Wer übernimmt das Ratspräsidium?
01.10.2024 Kandergrund, Blausee, MitholzGleich drei Kandidaturen gibt es für das Amt des Gemeinde- und Gemeinderatspräsidenten – und das, obwohl auf Roman Lanz’ Nachfolger grosse Herausforderungen warten. Wie wollen die Kandidierenden die Aufgaben angehen?
HANS RUDOLF ...
Gleich drei Kandidaturen gibt es für das Amt des Gemeinde- und Gemeinderatspräsidenten – und das, obwohl auf Roman Lanz’ Nachfolger grosse Herausforderungen warten. Wie wollen die Kandidierenden die Aufgaben angehen?
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Man kennt den abtretenden Gemeinderatspräsidenten Roman Lanz nicht nur in Kandergrund. Seit klar ist, dass die Armee in Mitholz Hunderte Tonnen alter Munition räumen muss, hat er die Gemeinde gegen aussen in vielen Gremien und noch mehr Medienbeiträgen vertreten. Ende Jahr gibt er das Amt wegen Amtszeitbeschränkung ab. Gleich drei Personen haben für die Nachfolge ihr Interesse angemeldet: der aktuelle Vize-Gemeinderats- und Gemeindepräsident Ivo Kratzer, der bisherige Gemeinderat Roland Stoller sowie Gisella Nünlist, Wirtin im Restaurant Balmhorn als Quereinsteigerin.
Die Ausgangslage im Gemeinderat
Die Präsidiumswahl vom 18. Oktober findet an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung statt. Diese Wahl wurde den übrigen Wahlen für den Gemeinderat vorgezogen. Der Grund: Je nachdem, ob einer der Bisherigen das Präsidium übernimmt oder nicht, sind Sitze zu besetzen. Kratzer befindet sich in der Hälfte seiner zweiten ganzen Legislatur, Stoller würde nochmals als Gemeinderat antreten. Und Nünlist ist unabhängig von der Präsidiumswahl als einzige Kandidatin für den Wahlkreis Mitholz bereits als Nachfolgerin von Albert Künzi gesetzt.
Für den Wahlkreis Kandergrund treten bei den Gemeindewahlen vom 22. November zudem Franziska Esskuche (bisher) und Benjamin Liechti (neu) an. Je nach Konstellation nach der ersten Wahlversammlung wird sich zeigen, ob es stille Wahlen gibt oder ob ein Wahlgang benötigt wird, um den Rat zu vervollständigen.
Was meinen Sie zu … ?
Der «Frutigländer» hat den drei Kandidierenden fürs Gemeinderatspräsidium Fragen zu aktuellen Kandergrunder Themen gestellt – allen dieselben, damit ein Vergleich möglich ist.
Lassen wir das Thema Munitionslager Mitholz zunächst einmal weg: Was ist in nächster Zeit die grösste Herausforderung für die politische Behörde von Kandergrund?
Ivo Kratzer: Kurzfristig führen wir die neuen Gemeindeangestellten ein und begleiten den neu konstituierten Gemeinderat in seine Aufgaben. Die Ausbaupläne des Neat-Tunnels und die Erweiterungspläne des Steinbruchs erfordern eine Abwägung zwischen Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit und Naturschutz. Langfristig möchten wir Kandergrund als attraktiven Wohn- und Arbeitsort erhalten und die Eigenständigkeit des Ortes sichern.
Roland Stoller: Ganz sicher beschäftigen uns im Gemeinderat die Themen Neat-Vollausbau, die Erweiterung des Steinbruchs SHB und drohende Naturgefahren. Zudem sind gute Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zentral.
Gisella Nünlist: Dass Kandergrund und Mitholz eine Einheit werden.
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Welches Rezept haben Sie für diese Herausforderung?
Ivo Kratzer: Ich setze auf strategische Planung, transparente Kommunikation sowie auf die Berücksichtigung und Einbindung der Bevölkerung. Die Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden und kantonalen Stellen ist ebenso wichtig, da sie die Eigenständigkeit Kandergrunds stärkt und Synergien ermöglicht. Ein offener Dialog schafft Vertrauen und Akzeptanz für nötige Entscheidungen.
Roland Stoller: Dass wir im Gemeinderat gute und konstruktive Lösungen verabschieden, die für alle Bürgerinnen und Bürger stimmen.
Gisella Nünlist: Ich will diese beiden Wahlkreise an einen Tisch bringen.
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Vor allem Mitholz ist regelmässig in den Schlagzeilen, nicht immer positiv – Stichworte Munition oder Blausee-Skandal. Wie kann die Gemeinde ihre Attraktivität aufrechterhalten oder für Neuzuzüger steigern?
Ivo Kratzer: Auf die negativen Schlagzeilen haben wir als Gemeinde nur begrenzten Einfluss. Deshalb setzen wir auf offene Kommunikation und leisten proaktiv unseren Beitrag zur Problemlösung. Die Interessen der Gemeinde schützen wir durch klare Abgrenzungen und erwarten von den Konfliktparteien, dass gemeinsam stabile Lösungen gefunden werden. So zeigen wir potenziellen Neuzuzügern, dass wir gestärkt aus Herausforderungen hervorgehen.
Roland Stoller: Wir müssen die Infrastruktur weiter ausbauen, das heisst zukunftsorientiert unterwegs sein – mit der Sanierung von Kindergarten, Schulhaus und Gemeindehaus ist die Attraktivität schon extrem gestiegen.
Gisella Nünlist: Das Zauberwort heisst miteinander und nicht gegeneinander. Da der Verkehr und der Lärm durch den neuen Strassentunnel abnehmen werden, wird Mitholz sicher ein attraktives Dorf.
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Kandergrund hat gut 800 Einwohner. Ist Wachstum überhaupt ein Thema?
Ivo Kratzer: Wachstum ist ein wichtiges Thema, muss jedoch gut auf die vorhandene Infrastruktur abgestimmt werden. Da Bauland begrenzt ist, sollten bestehende Gebäude in zeitgemässen Wohnraum umgewandelt werden können. Dies erfordert eine enge Abstimmung mit dem Kanton. Um eine solide Auslastung der Schulen zu gewährleisten, möchten wir vorrangig mit Familien wachsen und dabei attraktiven sowie bezahlbaren Wohnraum fördern.
Roland Stoller: Ja sicher, weil die Rahmenbedingungen bei uns stimmen. Das heisst: Steuerfuss beibehalten und die Weiterentwicklung der Gemeinde garantieren.
Gisella Nünlist: Die Bevölkerungszahl in der Schweiz wächst, unweigerlich wird die Zunahme auch in Mitholz und Kandergrund stattfinden.
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Beim Bau des Neat-Tunnels hat Kandergrund (finanziell) profitieren können. Was erhoffen Sie sich vom baldigen Vollausbau des Tunnels?
Ivo Kratzer: Finanziell gesehen müssen wir die Euphorie dämpfen. Zwar profitieren wir kurzfristig durch hohe Quellensteuereinnahmen, mittelfristig wird dieser Vorteil jedoch durch geringere Beiträge aus dem Lastenausgleich relativiert. Wichtiger ist, dass eine hohe Wertschöpfung in der Region entsteht und regionale Unternehmen vom Ausbau profitieren. Besonders positiv wäre, wenn mehr Arbeitnehmende aus solchen Projekten hier sesshaft würden.
Roland Stoller: Dass wir dadurch wieder eine finanzielle Entlastung im Steuerhaushalt erhalten, von der ich hoffe, dass auch der Bürger davon profitieren kann. Mir ist aber klar, dass als Folge auch der Finanzausgleich nach unten angepasst werden kann.
Gisella Nünlist: Ich erwarte einen reibungslosen Verkehr.
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Eine Zusammenarbeit von Schulen, Sozialdienst, Bauverwaltung oder Feuerwehr mit den angrenzenden Gemeinden funktioniert heute. Sind weitere Bereiche denkbar?
Ivo Kratzer: Grundsätzlich ist vieles denkbar, doch unser Ziel bleibt die Wahrung der Eigenständigkeit. Diese erreichen wir nur durch gezielte Kooperationen über die Gemeindegrenzen hinweg. Wichtig ist, dass wir dabei unsere eigenen personellen Ressourcen einbringen und nicht nur als Bittsteller auftreten. Ich verstehe die Sorgen der Bevölkerung, doch ohne diese Kooperationen wäre unsere Eigenständigkeit langfristig kaum realisier- und finanzierbar.
Roland Stoller: Und nicht zu vergessen: Auch die regionale Forstkommission entlastet die einzelnen Gemeinden heute sehr. Allenfalls könnte in der Verwaltung bei administrativen Aufgaben die Zusammenarbeit noch gestärkt werden.
Gisella Nünlist: Eine Optimierung und Zusammenarbeit mit den Vereinen wäre sinnvoll.
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Am Munitionslager Mitholz kommt man dennoch nicht vorbei. Kommt die übrige Gemeinde Kandergrund neben diesem Dauerthema nicht zu kurz?
Ivo Kratzer: Das Munitionslager bindet viele Ressourcen, deshalb wurde beispielsweise die Kommission Mitholz gegründet, um den Gemeinderat zu entlasten. So konnten auch andere Aufgaben gewissenhaft bearbeitet werden. Dennoch ist es mir wichtig, den Fokus wieder stärker auf die gesamte Gemeinde zu legen. Es gibt viele Themen und Potenziale, die wir nicht vernachlässigen dürfen.
Roland Stoller: Nein. Dank der Kommission Mitholz ist der Gemeinderat extrem entlastet worden, somit haben wir im Rat wieder die Kapazität, dass wir uns voll und ganz auf die Gemeinde als Ganzes konzentrieren können.
Gisella Nünlist: Ich denke, Kandergrund kann davon auch profitieren.
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Wieso kandidieren Sie trotz dieser unbestritten grossen Aufgaben für das Gemeinde- und Gemeinderatspräsidium?
Ivo Kratzer: Ich bearbeite gerne komplexe Aufgaben und kann dabei auf meine langjährige berufliche Erfahrung zurückgreifen. Unsere Verwaltung ist ein starkes Team, das das Präsidium in vielen Bereichen tatkräftig unterstützt. Ich kenne die Stärken und Schwächen der Gemeinde gut und sehe darin Chancen, die ich mit Engagement und Weitsicht nutzen möchte.
Roland Stoller: Ich liebe es, Herausforderungen anzunehmen und Lösungen umzusetzen. Meine jahrelange Erfahrung in den Vereinen, Kommissionen und der Gemeindepolitik hat mich bestärkt, Verantwortung zu übernehmen, um die Gemeinde zukunftsorientiert weiterführen zu können.
Gisella Nünlist: Ich diskutiere gerne und habe auch viele Ideen, die ich mit der Bevölkerung umsetzen möchte.
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Und weshalb sollten die Kandergrunder-Innen Sie ins Präsidium wählen?
Ivo Kratzer: Ich bringe acht Jahre Erfahrung im Gemeinderat mit, davon vier Jahre als Vizepräsident. Mein praxisund lösungsorientiertes Vorgehen ermöglicht es mir, gezielt auf die Bedürfnisse der Gemeinde einzugehen. Mit 46 Jahren vereine ich Erfahrung mit einem dynamischen und zukunftsorientierten Ansatz und möchte Kandergrund als Gemeindepräsident mit Engagement und Weitsicht voranbringen.
Roland Stoller: Sie erhalten eine Person, die geradlinige und lösungsorientierte Politik macht. Im Weiteren kann ich die Geschäfte nahtlos weiterführen, und ich bin bereit, mich in diesem interessanten Amt zu engagieren.
Gisella Nünlist: Ich bin die ideale Kandidatin für dieses Amt, denn ich bin neutral.