Unter dem Titel «Musig vo hienache u zäntume» begeisterte die bekannte Organistin Annerös Hulliger am Samstag zahlreiche BesucherInnen in der Kapelle Kiental. Mit einem bunten, wohlklingenden Konzert ehrte sie die vor 25 Jahren restaurierte Hausorgel der ...
Unter dem Titel «Musig vo hienache u zäntume» begeisterte die bekannte Organistin Annerös Hulliger am Samstag zahlreiche BesucherInnen in der Kapelle Kiental. Mit einem bunten, wohlklingenden Konzert ehrte sie die vor 25 Jahren restaurierte Hausorgel der Kapelle.
In seiner Begrüssung zeigte sich Urs Gilgien von der Kirchgemeinde Reichenbach erfreut über die «Perle». Damit meinte er die Kapelle, aber besonders die Orgel, die mit diesem Konzert in den Mittelpunkt gerückt wurde. «Es ist ein herrliches Instrument», schwärmte er.
Aus Kirschbaumholz gefertigt, reich mit Schnitzereien verziert und von erstaunlicher Klangvielfalt, sei sie ein echtes Schmuckstück. Dabei kam er auch ausführlich auf die Geschichte des Instruments zu sprechen.
Wie der «Frutigländer» berichtete, ist die Vergangenheit der Orgel speziell: Gebaut wurde die Kapelle 1919 – ohne Orgel. Erst 1951 erhielt sie das heutige Instrument, das ursprünglich bereits 1802 vom Orgelbauer Johann Jakob Weber geschaffen worden war und erst auf Umwegen ins Kiental gelangte.
Ab 1998 wurde die Orgel unter anderem auch mit fachkundiger Kenntnis von Annerös Hulliger – ausgewiesene Kennerin der bernischen Hausorgeln – aufwändig revidiert und in ihren annähernd ursprünglichen Zustand zurückgeführt.
Phantastische Klangvielfalt
Ihr sorgfältig auf die Hausorgel abgestimmtes Programm erwies sich als überaus abwechslungsreich. So leitete sie die Fiori musicali – musikalische Blumen aus Italien – mit spannenden Einblicken in das Leben der Komponisten Gentili, Pasquali und Scarlatti ein. Während des gesamten Konzerts war hörbar, mit welcher Begeisterung Hulliger die Klangvielfalt der Orgel zur Geltung brachte und aus dem Vollen schöpfen konnte.
Auch ihre Erklärungen – mit viel Humor und fundiertem Wissen der musik- und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge – brachten das Publikum zum Schmunzeln. Nach den italienischen Werken folgten unterschiedlichste Stücke aus der Schweiz.
Annerös Hulliger interpretierte unter anderem eine Komposition eines Berner Münsterorganisten aus dem 18. Jahrhundert sowie ein Stück aus den «Clavierheften der Sophie von Frisching» aus dem Nachlass der bekannten Madame de Meuron. Besondere Nähe zum Publikum entstand, als die Zuhörenden bei zwei Werken – einem Stück aus Graubünden und Hulligers eigenen Skizzen zum bekannten Guggisbergerlied –zum Mitsingen eingeladen waren.
Amüsanter Ton
Mit Tanzliedern aus dem 19. Jahrhundert, einem Hopser und einer Sauteuse, fand das Konzert seinen fulminanten Abschluss. Für Heiterkeit sorgte die aussergewöhnliche Zugabe: Gemeinsam mit Urs Gilgien präsentierte Annerös Hulliger ein vierhändiges Stück – wobei ihr Mitspieler lediglich einen einzigen Ton beisteuern musste.
Mit diesem Konzert machte Hulliger eindrücklich deutlich, welch wunderbare und vielseitige Musik auf einer Hausorgel wie jener in der Kapelle Kiental möglich ist.
MARTIN WENGER
ZUR PERSON
Aufgewachsen im emmentalischen Dürrenroth, fand Annerös Hulliger früh zur Musik – am Klavier im elterlichen Gasthof und an der Orgel in der Dorfkirche.
Nach ihrer Tätigkeit als Lehrerin absolvierte sie das Lehr- und Konzertdiplom und wirkt seit vielen Jahren als Konzertorganistin und Kursdozentin. Sie ist eine ausgewiesene Kennerin von bernischen Hausorgeln und pflegt ein Repertoire, das Musik abseits der üblichen Pfade bereithält. Heute ist sie unter anderem als Kirchenorganistin in Bolligen und Amsoldingen tätig.