Weniger Macht für Denkmalschützer?
15.09.2023 PolitikKANTON Der Grosse Rat verlangt von der Regierung, Bewilligungsverfahren im Zusammenhang mit der Denkmalpflege zu vereinfachen. Die Fachstelle soll künftig vor allem beratend tätig sein und ihr Beschwerderecht teilweise verlieren.
BIANCA HÜSING
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KANTON Der Grosse Rat verlangt von der Regierung, Bewilligungsverfahren im Zusammenhang mit der Denkmalpflege zu vereinfachen. Die Fachstelle soll künftig vor allem beratend tätig sein und ihr Beschwerderecht teilweise verlieren.
BIANCA HÜSING
«Die kantonale Denkmalpflege nimmt auch aus der Sicht der EDU-Fraktion eine wichtige Funktion wahr», betonte Jakob Schwarz (Adelboden) letzte Woche in der Grossratsdebatte. «Aber Denkmalschutz ist keine exakte Wissenschaft. Es besteht sehr viel Spielraum bei der Beurteilung, was in welcher Form erhalten werden soll.» Oft hätten die persönlichen Vorstellungen der Denkmalschützer zu grossen Einfluss auf Bauvorhaben. Die Folge seien längere und teurere Verfahren sowie teilweise «unzumutbare Wohnsituationen». Seine Fraktion unterstütze daher die Motion des Grossratskollegen Patrick Freudiger (SVP), die eine Vereinfachung der Verfahren fordert. Demnach soll die Denkmalpflege in Zukunft nur noch bei besonders schützenswerten Baudenkmälern Beschwerde einlegen können. Welche Bauten das sind, sei in einem Katalog zu definieren. Bei erhaltenswerten Objekten solle dagegen kein Beschwerderecht mehr bestehen. Ausserdem sollen nachträgliche Erweiterungen des Bauinventars künftig keinen Einfluss auf Bauabsichten haben, die bereits (zum Beispiel in Form von Voranfragen) kommuniziert worden sind.
Nur 5 Fälle in 20 Jahren
Der Regierungsrat hält das Beschwerderecht dagegen für wichtig. Es diene «der Wahrung des öffentlichen Interesses an einer einheitlichen und korrekten Anwendung der denkmalrechtlichen Bestimmungen». Die kantonale Denkmalpflege übe dieses Recht nur selten aus – und wenn, dann offenbar zu Recht: «In den letzten 20 Jahren hat sie nur gerade fünf Beschwerden gegen Bauentscheide eingereicht, letztmals 2018. In keinem der Fälle wurde das Abweichen von einzelnen Empfehlungen durch die Baubewilligungsbehörde gerügt, sondern grobe Verfahrensmängel.»
Grosser Rat setzt sich über Empfehlung der Regierung hinweg
In Bezug aufs Bauinventar hält der Regierungsrat fest, dass dieses seine Funktion nur erfüllen könne, wenn es aktuell gehalten werde. Vor nachträglichen Änderungen seien Bauherren schon heute geschützt, sofern sie ein Baugesuch eingereicht haben. Diesen «Schutz vor Überraschungen» auch auf Voranfragen auszudehnen, hält der Regierungsrat nicht unbedingt für sinnvoll. Trotzdem erklärte er sich bereit, beide Forderungen der Motion zumindest zu prüfen und empfahl dem Grossen Rat, sie in Form eines Postulats anzunehmen.
Darauf wollte sich das Kantonsparlament jedoch nicht einlassen. Mit einer Mehrheit von 82 zu 46 (Ziffer 1) und 85 zu 44 Stimmen (Ziffer 2) nahm es die Motion letzte Woche am Mittwoch an.