Weniger Babys in der ersten Jahreshälfte
11.11.2022 PolitikKANTON Fünf Parlamentarier wollen vom Regierungsrat wissen, warum die Geburtenrate Anfang 2022 eingebrochen ist. Dem von den Interpellanten suggerierten Zusammenhang mit der Covid-Impfung widersprechen sowohl der Regierungsrat als auch die Studien zum Thema.
BIANCA ...
KANTON Fünf Parlamentarier wollen vom Regierungsrat wissen, warum die Geburtenrate Anfang 2022 eingebrochen ist. Dem von den Interpellanten suggerierten Zusammenhang mit der Covid-Impfung widersprechen sowohl der Regierungsrat als auch die Studien zum Thema.
BIANCA HÜSING
Manchmal liegen zwischen zwei sehr gegensätzlichen Meldungen nur wenige Monate. Im Frühjahr schrieb etwa der «Blick» von einem «Geburtenboom durch Corona». Tatsächlich waren 2021 so viele Kinder zur Welt gekommen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Als Ursache vermutet man unter anderem die Shutdown-Phasen – die meisten Kinder waren zwischen April und Juli 2020 sowie zwischen November 2020 und März 2021 gezeugt worden. Doch bald darauf verkehrte sich der Trend ins Gegenteil – für die erste Jahreshälfte 2022 wurden «rekordtiefe Geburtenzahlen» vermeldet. Im Kanton Bern kamen 500 Kinder weniger zur Welt als im Vorjahr.
In impfkritischen Kreisen kursierte bald die Theorie, die mRNA-Vakzine seien schuld am Geburtenrückgang. Auch im Berner Kantonsparlament wird diese Frage demnächst debattiert. Gemeinsam mit Grossräten der SVP- und der Grünenfraktion reichte Samuel Kullmann (EDU) eine Interpellation ein mit dem Titel «Grösster Einbruch der Geburtenzahl seit 150 Jahren – ist die Covid-Impfung die Ursache?» Unter anderem wollen die Vorstösser wissen, welche «Erklärungsansätze» dem Regierungsrat vorliegen. Es sei auffallend, dass der Geburteneinbruch «ziemlich genau neun Monate nach Beginn der umfassenden Erstimpfungen» für 20- bis 49-Jährige passierte.
Kein Rückgang in Ländern mit hoher Impfquote
Der Regierungsrat weist zunächst darauf hin, dass nach dem geburtenstarken Jahr 2021 ein Rückgang zu erwarten gewesen sei. Gegenüber 2020 sei die Rate um 270 Geburten zurückgegangen. Zudem zeigten erste provisorische Zahlen des Bundesamts für Statistik, dass sich die Zahlen seit Mai / Juni wieder normalisierten.
Warum sie zuvor eingebrochen waren, sei nicht so pauschal zu beantworten. Ein Grund könne die anhaltende Krisenstimmung sein und die daraus resultierenden wirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Unsicherheiten. Gemäss einer Studie des Weltbevölkerungsfonds seien auch während der Spanischen Grippe (1918–20) und der Wirtschaftskrise 2008 deutlich weniger Kinder geboren worden.
Ein Zusammenhang zur Impfung sei aus mehreren Gründen nicht anzunehmen. Länder wie Spanien, Frankreich oder Portugal hätten bereits vor der Verfügbarkeit der Impfstoffe einen Geburtenrückgang erlebt. Nach Beginn der Impfkampagne hätten sich die Zahlen wieder stabilisiert. «Die Tatsache, dass selbst Länder mit relativ hoher Impfquote (wie Portugal oder Frankreich) keinen Einbruch der Geburtenrate feststellten, spricht gegen einen kausalen Zusammenhang zwischen Covid-19-Impfung und Rückgang der Geburten», so der Regierungsrat. Zudem hätten mehrere gross angelegte Studien gezeigt, dass es kein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten gebe und auch die Fruchtbarkeit nicht beeinträchtigt werde. Im Gegenteil sei es offenbar die Covid-Erkrankung, die zu einer zeitweise verringerten Spermienqualität und zu einem erhöhten Risiko für Schwangerschaftskomplikationen führen könne.
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