Zivildienst in Gefahr – breite Allianz kämpft für eine Institution, die trägt
10.10.2025 PolitikDie geplante Verschärfung des Zivildienstgesetzes stösst landesweit auf Widerstand. Eine breite Allianz von Organisationen, Einsatzbetrieben sowie politischen Vertreterinnen und Vertretern ergreift das Referendum – und warnt vor fatalen Folgen für Gesellschaft, Umwelt ...
Die geplante Verschärfung des Zivildienstgesetzes stösst landesweit auf Widerstand. Eine breite Allianz von Organisationen, Einsatzbetrieben sowie politischen Vertreterinnen und Vertretern ergreift das Referendum – und warnt vor fatalen Folgen für Gesellschaft, Umwelt und Landwirtschaft. Besonders laut wird der Protest auch von den Kleinbauern, die ohne den Einsatz der Zivildienstleistenden kaum bestehen könnten.
Am letzten Mittwoch hat eine breite Allianz aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Einsatzbetrieben angekündigt, das Referendum gegen die geplante Revision des Zivildienstgesetzes zu ergreifen. Die Gegnerinnen und Gegner bezeichnen die Vorlage als schädlich, unnötig und gefährlich – sie schwäche eine Institution, die seit Jahrzehnten einen unverzichtbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leistet. Gemäss der geplanten Revision will der Bundesrat die Zahl der jährlichen Zulassungen zum Zivildienst drastisch reduzieren – von derzeit rund 6800 auf 4000. Das entspricht einer Kürzung um mehr als 40 Prozent.
Damit würde nicht nur die Zahl der geleisteten Diensttage sinken, sondern auch die Unterstützung in Bereichen, die schon heute am Limit arbeiten.«Diese Reform benachteiligt nicht nur zukünftige Zivildienstleistende, sondern auch jene Betriebe, die auf sie angewiesen sind», erklärt Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz. «Wenn Zehntausende Diensttage wegfallen, betrifft das Spitäler, Pflegeheime, Kitas und Bergbauernhöfe – also genau die Orte, an denen Hilfe jetzt schon knapp ist.»
Folgen für Gesellschaft und Umwelt
Auch aus dem Bereich Umwelt und Naturschutz kommt deutliche Kritik. Andreas Wolf, Geschäftsleiter der Stiftung Wirtschaft und Ökologie, warnt vor massiven Auswirkungen: «Der Wegfall von 40 Prozent der Zivildienstprojekte im Naturschutz würde das Artensterben beschleunigen, die Trinkwasserqualität verschlechtern und das Hochwasserrisiko erhöhen.»
Die Zivildienstleistenden absolvieren in der Schweiz jährlich Zehntausende Arbeitstage im Dienst der Allgemeinheit – vom Pflegeheim bis zur Bergwiese. Für viele Einsatzbetriebe sind sie längst unverzichtbar geworden. «In der Kinderbetreuung helfen Zivis, die Folgen des Fachkräftemangels abzufedern», betont Maximiliano Wepfer von kibesuisse. «Bis zu zehn Prozent entscheiden sich danach für eine Ausbildung in diesem Bereich. Sie sind also weit mehr als Lückenfüller.»
Kleinbauern schlagen Alarm
Besonders betroffen von der geplanten Reduktion ist auch die Landwirtschaft. Im Jahr 2024 waren fast 1000 Zivildienstleistende auf Schweizer Bauernhöfen im Einsatz – sie leisteten über 51 000 Diensttage auf 877 Betrieben.
«Zivildienstleistende kommen da zum Einsatz, wo die Ressourcen für wichtige Aufgaben für Gesellschaft und Natur fehlen», erklärt Nationalrat Kilian Baumann, Präsident der Kleinbauern-Vereinigung. «Ohne sie können viele Arbeiten nicht mehr oder nur teilweise erbracht werden.» Gerade im Berggebiet und in den Sömmerungszonen helfen Zivis, Weiden zu pflegen, Biodiversitätsflächen zu erhalten und Problempflanzen zu bekämpfen. Diese Einsätze sind entscheidend, um die Kulturlandschaft offen zu halten und die Artenvielfalt zu bewahren. Der Klimawandel verschärft den Arbeitsaufwand zusätzlich – weshalb der Bedarf an Zivildienstleistenden weiter steigt.Die Kleinbauern-Vereinigung unterstützt daher das Referendum entschieden. «Eine Schwächung des Zivildienstes wäre auch eine Schwächung der Landwirtschaft», warnt Baumann. «Wir brauchen diese Unterstützung – für die Biodiversität, für die Ernährungssicherheit und für unsere Bergregionen.»
«Jetzt oder nie»
Für die Referendumsallianz steht fest: Diese Reform darf nicht durchkommen. «Die Verschärfungen sind nur der erste Schritt», warnt Grünen-Ständerat Fabien Fivaz, Co-Präsident des Zivildienstverbands CIVIVA. «Was folgt, ist die Wiedereinführung der Gewissensprüfung – und am Ende die Auflösung des Zivildienstes. Deshalb müssen wir ihn jetzt retten, oder nie.» Der Widerstand formiert sich breit – von der Kita über den Naturschutz bis hin zum Bergbauernhof. Ihr gemeinsames Ziel: den Zivildienst als tragende Säule der Schweizer Gesellschaft zu erhalten.
RED