Vom Gand in Kien in die Super League
14.10.2025 SportDaniel von Känel hat seine fussballerische Laufbahn beim FC Reichenbach auf dem Gand in Kien begonnen. Seit dieser Saison steht er als Schiedsrichterassistent in der Super League im Einsatz. Ambitionen, Leidenschaft und Selbsterkenntnis haben ihn dorthin gebracht.
...Daniel von Känel hat seine fussballerische Laufbahn beim FC Reichenbach auf dem Gand in Kien begonnen. Seit dieser Saison steht er als Schiedsrichterassistent in der Super League im Einsatz. Ambitionen, Leidenschaft und Selbsterkenntnis haben ihn dorthin gebracht.
MICHAEL MAURER
Der knapp dreissigjährige Daniel von Känel ist ein vielbeschäftigter Mann. Neben seinem Beruf als Wirtschaftsinformatiker engagiert er sich unermüdlich für die «wichtigste Nebensache der Welt». Regelmässig ist er auf Fussballplätzen und in Stadien in der ganzen Schweiz unterwegs – stets mit Trillerpfeife, Fahne und Notizmaterial. Denn Daniel von Känel ist Schiedsrichterassistent und Schiedsrichter-Instruktor.
Unmittelbar nach dem Gespräch mit dem «Frutigländer» bewertete er die Leistung der Unparteiischen bei einem Zweitligaspiel in Frutigen. Kurz zuvor hatte der gebürtige Reichenbacher den bisherigen Höhepunkt seiner Schiedsrichterkarriere erreicht: Seit Beginn der laufenden Saison kommt er als Schiedsrichterassistent in der höchsten Schweizer Liga zum Einsatz. Seinen Weg dorthin begann er vor mehr als zwanzig Jahren als Fussballjunior beim FC Reichenbach.
«Ich sah ein gewisses Potenzial als Schiedsrichter»
Als Fünfzehn- oder Sechzehnjähriger begann sich Daniel von Känel für das Trainer- oder Schiedsrichterwesen zu interessieren. 2011 absolvierte er die Spielleiter- beziehungsweise Mini-Schiedsrichter-Schulung, kurz darauf folgte die Grundausbildung. Gleichzeitig spielte er mit seiner FC-Reichenbach-Lizenz noch bei den A-Junioren des FC Frutigen. Bis heute ist Daniel von Känel beim FC Reichenbach als Schiedsrichter gemeldet. Schon in jungen Jahren erkannte er, dass seine fussballerische Zukunft wohl nicht auf dem Rasen liegen würde. «Ich realisierte, dass aus mir wohl nie ein Profifussballer wird», erinnert er sich. Stattdessen erkannte er seine Chancen anderswo: «Ich sah gewisses Potenzial als Schiedsrichter.» Vorbilder gab es ebenfalls – etwa den mittlerweile zurückgetretenen Spitzenschiedsrichter Stefan Horisberger. Von Känel besuchte einst ein Training bei Horisberger und dachte sich, beeindruckt von dessen Auftreten: «Das will ich auch.» Heute hilft er selbst als Leiter bei solchen Trainings mit.
Mit grosser Vorfreude ans Super-League-Spiel
Sein Einsatz und sein Wille zahlten sich aus. Mit der Aufnahme in eine Talentgruppe des Fussballverbands Bern/Jura stieg von Känel rasch Liga um Liga auf. «Man hat als Schiedsrichter den Ansporn, erst recht dranzubleiben, wenn man eine Liga aufsteigt», erklärt der inzwischen in Thun lebende Scharnachtaler. Irgendwann musste er sich für eine Laufbahn entscheiden – als Hauptschiedsrichter oder als Assistent. Ausschlaggebend war ein regionales Cupspiel, das zugleich ein Sichtungsspiel war. «Das Spiel missriet ziemlich», gibt von Känel zu. Er verlagerte daraufhin seinen Fokus auf die Assistentenrolle – eine Entscheidung, die sich auszahlte. Nach zweieinhalb Jahren in der Challenge League erhielt er Mitte Juni den entscheidenden Anruf: Ab der Saison 2025/2026 würde er in der Super League zum Einsatz kommen. Mit grosser Vorfreude trat er seinen ersten Einsatz beim Spiel FC Luzern gegen FC Thun an.
Trotz grossem Drumherum ein normaler Fussballmatch
Eine Partie in der höchsten Liga bringt naturgemäss einige Besonderheiten mit sich. Einerseits sind zehntausend oder mehr Fans im Stadion, andererseits steht mit dem sogenannten VAR ein Videoschiedsrichter bereit, der jeden relevanten Entscheid überprüft. «Man hat auf einmal einen VAR, der alles kontrolliert», sagt von Känel. Seine Premiere erlebte er dennoch als ein ruhiges und schönes Erlebnis. «Meine Kollegen wussten, dass es mein erster Match war, und haben mich gut unterstützt», erzählt er. Auch die Emotionen im Stadion blieben für ihn im Rahmen. «Zehntausend Fans im Stadion – das ist wie ein Rauschen. Wenn sie pfeifen, weil sie mit einem Entscheid nicht einverstanden sind, nimmt man das nicht persönlich.» Schwieriger sei manchmal der Umgang mit einzelnen Zuschauern in unteren Ligen, die ihrem Ärger lautstark Luft machen.
Unterschätzte Sportlichkeit
Gerade deshalb zollt von Känel den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern im Breitensport grossen Respekt. «Man ist allem ausgesetzt und vor allem auch allein unterwegs», sagt er. In der professionellen Umgebung dagegen sorgt die Infrastruktur für Abstand und Sicherheit.
Zum Schiedsrichterwesen gehören aber auch Entbehrungen: lange Anreisen, Verzicht im Privatleben. Dennoch überwiegen für ihn die positiven Seiten – Kameradschaft, Anerkennung und Wertschätzung. «Manchmal gratulieren einem Spieler, Zuschauer oder Trainer nach dem Spiel. Das freut einen enorm.» Dass Schiedsrichter als Sportler unterschätzt werden, findet von Känel schade: «Wir investieren viel ins Training.» Nach seinem ersten Auslandseinsatz am FISU University World Cup Football in China möchte der engagierte Schiedsrichterassistent nun weitere Erfahrungen in der Super League sammeln.
Hinweis: «Week of the Referee»
Zwischen dem 17. und dem 26. Oktober findet die «Week of the Referee» statt. Zehn Sportverbände stellen während einer Woche die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in den Mittelpunkt. Damit soll einerseits Wertschätzung gezeigt, andererseits das Bewusstsein für die Kompetenzen geschärft werden, die das Schiedsrichterwesen vermittelt. Auch der Schweizerische Fussballverband beteiligt sich an dieser Aktion.
MM