Was passiert mit dem Blei, Quecksilber und Antimon?
29.11.2024 Kandergrund, Blausee, MitholzGestern wurde die lokale Bevölkerung über den Stand der Munitionsräumung informiert. Schwerpunkt der Ausführungen war die Schadstoffbelastung durch die alte Munition und der Umgang damit.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Potenziell für die ...
Gestern wurde die lokale Bevölkerung über den Stand der Munitionsräumung informiert. Schwerpunkt der Ausführungen war die Schadstoffbelastung durch die alte Munition und der Umgang damit.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Potenziell für die Gesundheit und die Umwelt gefährliche Stoffe sind in den letzten Jahren mehrfach ein Thema in Mitholz gewesen: Man denke an die Sprengstoffrückstände beim Bau des Neat-Tunnels, an Reststoffe aus der Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels und das Fischsterben in der Blauseezucht oder eben jetzt an die Munitionsräumung. Schadstoffe haben verständlicherweise Einfluss auf den Räumungsplan des ehemaligen Munitionslagers Mitholz. Um die Belastung des Abbau- und Aushubmaterials festzustellen, lässt das VBS umfangreiche Untersuchungen durchführen, wie es gestern den Medien sowie der Bevölkerung aufzeigte.
Etliche Bohrungen zur Abklärung
Man reduziere die schädliche Belastung für Mensch, Tier, Boden, Wasser und Luft soweit wie möglich, erklärte Projektleiter Adrian Goetschi. Um Klarheit über die Konzentrationen von den aus den Granaten stammenden Schwermetallen wie Quecksilber, Blei und Antimon sowie Sprengstoffe und deren Abbauprodukte zu erhalten, sind etliche Probebohrungen nötig. Dazu finden bis 2026 umfangreiche technische Untersuchungen zur Munition und zu den Schadstoffen innerhalb und ausserhalb der Anlage statt. Die Datengrundlage wird so besser, die zusätzlichen Arbeiten haben aber Auswirkungen auf den Zeitplan (siehe Kasten). Zudem wird die Überwachung des Grundwassers und der Oberflächengewässer sichergestellt.
Das Vorhandensein von potenziell gefährlichen Munitionsrückständen im Untergrund erfordert aus Sicherheitsgründen für alle Untersuchungen eine Begleitung durch das Kommando Kampfmittelbeseitigung (KAMIR). «Im Explosionsschutt ist die Schadstoffpalette relativ breit», erklärte Goetschi. Die Untersuchungen grenzen nun die Belastungsherde ein und ermöglichen erst eine verlässliche Einschätzung des Gefährdungspotenzials.
Schadstoffe an der Oberfläche gefunden
Die bisherigen Abklärungen bestätigen die angenommene Belastungshypothese: Im verschütteten Bahnstollen liegt eine grosse Menge an Schadstoffen in hohen Konzentrationen. In Teilen des Schuttkegels vor der Anlage und beim Geschiebesammler Stägebach muss ebenfalls lokal von hohen Schadstoffkonzentrationen ausgegangen werden. In den Auswurfzonen der Explosion von 1947 wurden an gewissen Stellen im Talboden noch auf der Terrainoberfläche Schadstoffe festgestellt. Diese werden zudem durch Belastungen mit teils zivilem Ursprung – zum Beispiel durch Bauarbeiten – überlagert. Aktuell seien jedoch keine oder höchstens unbedenkliche Schadstoffkonzentrationen im Grundund Oberflächenwasser ausserhalb der Anlage festgestellt worden.
Aufwendige Reinigung des Aushubs
Um Bahn und Nationalstrasse durchgehend offenzuhalten, sind im Bereich der Fluh Schutzbauten vorgesehen. Für die Realisierung der Galerien und eines Tunnels sowie mit dem Abbau der Fluh fallen grosse Mengen an Aushub- und Abbaumaterial an. Gemäss den gesetzlichen Vorgaben darf nur unverschmutztes oder höchstens schwach verschmutztes Material für die Wiederauffüllung und für Terrainmodellierungen verwendet werden. Die Konsequenz: Das übrige Material muss behandelt werden. Kontaminiertes Material wird mittels Bodenwaschmaschine gereinigt. «Das ist ein bewährtes Verfahren. Die Herausforderung besteht darin, dass in diesem Material auch Munitionsteile drin sein können – und sicher auch sind», erklärte der Projektleiter. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Schadstoffe nicht durch Hochwasser und Murgänge verteilt werden. Die Kosten für die Behandlung und Entsorgung des verschmutzten Materials sind in den Krediten von 2,6 Milliarden Franken eingerechnet. Nach Projektende soll im Baustellenbereich das Schadstoffpotenzial beseitigt sein.
Kavernen nutzen statt verschliessen
In letzter Zeit wurde im 1947 verschütteten Bahnstollen das Mess- und Sensorsystem der Überwachung weiter ausgebaut. «Aktuell wird geprüft, ob die grossen Kavernen hinter dem munitionsverseuchten Bahnstollen als Zwischenlager für Munitionsfunde oder deren Entsorgung genutzt werden könnten», heisst es seitens der Projektleitung. Begünstigt würde dies durch den Entscheid, Hohlräume im Fels mit Ton zu verfüllen, statt die Anlage aufwendig stillzulegen sowie den Zugang mit einem Stahltor und einem Betonpfropfen fest zu verschliessen.
Plangenehmigung verzögert sich
Mit dem Plangenehmigungsverfahren wird das Gesamtprojekt mit allen Massnahmen für die Schutzbauten Bahn und Strasse sowie für die Räumung zur Bewilligung beantragt. Der Start des Verfahrens ist neu um ein Jahr verschoben worden und startet erst Anfang 2026. Mit dem späteren Start werden die zehn betroffenen Liegenschaften für die Schutzbauten frühestens ab Ende 2026 beansprucht. Damit haben die Betroffenen mehr Zeit, um ihre geplanten Ersatzliegenschaften zu beziehen, wie der stellvertretende Projektleiter Matthias Matti ausführte. Diese haben teilweise erst letzte Woche die Baubewilligungen für ihre neuen Häuser erhalten und so ist die Verzögerung dienlich. Welche Auswirkungen der spätere Termin des Plangenehmigungsverfahrens auf den Zeitplan des Gesamtprojekts hat, ist noch nicht klar.
HSF