Wie Ferienwohnungen in der Region vermarktet werden
01.09.2023 TourismusSeit drei Jahren sind Ferienwohnungen besonders gefragt, ein Trend, der sich lokal wie national bemerkbar macht. Häufig werden die Unterkünfte über Online-Plattformen gebucht – doch in der Region gibt es dabei noch Luft nach oben, wie eine Nachfrage ...
Seit drei Jahren sind Ferienwohnungen besonders gefragt, ein Trend, der sich lokal wie national bemerkbar macht. Häufig werden die Unterkünfte über Online-Plattformen gebucht – doch in der Region gibt es dabei noch Luft nach oben, wie eine Nachfrage zeigt.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Seit Corona ist eine stärkere Nachfrage nach Ferienwohnungen spürbar. Interpretiert wird diese Entwicklung als gewachsenes Bedürfnis nach Privatsphäre. Oder im Kontext der Pandemie: nach Abstand von anderen Reisenden. Doch wie findet der Gast die passende Unterkunft?
Die meisten begeben sich heute via Internet auf die Suche und landen irgendwann auf einer Buchungsseite. «Etwa 30 Prozent aller Ferienwohnungen im Frutigland sind über unsere Online-Plattform buchbar», weiss Corinne von Bergen, die Leiterin des Tourist Center Frutigen. Und die übrigen 70 Prozent? «Die haben entweder eigene Lösungen, um im Internet auffindbar zu sein, setzen auf analoge Kanäle oder machen gar keine Werbung.» Die Tourismusorganisation Adelboden-Lenk-Kandersteg (TALK) bietet also eine eigene Buchungsplattform an. Da deren Bekanntsheitsgrad aber beschränkt ist, können Besitzer ihre Ferienwohnungen gleichzeitig auch auf internationalen Plattformen wie e-domizil anbieten.
Neue Vermieter «entdeckt»
Die Vorteile der Online-Buchung: Die Belegung einer Wohnung ist meist sofort ersichtlich, die Konditionen sind klar und der Gast sieht, was ihn vor Ort erwartet. «Bei der Aufnahme einer Wohnung wird eine Klassifizierung vorgenommen, die alle paar Jahre kontrolliert wird», erläutert Corinne von Bergen. Dieses Angebot besteht und funktioniert. Allerdings sieht die Touristikerin noch Potenzial: Mit der Kurtaxen- oder Tourismusförderungsabgabe sowie der Einführung der digitalen Gästekarte seien doch einige Ferienwohnungen ans Tageslicht gekommen, die bisher vor allem privat vermietet werden. Deren Besitzer könne man vielleicht noch überzeugen, sich der Destinationsplattform anzuschliessen oder sogar beim lokalen Tourismusverein Mitglied zu werden, sagt Corinne von Bergen. Man unterstütze Vermieter vor Ort beispielsweise mit Workshops zu Wohnungseinrichtungen oder Tipps für die Präsenz auf sozialen Medien.
Die Sichtbarkeit ist zentral
2022 wurden in der Tourismusorganisation online, per Telefon oder an den Schaltern 1328 Ferienwohnungsbuchungen getätigt (siehe auch Kasten). Etwa 50 Prozent davon wurden über die eigenen Kanäle abgewickelt, die andere Hälfte zum grössten Teil via Interhome oder e-domizil, zu denen eine direkte Verknüpfung besteht. Zu Airbnb gibt es diese direkte Verbindung noch nicht – diese internationale Plattform ist eher für kurzfristige und kürzere Aufenthalte interessant.
Um professionell zu vermieten, sei eine Anbindung an solche Portale heute unumgänglich, sagt Corinne von Bergen. Nur so erreiche man eine breite Sichtbarkeit. «Natürlich gibt es gelegentliche Vermieter, die meistens Stammgäste haben und damit zufrieden sind, sodass sie sich deshalb die etwa 12 bis 15 Prozent Buchungsgebühr von Plattformen sparen.»
e-Domizil ist zufrieden
Eine der schon erwähnten internationalen Buchungsplattformen für Ferienwohnungen ist e-domizil. Diese ist auch mit dem Angebot der Oberländer verknüpft. Der Geschäftsführer des Schweizer Ablegers, Marcel Meek, bestätigt die Erfahrungen Corinne von Bergens und kann auch aufgrund der erhobenen Daten Einschätzungen zum gesamten Markt machen. Bei e-domizil Schweiz sei mittlerweile der Sommer gleich stark gebucht wie der Winter, betont er. Gerade in einer Region wie dem Frutigland, in dem sowohl der Winter als auch der Sommer normalerweise sehr gut gebucht seien, könnte oder sollte vor allem die Zwischensaison noch besser ausgelastet werden, findet Meek. Dieses Potenzial auszunutzen, würde auch dem lokalen Gewerbe wie etwa Bäckereien oder der Gastrobranche dienen. «Jede einzelne Buchung ist wichtig, deshalb begrüsse ich auch die Aktivitäten der Destination in diese Richtung», sagt Meek.
Nach dem Ende der Pandemie sei natürlich die grosse Frage gewesen, ob die Nachfrage nach Ferienwohnungen weiter so stark sei. «Und es ist so», freut sich Meek. «Das Verhalten der Gäste hat sich verändert. Und auch wenn heute viele Schweizer wieder ins Ausland reisen, konnte dieser Rückgang mit internationalen Gästen aufgefangen werden.» Er bestätigt die deutlich bessere Buchungslage gegenüber dem starken Vergleichsjahr 2019 und spricht von einer «Rückkehr zur Normalität».
Die Optik ist entscheidend
Meek gibt auch Tipps, wie Vermieter erfolgreicher sein können: Ein interner Versuch habe – nicht ganz überraschend – gezeigt, dass gute Bilder wertvoll sind. Das sei wie auf einer Datingplattform. «Wir haben bei einigen Vermietern, deren Wohnungen regelmässig gebucht wurden, einen Fotografen vorbeigeschickt, um Profibilder zu machen. Weder die Wohnung noch die Preise oder Beschreibung wurden verändert», erklärt Meek. Nur die Fotos seien eben professioneller geworden. «Von der Wirkung dieser Massnahme waren wir beeindruckt: Innert kurzer Zeit stieg die Buchungsrate um 50 oder mehr Prozent. Und heute kann jedermann mit einem Mobiltelefon und Bildfiltern solche Aufnahmen machen.» Er lässt durchblicken, dass diesbezüglich auch in der Destination Adelboden-Lenk-Kandersteg etliche Objekte noch Optimierungsbedarf haben.
Natürlich seien auch der Preis und die Lage einer Wohnung entscheidend für den Erfolg. «Die Mieter können sehr gut einschätzen, was sie für ihr Geld bekommen. Wer günstig bucht, erwartet kaum topmoderne Ferienwohnungen. Und die einfacheren Wohnungen laufen bei uns am besten.» Er empfiehlt zudem, gerade in den Nebensaisons flexiblere Aufenthaltsdauer als «Samstag bis Samstag» anzubieten. Für den Buchungsentscheid spiele letztlich auch die Bewertung von Vormietern eine grosse Rolle, die auf den Plattformen abrufbar seien. Dieses Instrument könnten so nur die Online-Plattformen bieten. Zudem werde sofort und ohne Mailverkehr klar, ob interessante Wohnungen frei seien, bewirbt Meek die Online-Plattformen für potenzielle Mieter und Vermieter.
Die Details aus der Tourismusregion
Die Zahlen der Destination zeigen, wieviele Fewos im Frutigland vorhanden sind:
• Adelboden: ca. 450 Ferienwohnungen, davon 170 via TALK buchbar
• Frutigen: ca. 120 Ferienwohnungen, 26 via TALK buchbar
• Kandersteg: ca. 95 Ferienwohnungen, 25 via TALK buchbar
• Kiental-Reichenbach: ca. 75 Ferienwohnungen, 6 via TALK buchbar
• Kandergrund: ca. 20 Ferienwohnungen, 1 via TALK buchbar.
Die Buchungszahlen haben mit der Corona-Pandemie neue Rekordwerte erreicht. Die damalige Aufforderung «Bleiben Sie Zuhause» wurde offenbar auch so interpretiert, dass man in der Ferienwohnung «zuhause» sein kann. Die konkreten Zahlen der TALK im Vergleich – im letzten Jahr wurden die Vor-Corona-Jahre deutlich übertroffen (alle Angaben umfassen Buchungen online/ per Telefon oder am Schalter und die eigenen Kanäle sowie angeschlossene Plattformen wie Interhome oder e-domizil):
• 2018 wurden 749 Buchungen mit 17 890 Logiernächten getätigt. Mit 491 Buchungen stammt der weitaus grösste Teil aus der Schweiz, gefolgt von Deutschland (111), den Niederlanden (53) und Frankreich (17).
• 2019 erfolgten 966 Buchungen mit 21 670 Logiernächten. Mit 607 Buchungen kam der grösste Teil der Gäste aus der Schweiz, gefolgt von Deutschland (190), den Niederlanden (68) und Frankreich (16).
• Die Jahre 2020/2021 aufgrund der Pandemie-Massnahmen sind nicht vergleichbar und werden hier nicht aufgeführt.
• 2022 wurden in der TALK-Region 1328 Buchungen mit 27 182 Logiernächten getätigt. Weit mehr als die Hälfte, nämlich 829 Buchungen, kamen von Schweizern, gefolgt von Deutschland (221), den Niederlanden (129) und Frankreich (36).
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt jeweils rund 6,5 Tage.
Bei den Zahlen von e-domizil für den Zeitraum August 2022 bis August 2023 ist interessant, dass pro Buchung («Warenkorb») in Adelboden durchschnittlich 1122 Franken verzeichnet sind, gleich viel wie in Kandersteg und Interlaken. Frutigen verzeichnet 684 Franken. Die durchschnittlichen Kosten pro Nacht sind zwischen 109 in Frutigen 155 in Adelboden und 164 in Kandersteg aufgeführt. Interlaken liegt mit 255 Franken an der Spitze. Die Aufenthaltsdauer der TALK-Zahlen wird von e-domizil bestätigt.
HSF