Wandel ist eine Notwendigkeit – warum Vielfalt unsere Zukunft sichert
29.07.2025 TourismusDenken Sie bei Bergbahnen auch automatisch an frisch präparierte Pistenrillen, glitzernden Schnee und eine heisse Schokolade auf der Sonnenterrasse? Für mich ist das der Inbegriff alpiner Winterfreuden. Tatsächlich: Auch in meiner Wahlheimat Adelboden-Lenk bleibt der Winter ein ...
Denken Sie bei Bergbahnen auch automatisch an frisch präparierte Pistenrillen, glitzernden Schnee und eine heisse Schokolade auf der Sonnenterrasse? Für mich ist das der Inbegriff alpiner Winterfreuden. Tatsächlich: Auch in meiner Wahlheimat Adelboden-Lenk bleibt der Winter ein zentraler Pfeiler des touristischen Geschäfts.
Aber: Er ist nicht mehr der einzige und längst nicht mehr so verlässlich wie früher. Der Klimawandel macht die kalte Jahreszeit unberechenbarer. Schneefallgrenzen steigen, Saisonstarts verschieben sich. Dennoch ist der Wintertourismus heute und morgen die Lebensader unserer Region. Die Bergbahnen Adelboden-Lenk AG erwirtschaftet aktuell rund 80 Prozent ihres Umsatzes im Winter. Diese Abhängigkeit birgt auch Risiken. Die Antwort darauf lautet: Vielfalt statt Einseitigkeit. Gleichzeitig verändert sich auch das Verhalten der Gäste. Sie sehnen sich nach mehr als nur Skisport. Nach bewusster Erholung, Bewegung abseits von Skipisten und nach Natur. Nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr.
Natürlich: Das Bild von frisch verschneiten Landschaften und vollen Sonnenterrassen bleibt mittelfristig bestehen. Doch es geht längst nicht mehr nur darum. Vielmehr wollen die Bergbahnunternehmen ihr wirtschaftliches Fundament stärken und befassen sich strategisch mit möglichen Szenarien der Zukunft.
Gemeinsam mit den Tourismusorganisationen in Adelboden, Frutigen und an der Lenk wird eine Weiterentwicklung zur Ganzjahresdestination angestrebt. Als wichtige Leistungsträgerinnen in der Region sind die Bergbahnen in der Verantwortung, diesen Wandel aktiv mitzugestalten. Der gemeinsame Bike-Versuchsbetrieb und der neue Höchst-Trail in Adelboden sind erste Meilensteine – kleine, aber wichtige Schritte, die zeigen: Die Region gestaltet den Sommer aktiv, sie wartet nicht ab.
Ich bin überzeugt, dass Vielfalt unsere wichtigste Ressource ist. So wollen neue Themenwege, verlängerte Betriebszeiten, Investitionen in moderne Gastronomie und ganzjährig nutzbare Transportanlagen geplant, genehmigt und umgesetzt werden. Auch der Ausbau des Bike-Angebots beidseits des Hahnenmoospasses ist Teil der Strategie.
Gleichzeitig macht mir die Praxis deutlich, wie schwierig die Umsetzung neuer Sommerangebote ist. Einerseits fordert die Politik neue Geschäftsfelder, neue Impulse, mehr Ganzjahrestourismus. Andererseits erlebe ich im Kanton Bern, wie genau diese Projekte von bürokratischen Hürden verlangsamt, gebremst oder blockiert werden. Wie soll der Bergtourismus innovativ bleiben, wenn viele Ideen Jahre brauchen, um bewilligt zu werden – und dann bereits überholt sind?
Die Bergbevölkerung verdient – wie alle anderen Wirtschaftsregionen der Schweiz – das Recht auf eine massvolle, räumlich begrenzte Weiterentwicklung. Unsere Täler dürfen nicht als Ersatz-Schutzgebiete für den Flächenverbrauch der Agglomerationen herhalten. Wir leben mit der Natur, nicht gegen sie. Touristisch genutzte, bereits bewirtschaftete Räume sind unsere Lebensgrundlage. Genau in diesen Perimetern braucht es eine kontrollierte Weiterentwicklung – innerhalb kurzer oder zumindest planbarer Fristen. Und: Viele Sommerinfrastrukturen könnten sogar im Winter helfen. Fehlt der Naturschnee, kann ein Bike-Angebot den Tag am Berg dennoch retten – für Gäste und Betriebe gleichermassen.
Die Bergbahnen sind mehr als Bahnbetreiberinnen. Sie bieten alpine Erlebnisse. Das ganze Jahr. Vielfalt macht uns resilienter. Krisenfester. Sie stärkt Arbeitsplätze, unsere Region – und die Attraktivität unserer Täler. Nicht nur im Winter, sondern immer.
NICOLAS VAUCLAIR REDAKTION «FRUTIGLÄNDER» REDAKTION@FRUTIGLAENDER.CH