Organist Hans Schüpbach eröffnete den Gottesdienst gewissermassen mit Psalm 137. Dessen Anfang lautet auf Englisch «By the Rivers of Babylon». Dieser Text fand 1978 Eingang in ein populäres Lied der Gruppe Boney M. In diesem Lied – oder eben im Psalm – geht ...
Organist Hans Schüpbach eröffnete den Gottesdienst gewissermassen mit Psalm 137. Dessen Anfang lautet auf Englisch «By the Rivers of Babylon». Dieser Text fand 1978 Eingang in ein populäres Lied der Gruppe Boney M. In diesem Lied – oder eben im Psalm – geht es um das jüdische Volk, das in die Sklaverei verschleppt wurde. Nun sitzen die Menschen an den Flüssen Babylons im Exil und weinen vor Sehnsucht nach ihrer Heimat.
Pfarrer Peter Ryser spann den Faden weiter und leitete über zur «schönen Zeit» zwischen etwa 1890 und 1914. Auch damals hatten viele Leute Sehnsucht. Dank der zweiten industriellen Revolution war nun vieles möglich geworden. Freizeit, Reisen, Musik- und Tanzvergnügen, aber auch Arbeiterbewegungen haben den Ursprung in diesen Jahren. «Der Glaube an den Fortschritt war schier unbegrenzt. In der Theologie setzte sich der Kulturprotestantismus durch, wodurch Gott an Bedeutung verlor», so der Pfarrer weiter. Bekanntlich änderte sich mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs vieles, der Optimismus und die Aufbruchstimmung der Belle Epoque waren dahin.
Nach seiner siebenmonatigen Vertretung auf der vakanten Pfarrstelle in Kandersteg hielt Pfarrer Ryser nun seine letzte Predigt. Er werde am Abend für einen längeren Ferienaufenthalt nach Argentinien fliegen, informierte er. Speziell freue es ihn, dass seine Konfirmandenklasse, die er nun nicht mehr konfirmieren könne, anwesend sei. Als er zum Abschied allen die Hand schüttelte, baten ihn mehrere Jungs, dem Fussballstar Messi einen Gruss auszurichten. «Das werde ich tun – sofern ich ihn sehe», versprach Ryser.
Die Kapelle Stella Alpina verschönerte den Gottesdienst mit volkstümlichen Klängen. Passend zum Ausklang spielte der Organist ein Medley aus bekannten Wiener Melodien, von denen sicher einige aus der Belle-Epoque-Zeit stammten.
KATHARINA WITTWER