Wie Zweitwohnungsbesitzende Energie sparen können
30.09.2022 AdelbodenIm Rahmen des Programms MakeHeatSimple des Bundesamtes für Energie lud die Licht- und Wasserwerk Adelboden AG (LWA) Zweitwohnungsbesitzer zu einer Infoveranstaltung ein. In vier Impuls referaten gaben Fachleute Tipps zum Sparen von Heiz- und Stromkosten weiter und stellten ...
Im Rahmen des Programms MakeHeatSimple des Bundesamtes für Energie lud die Licht- und Wasserwerk Adelboden AG (LWA) Zweitwohnungsbesitzer zu einer Infoveranstaltung ein. In vier Impuls referaten gaben Fachleute Tipps zum Sparen von Heiz- und Stromkosten weiter und stellten umweltfreundliche Massnahmen zur Gebäudesanierung vor.
RETO KOLLER
«Zurzeit gibt es fast kein aktuelleres Thema als das Energiesparen.» Mit diesen Worten begrüsste Geschäftsleiter Pascal von Allmen die Zweitwohnungsbesitzenden am frühen Freitagabend im Besprechungssaal des LWA. Von Allmen skizzierte kurz das 2017 in Kraft getretene Energiegesetz, das auf drei Säulen fusst: Atomenergieausstieg, Förderung von alternativen Energiequellen und Energiesparen. Die vier Fachreferenten des Abends widmeten sich den beiden letzten Themen.
Die ferngesteuerte Heizung: ein Schlüssel zum Sparen
Den Anfang machte Sascha Blagojevic von der Worber Firma Kadec AG, die sich auf Fernsteuerungen von haustechnischen Anlagen spezialisiert hat. Er beruhigte vorerst alle BesitzerInnen älterer Heizungsanlagen: «Jede Heizung ist grundsätzlich aus der Ferne steuerbar, egal um welchen Typ es sich handelt und ob Internetanschluss vorhanden ist oder nicht.» Der Installateur suche vor Ort die richtige Lösung für die Liegenschaft, erläuterte Blagojevic. Die Fernsteuerung sei sogar dann möglich, wenn gar kein Raumthermostat existiert. In den meisten Fällen gebe dann eine Mobile-App die nötigen Befehle zum Absenken oder Erhöhen der Raumtemperatur.
Laut Blagojevic bietet die Fernsteuerung auch zusätzliche Möglichkeiten der Raumüberwachung. So kann sie etwa bei bei Störungen aller Art hilfreich sein. Blagojevic ging auf die häufig geäusserte Meinung ein, dass das regelmässige Einund Ausschalten der Heizung den Verbrauch eher erhöhe statt senke: «Das ist grundsätzlich richtig – aber es gilt nur, wenn der Vorgang kurzzeitig ständig wiederholt wird. Sobald die Intervalle grösser werden, lohnt sich das Absenken in jedem Fall.»
Der Steuerungsfachmann empfahl auch das Absenken der Boilertemperatur, wenn die Wohnung oder das Haus während längerer Zeit nicht bewohnt ist. «Das Absenken der Raum- und Boilertemperatur ist der einfachste und effizienteste Weg, um Energie zu sparen, wenn eine Liegenschaft gerade nicht benutzt wird», schloss er sein Kurzreferat.
Heizungsersatz vorausschauend planen
Der Adelbodner Solar- und Haustechnikunternehmer Beat Spiess sprach im Namen aller anwesenden einheimischen Installateure zum aktuellen Thema Heizungsersatz. Sein Rat: Wer die Wärme auf andere Weise erzeugen will als bisher, sollte gut planen und bei seinen Investition das ganze Gebäude im Auge behalten.» Spiess stellte die möglichen Alternativen für Öl vor, nämlich Luft, Holz und Wasser.
Für die Entnahme von Wärme aus der Luft seien Wärmepumpen die richtige Lösung. Wasser als Wärmequelle sei im Berggebiet wenig geeignet und Bodenwärme in Adelboden schlicht verboten, weil bei Bohrungen vor einiger Zeit Gasaustritte festgestellt wurden.
Wer auf Holz als Energieträger setzen möchte, entscheide sich am besten für eine Pellet- oder Holzschnitzelheizung. Strom sei eher als Ergänzung zu betrachten, eine Photovoltaik-Anlage könne Wärmepumpen und Holzheizungen ergänzen, nicht jedoch ersetzen. Wer das Glück habe, im Bereich des Adelbodner Fernwärmenetzes zu wohnen, könne sich dort anschliessen.
Anhand einiger Grafiken gab der Haustechnikfachmann Auskunft über die Umweltbelastung, die voraussichtliche Preisdynamik, den Raumbedarf und die Kosten von Ölersatzlösungen.
Spiess gab dem Publikum zum Schluss noch einen Tipp zur neuen, umweltfreundlichen Wärmegewinnung mit auf den Weg: «Zurzeit kommt es immer wieder zu Lieferverzögerungen. Nutzt die Zeit, um euer Vorhaben besonders sorgfältig zu planen – es lohnt sich!»
Gut isoliert heisst viel gespart
Der Energieberater Björn Wagner – auch er von der Spiess Energie und Haustechnik AG – nahm den Ball seines Vorredners auf und sprach über Fragen rund um die Gebäudeisolation. «Wir verlassen nun den Technikraum und richten unser Auge auf das ganze Gebäude», leitete er ein.
Wagner zeigte zunächst auf, wo ein Gebäude am ehesten Wärme verliert. Insbesondere seien hier die Fenster, die Wände und das Dach zu nennen. Einen genauen Blick mit der Wärmekamera könne solche «Lecks» aufdecken und aufzeigen, wo Wärme verloren geht. Das Resultat einer solchen Analyse ist der Gebäude-Energieausweis, in der Fachsprache GEAK genannt. Er ist eine Art «Effizienz-Etikette», wie sie bei den Haushaltgeräten schon seit längerer Zeit bekannt ist. Die einfachere, vierseitige Variante des Gebäude-Energieausweises gibt Aufschluss über den Ist-Zustand. Die Plus-Ausgabe geht weiter; sie macht Aussagen über die möglichen Massnahmen und betrachtet die Kosten und die Wirtschaftlichkeit der Modernisierungen. «Dieses GEKAKplus-Dokument ist eine Richtschnur. Sie zeigt sinnvolle Lösungen auf, lässt den Eigentümer aber selbst abschätzen, was er sich leisten kann und will», sagte Wagner und wies auf mögliche Kostenbeteiligungen des Bundes hin.
Anschliessend gab der Fachmann Informationen zu Förder- und Unterstützungsmassnahmen des Kantons und des Bundes und ihre Voraussetzungen. Wer seine Ölheizung durch eine Wärmepumpe oder eine Holzheizung ersetzt, kann mit mehreren Tausend Franken rechnen. Die Investitionen seien aber um ein Vielfaches höher, räumte Wagner ein und liess wissen, dass alle Gesuche immer vor dem Beginn der Massnahmen einzureichen seien, sonst sei die Möglichkeit der Unterstützung verwirkt.
Wer auf eine Gesamtbetrachtung verzichten und sich auf den Heizungsersatz konzentrieren möchte, kann die Impulsberatung für Heizungssanierungen in Anspruch nehmen (siehe Kasten links).
Strom vom Dach und der Fassade
Der einheimische Installationsfachmann Simon German von der Firma Gyger Elektro AG leitete in seinem Referat vom Energieverbrauch zur Energieproduktion über. Er erläuterte die Bauweise und die Funktion von Photovoltaikanlagen. Sie sind heute nicht nur auf Dächern, sondern auch an Fassaden oder Balkonen zu finden. Germann gab Informationen zu Speicherlösungen, weil Energie nicht immer genau dann gebraucht wird, wenn die Sonne sie abgibt. Energiemanagement sei das Gebot der Stunde, liess der Fachmann wissen und meinte damit die kluge Steuerung von Produktion und Verbrauch. Sie sei mindestens so wichtig wie die Photovoltaikanlage selbst. Den Stromfluss richtig zu lenken und zu planen sei im Einfamilienhaus noch recht einfach, nicht jedoch in Mehrfamilienhäusern oder ganzen Siedlungen. Doch auch für komplexe Wohnanlagen seien laut Germann heute schon Lösungen möglich.
Pascal von Allmen schloss die Expertenreferate ab und lud anschliessend zum Gedankenaustausch beim Apéro ein, bevor kurz darauf die nächsten ZweitwohnungsbesitzerInnen eintrafen, um sich in einer zweiten Runde zum selben Thema informieren zu lassen.
Impulsberatung für den Heizungsersatz
Das Förderprogramm von Energie Schweiz will Gebäudeeigentümer-Innen beim Ersatz der Heizung unterstützen. Es bietet eine kostenlose Impulsberatung an, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
• Wärmeerzeuger muss älter als zehn Jahre sein
• Beratung anhand einer Checkliste durch zugelassene Impulsberater
Die Impulsberatung zeigt vor Ort Möglichkeiten für den Einsatz erneuerbarer Energien wie Holz, Wärmepumpe oder Solarlösungen auf und dauert etwa eineinhalb Stunden. RK
Anstoss für ein wichtiges Thema
«Mein Vorgänger als VSA-Präsident, Peter Waser, hat frühzeitig erkannt, dass Energiesparen auch für Zweitwohnungsbesitzende von Bedeutung ist. Er gab den Anstoss zur heutigen Veranstaltung», sagte Rolf Henzmann, Präsident des Vereins Stammgäste Adelboden und Besitzer einer Zweitwohnung. «Die vier Impulsreferate haben ihren Zweck erfüllt. Sie haben aufgezeigt, welche Möglichkeiten wir haben, um die steigenden Energiekosten unter Kontrolle zu halten – ein wichtiges Thema in Anbetracht der rasant steigenden Ölund Stromkosten.»
RK