpft nun um knapp 6 ha, das sind 0,3 % ihres Gebiets, mit dem Ziel, Landwirtschaft und Biodiversität zu verbinden: für die Landschaftsqualität und die Ausstrahlung der Region. JR / LID