Wandertipp
25.07.2025 FrutigenDer Holzskulpturenweg ist mehr als ein Wanderweg. Er ist eine Entdeckungsreise durch Natur und geschnitzte Geschichten. Auf gut zehn Kilometern begegnet man hölzernen Tieren, Märchenfiguren, religiösen Botschaften, Menschen aus dem Handwerk
– und einem Mann, ...
Der Holzskulpturenweg ist mehr als ein Wanderweg. Er ist eine Entdeckungsreise durch Natur und geschnitzte Geschichten. Auf gut zehn Kilometern begegnet man hölzernen Tieren, Märchenfiguren, religiösen Botschaften, Menschen aus dem Handwerk
– und einem Mann, der sie mit der Motorsäge zum Leben erweckt hat: Johann Inniger.
Wer den Skulpturenweg beim Bahnhof Frutigen startet, taucht bald in den lichten Engstligenwald ein. Die Bäume geben hie und da den Blick auf das Kiesbett der Engstligen frei. Das Gewässer bietet dabei auch eine willkommene Abkühlung für Hunde, die mit unterwegs sind. Der Weg ist gut begehbar, ideal für Familien und zu jeder Jahreszeit machbar. Nur die Brücke mit Gitterrost kann für Vierbeiner kurz zum Hindernis werden.
Der Rundweg führt entlang des linken Ufers der Engstligen taleinwärts Richtung Hostalden. Zahlreiche Skulpturen begleiten den Weg bis zur imposanten Hängebrücke. Vor deren Überquerung steigt der Weg leicht an und danach durch Wald und Wiesen zurück flussabwärts – vorbei an weiteren Figuren, bis er beim kleinen Abschnitt mit der Grantibrücke wieder auf die ursprüngliche Seite wechselt oder aber wahlweise auch geradeaus an geschichtsträchtigen Bauernhäusern vorbei weiter führt. Auch in der Mitte des Weges, an der Grantibrücke, haben einige Skulpturen ihren Platz gefunden – und hier hat damals alles begonnen.
Kunst mit Herz und Glauben
«Eigentlich war mein Vorbild der Figurenweg auf der Axalp», sagt Johann Inniger. Der Frutiger Landwirt ist der Mann hinter den Skulpturen. «Dann dachte ich: So etwas sollte ich auch machen. Als damals viel Holz geschlagen wurde, habe ich gefragt, ob ich an den markierten Bäumen Figuren schnitzen darf.» Es war der Anfang eines ungewöhnlichen Projekts, das heute Wandernde, Kunstinteressierte und Gläubige gleichermassen anspricht.
Denn auch der Glaube spielt eine Rolle. Die erste Figur, die Inniger je geschnitzt hat, waren vor etwa 15 Jahren die «Betenden Hände», mit einem Vers auf der Rückseite: Beten heisst reden mit Gott und hören Beten kann Sorge in Freude kehren… Eine Bank zum Verweilen steht gleich daneben. «Ich bin bekennender Christ», sagt Inniger. «Diese Figur war mein Anfang und spricht viele Menschen an.»
So stehen zwischen Wurzeln, Lichtungen und Bachläufen inzwischen etwa 50 Holzskulpturen. Mal sind sie frisch und hell, mal verwittert, grau oder kopflos – gezeichnet von Wind, Regen und Zeit. Und doch erzählen sie alle ihre Geschichte.
Bleibende Spuren
Besonders eindrücklich findet Johann Inniger den Holzfäller mit erhobener Axt: «Er ist mir damals sehr gut gelungen. Aber leider ist auch er schon in die Jahre gekommen.» Tatsächlich zeigen sich an einigen Skulpturen die Spuren der Zeit. Aber genau das macht den Weg auch lebendig und bietet Raum für neue Werke, so etwa für ein Murmeltier mit Schwimmring und Schnorchel – gesponsert vom Frutigresort.
Wer eine neue Figur stiften möchte, kann sich direkt bei Johann Inniger melden. Auch ein Stück Geschichte, sogar «Weltgeschichte» hat sich in der kleinen Granitbrücke über der Engstligen verewigt. Dort haben einige Besucher des Holzskulpturenrundwegs ihre Initialen hinterlassen – darunter ein Paar aus den USA, das sich dort 1988 verewigte.
Der Gang über die Brücke
Der Weg endet, wie er beginnt: mit Neugier. Nach dem Überqueren der 153 Meter langen Hängebrücke Hostalde, von der aus ein hölzernes Wildschwein den weiteren Weg zeigt, lockt das kleine Beizli am Hang. Wer während der Wanderung einkehren möchte, findet hier einfache, regionale Verpflegung. Gestärkt geht es dann auf den Rückweg nach Frutigen, der ebenso reizvoll ist wie der erste Teil der Tour: Ein abwechslungsreicher Waldpfad führt flussabwärts zurück, gesäumt von weiteren Figuren, die darauf warten, entdeckt zu werden.
BETTINA ENSER
In loser Folge präsentiert der «Frutigländer» Wandertipps aus der Region. Bisher erschienen: «Rund um den Gamchibach» (11. Juli 2025); «Ein Rundweg über die Gemeindegrenzen hinweg» (18. Juli 2025).
DER HOLZSKULPTURENWEG
• Route: Rundweg ab Bahnhof
• Länge: ca. 9,5 – 10 Kilometer
• Dauer: rund 3 Stunden
• Schwierigkeit: leicht bis mittel
• Für Hunde geeignet: ja (Achtung bei der Gitterrost-Brücke)
• Geeignet bei: jedem Wetter
• Ausrüstung: Wanderschuhe, Trinkflasche, Wetterschutz
• Kontakt für Figurenstiftung: Johann Inniger, Tel. 033 671 39 67
• Highlight: Hängebrücke Hostalde (Zutritt 1 Franken – ausser man verpflegt sich im Beizli)
• Empfehlung im Hängebrücken-Beizli: Hobelkäse-Teller, Zitronenkuchen und Holunder-Schorle.