Vieles neu macht der … September
03.09.2024 GesellschaftEin Süssgetränk mit Keksgeschmack, eine frühere Wolfsjagd, mehr Sicherheit bei der Bahn, dafür weniger Werbeanrufe und gebietsfremde Pflanzen – das sind nur einige Neuerungen in diesem Monat.
MARK POLLMEIER
Draussen ist fast noch ...
Ein Süssgetränk mit Keksgeschmack, eine frühere Wolfsjagd, mehr Sicherheit bei der Bahn, dafür weniger Werbeanrufe und gebietsfremde Pflanzen – das sind nur einige Neuerungen in diesem Monat.
MARK POLLMEIER
Draussen ist fast noch Freibadwetter, doch der Handel ist schon weiter. Die Sommermode verschwindet aus den Boutiquen, und in den Regalen der Detailhändler liegt das erste Weihnachtsgebäck.
Das frühe Auftauchen von Spekulatius und Lebkuchen sorgt alljährlich für Diskussionen. «Muss das denn sein?», fragt sich mancher Konsument, und die Kirchen wettern gegen die Kommerzialisierung des Advents.
Der Handel antwortet auf diese Klagen immer gleich: Das frühe Weihnachtsangebot entspreche dem Bedürfnis der Kunden. Die Ware werde gekauft.
Cola mit Oreo gemischt
Nun kann man sich fragen, wie dieses «Bedürfnis» wohl zustande kam. Sind irgendwann tatsächlich Leute in die Läden gekommen und haben Ende August nach Schoko-Samichläusen gefragt, sodass die Süsswarenindustrie schliesslich nachgeben musste? Oder war es doch eher umgekehrt: Hersteller und Handel haben die Weihnachtswaren immer früher in die Regale geräumt und so die Nachfrage erst erzeugt? Nach dem Motto: «Wir probieren das jetzt mal und schauen, was passiert.»
Wie auch immer. Seit diesem Monat gibt es eine neue Getränkesorte: Cola mit Oreo-Geschmack. Auch das entspricht vermutlich einem Kundenbedürfnis – ein Softdrink, der nach Keksen schmeckt. Vielleicht ist es aber wie so oft ein Testballon. «Wir mischen da mal was zusammen und schauen, was passiert.» Eventuell lassen sich ja neue Zielgruppen erschliessen.
Längere Wolfsjagd
Während der Handel vom «Immer-Mehr» lebt, wünschen sich viele beim Wolf etwas anderes: «Gerne weniger!» Der Bund hat auf dieses Bedürfnis reagiert und die Regeln für die Wolfsjagd entsprechend angepasst, sodass mehr der Beutegreifer geschossen werden können. Heuer dürfen Wolfsrudel bereits ab dem 1. September und damit drei Monate früher als im letzten Jahr «präventiv reguliert» werden, sofern eine entsprechende Bewilligung vorliegt. Laufen soll die Jagdsaison bis zum 31. Januar 2025. Bis dahin können Kantone unter klar definierten Bedingungen Wölfe zum Abschuss freigeben und so «zukünftige Schäden an Nutztieren mindern», wie der Bundesrat bekannt gab. Von den Kantonen Graubünden, St. Gallen, Tessin, Waadt und Wallis seien bereits entsprechende Gesuche eingegangen.
Nun ist die präventive Wolfsjagd mindestens so umstritten wie der Zimtstern im August. Pünktlich zum 1. September haben verschiedene Naturschutzorganisationen deshalb mitgeteilt, dass es 2024 erneut weniger Risse von Nutztieren gegeben habe. Im Wallis sind demnach 15 Prozent weniger zu verzeichnen als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr, im Kanton Graubünden sogar 35 Prozent weniger.
Die Zahl der Risse sei übrigens schon zurückgegangen, bevor man die proaktive Wolfsregulierung eingeführt habe, so die Naturschutzverbände. Sinnvoll sei nicht das Schiessen von Wölfen, sondern der Herdenschutz.
Werbeanrufe verboten
Der September bringt aber auch weniger umstrittene Neuerungen. Eine davon dürften wohl die meisten begrüssen: Werbeanrufe von Krankenversicherern sind seit diesem Monat verboten. Der Bundesrat hat die sogenannte Kaltakquise unter Strafe gestellt. Das heisst: Versicherer dürfen niemanden mehr anrufen, der bei ihnen seit über drei Jahren kein Kunde mehr ist oder es nie war. Unternehmen, die dagegen verstossen, riskieren eine Busse von bis zu 100 000 Franken.
Zuvor hatte es schon freiwillige Vereinbarungen der Branche gegeben. Einheitliche und transparente Regeln waren jedoch nie zustande gekommen. Ob die jetzige Regelung zu einem Ende der Werbeanrufe führt oder ob die Versicherer neue Schlupflöcher finden werden, muss sich nun zeigen.
Bodycams im Bahnhof
Auch der öV kann mit zwei Neuerungen aufwarten – wobei es streng genommen nur eine ist. Seit diesem Monat setzt die Transportpolizei der SBB schweizweit Bodycams ein. Diese kleinen «Körperkameras» sollen bei Konflikten deeskalierend wirken und zur Sicherheit von Reisenden und Mitarbeitenden im öffentlichen Verkehr beitragen, teilte das Bahnunternehmen mit. Jede Patrouille sei neu mit mindestens einer Bodycam ausgestattet. Insgesamt seien 100 solcher Geräte beschafft worden.
Die Bodycams zeichnen nicht durchgehend auf, sondern müssen von den Polizistinnen und Polizisten aktiv gestartet werden. Sofern es die Situation erlaubt, kündigen die Einsatzkräfte diese Aktivierung mündlich an. Auch die kontrollierte Person kann die Aktivierung der Bodycam verlangen.
Der Einsatz solcher Mittel wirft stets auch die Frage des Datenschutzes auf. Die aufgezeichneten Videodaten würden in der Schweiz auf Servern der SBB gesichert, teilt das Unternehmen dazu mit. «Zugriff auf diese Aufnahmen haben ausschliesslich spezialisierte Fachkräfte der Transportpolizei zu Beweiszwecken.» Eine manuelle Bearbeitung oder Löschung der Aufnahmen sei nicht möglich. Nach 100 Tagen würden die Daten automatisch gelöscht – es sei denn, es liegt eine Verfügung einer Untersuchungsbehörde vor. Jede Löschung werde zudem dokumentiert.
Gotthard-Basistunnel wieder offen
Die zweite Nachricht aus der Welt der Bahn betrifft den Gotthardtunnel. Der ist zwar nicht neu, wird aber quasi neu eröffnet. Seit Monatsbeginn steht der Gotthard-Basistunnel wieder uneingeschränkt für Reise- und Güterzüge zur Verfügung. Seit dann bieten die SBB auch erstmals einen vollständigen Halbstundentakt im Fernverkehr zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin an.
Die bisherigen Einschränkungen im Gotthardtunnel waren durch einen entgleisten Güterzug ausgelöst worden, der starke Schäden verursacht hatte. Seitdem war der Tunnel für den Personenverkehr grösstenteils gesperrt; die Züge mussten umgeleitet werden, was die Reisezeiten verlängerte.
Importstopp für Neophyten
Seit dem 1. September 2024 dürfen eine Reihe invasiver gebietsfremder Pflanzen in der Schweiz nicht mehr verkauft werden. Damit hat der Bundesrat einen parlamentarischen Vorstoss zur Eindämmung der sogenannten Neophyten umgesetzt. Hintergrund: Die jetzt verbotenen Arten können ökologische, wirtschaftliche und gesundheitliche Schäden verursachen.
31 Pflanzenarten umfasst die Verbotsliste, darunter «Klassiker» wie der Kirschlorbeer oder der Schmetterlingsflieder. Der Import, der Verkauf und das Verschenken dieser Pflanzen ist ab sofort verboten. Wer allerdings vor dem 1. September eine davon im Garten hatte, darf sie behalten.
Für einige weitere Neophyten gilt dieser Bestandsschutz nicht. Pflanzen wie etwa der Riesenbärenklau wurden mit einem «Umgangsverbot» belegt. Bei ihnen darf man also nur eines tun: sie ausreissen oder ausgraben und fachgerecht entsorgen.