Wald und Wild im Herbst
21.10.2025 NaturWenn im Frutigland die Nebel im Tal hängen, die Blätter in satten Goldund Rottönen leuchten und die Wanderwege im Rascheln der Herbstblätter erklingen, beginnt auch eine Zeit, in der Erholungssuchende und Jägerinnen und Jäger aufeinandertreffen. Was sollten ...
Wenn im Frutigland die Nebel im Tal hängen, die Blätter in satten Goldund Rottönen leuchten und die Wanderwege im Rascheln der Herbstblätter erklingen, beginnt auch eine Zeit, in der Erholungssuchende und Jägerinnen und Jäger aufeinandertreffen. Was sollten Menschen, die sich zur Erholung im Wald bewegen, mit oder ohne Hund, wissen? Der «Frutigländer» hat recherchiert.
JACQUELINE RÜESCH
Im Kandertal und rund um Adelboden bricht mit dem Herbst nicht nur die Pilzsaison an, sondern auch die Hauptzeit der Jagd. Für alle, die mit Hund oder zur Erholung im Wald unterwegs sind, bedeutet das: etwas bewusster wandern, gut sichtbar sein und die Natur mit Vorsicht und Rücksicht erleben. Dabei hilft es, die Absicht der Jagd zu verstehen:
Gesetzeslage im Kanton Bern
Gemäss dem Gesetz über Jagd und Wildtierschutz (JWG) des Kantons Bern verfolgt die Jagd insbesondere folgenden Zweck: «Die Hege und den Schutz des Wildes sowie eine sinnvolle Nutzung des Lebensraums Wildtier». Das bedeutet, dass die Jagd nicht aus purer Lust am Jagen erfolgt, sondern im Bewusstsein, Bestände zu regulieren, die Waldverjüngung zu sichern, Wildschäden – etwa durch Verbiss, insbesondere der jungen Triebe – zu reduzieren und so auch die Gesundheit des Waldes zu erhalten.
Wissend, dass gerade im Herbst, wenn der farbenfrohe Wald zum Spazierengehen einlädt, die Hochsaison der Jagd ist, fühlen sich manche Erholungssuchende eingeschüchtert. Viele meiden den Wald, aus Angst, in die Schusslinie eines Jagdgewehrs zu gelangen. Und das mit Recht, wo doch immer mal wieder von tragisch endenden Jagdunfällen berichtet wird. Wichtig ist deshalb, zu wissen, wann man vorsichtig sein muss und wann man sich frei bewegen kann.
Sicherheit im Frutigland
Im Kanton Bern dürfen private Jägerinnen und Jäger mit Patent und Bewilligung bestimmte Wildarten bejagen. Dies allerdings nur während bestimmten Zeitfenstern. So heisst es auf der offiziellen Website der kantonalen Umwelt- und Jagdbehörde: «Die Jagd dauert im Kanton Bern vom 2. August bis am 28. Februar. Die intensivste Jagdphase ist im Oktober und November, wenn am Montag, Mittwoch und Samstag auch Rehe gejagt werden dürfen.» An Sonn- und Feiertagen darf somit nicht gejagt werden.
Neu und wichtig: Seit dem 1. Februar 2025 gilt schweizweit ein nächtliches Jagdverbot im Wald. Das reduziert Störungen in der Dunkelheit. Ausnahme dieses Gesetzes ist die Passjagd, also die Jagd auf Raubtiere, welche vorwiegend in der Nacht unterwegs sind. Das heisst nun nicht, dass der Wald mit Ausnahme dieser freien Zeiten gesperrt ist, aber: meistens sind Jägerinnen und Jäger im Einsatz und Rehe und Hirsche wechseln ihr Quartier oder suchen nach Unterschlupf. Hunde oder unaufmerksame Spaziergängerinnen und Spaziergänger können die Jagd beeinträchtigen und die Wildtiere stören oder eben selbst überrascht werden.
Eine Alternative – Staats- oder Regiejagd ohne private Jäger
Seit einigen Jahren gibt es vermehrt Stimmen, die sich gegen die Jagd im Generellen äussern. So wurde zum Beispiel 1974 im Kanton Genf beschlossen, das Modell der privaten Jagd (Milizjagd) abzuschaffen – seither übernimmt der Staat bzw. die kantonale Wildtierverwaltung das Wildtiermanagement. So schreibt die Interessensgemeinschaft «Wild beim Wild»: «Das Beispiel Genf beweist … dass es – auch in der dicht besiedelten Kulturlandschaft – ohne Hobby-Jäger geht, ja dass es Natur und Tieren sogar viel besser geht und dass auch die Menschen davon profitieren.» In dieser Aussage wird der Wunsch nach mehr Ruhe und weniger sichtbarer Jagd-Aktivität auch in der restlichen Schweiz deutlich. Ein solches Modell würde dennoch eine aktiv geführte Wildtierverwaltung bieten. Für Naturfreundinnen und Naturfreunde ein interessantes Modell: Der Wald bleibt, die Jagd ist anders organisiert. Das erleichtert die Nutzung des Waldes als Erholungsraum. Beide Modelle bieten Chancen – welcher Ansatz «besser» ist, hängt von Landschaft, Nutzungsverhalten und Naturschutzziel ab.