Zwei Grossräte: vom Frutigla nd nach Bern
15.08.2025 PolitikRené Maeder ist eine prägende Persönlichkeit in Kandersteg – sowohl politisch als auch unternehmerisch. Seine vielseitigen Tätigkeiten und sein Engagement für die Region machen ihn zu einem bedeutenden Vertreter des Berner Oberlands. Am 1. September 2025 ...
René Maeder ist eine prägende Persönlichkeit in Kandersteg – sowohl politisch als auch unternehmerisch. Seine vielseitigen Tätigkeiten und sein Engagement für die Region machen ihn zu einem bedeutenden Vertreter des Berner Oberlands. Am 1. September 2025 wird René Maeder (Die Mitte) für Matthias Matti als Grossrat in Bern nachrücken.
René Maeder ist gelernter Koch, dipl. Hotelier EHL und passionierter Gastgeber. Zusammen mit seiner Frau Anne führte er von 1976 bis 2022 das Relais Château Waldhotel Doldenhorn und den Landgasthof Ruedihus in Kandersteg.
In den 1970er-Jahren hat das Ehepaar Maeder aus einem ehemaligen Ferienheim das Vier-Sterne-Superior Relais et Châteaux Waldhotel Doldenhorn gemacht. Anno 1906 diente dieses ursprünglich als Unterkunft für Bauarbeiter des Lötschbergtunnels zwischen Kandersteg und Goppenstein.
René Maeder ist noch einer der alten Garde. Mit seiner Leidenschaft als Koch und Gastgeber und Anne an seiner Seite hat es der Hotelier zu internationalem Ruhm gebracht. Bei Maeder werden alle gleich behandelt, sei es der Handwerker aus dem Dorf, die Firseuse von nebenan oder Königinnen und Könige und die sieben Mitglieder des Bundesrats. Genau das macht den Hotelier zu einem Sympathieträger.
Seit 2023 nimmt er es nun etwas ruhiger und ist im Sommer Gastgeber des Berghotels Gasterntal, einem wundervollen Rückzugs- und Reflektionsort.
Ein Fels in der Brandung
Nicht immer schwamm man in Kandersteg auf der Erfolgswelle. Massnahmen gegen Corona und der daraus folgende Lockdown hatten den Tourismus weltweit in eine schwere Krise gestürzt. René Maeder machte das Beste daraus und bot neue Angebote an: zum Beispiel «We Stay for a Meal», was bis heute noch sehr beliebt ist. An seinen Mitarbeitern hat er festgehalten. Und diese danken es ihm mit jahrelangen, eher jahrzehntelanger Treue zum Betrieb. Und warum konnte Maeder die Krise so gut überstehen? «Schon in jungen Jahren habe ich gelernt, dass man etwas auf die Seite legt, sodass man in schwierigen Zeiten oder Krisen Reserven hat», erzählt Maeder. Heute setze man neben dem klassischen Hotelbetrieb noch auf die Schiene Meetingbranche und Eventbranche.
Ab September Einsitz im Grossen Rat
Als René Maeder erfuhr, dass er für Matthias Matti (Die Mitte) in den Grossen Rat nachrücken würde, gab es zuerst einmal eine Familienzusammenkunft.
«Wir haben das in der Familie besprochen und alle stehen hinter mir, wenn es darum geht, den nächsten Schritt ins Rathaus nach Bern zu machen», erklärt Maeder. «Ich möchte nicht nur drei Sessionen im Grossen Rat bleiben. Ich möchte gezielt mein Fachwissen und Können einbringen. Alles kann und muss man ja nicht wissen. Dafür haben wir Spezialisten in unserer Partei», nimmt René Maeder recht selbstbewusst Stellung.
Der diplomierte Hotelier und Gastgeber setzt sich für eine liberale und konsensorientierte Politik ein, bei der faktenbasierte Argumentation und Dialog im Vordergrund stehen. «Ich habe die Führung vom Hotel Doldenhorn und vom Landgasthof Ruedihus schon lange an meinen Junior Patric E. Maeder übergeben. So habe ich nun Zeit für das Amt als Grossrat», liess Maeder wissen. Maeder ist seit vielen Jahren politisch aktiv: Er war von 1989 bis 2009 und nun erneut seit 2021 Gemeinderatspräsident von Kandersteg. «Wir suchen immer Lösungen mit anderen Parteien», so Maeder. Der Kandersteger ist Mitglied zahlreicher Gremien, darunter im Verwaltungsrat der Licht- und Wasserwerk AG, als Gemeindevertreter im Projekt «Ehemaliges Munitionslager Mitholz» und Vorstand der Planungsregion Kandertal und Einsatzgruppe «Spitze Stei».
«Ein Wermutstropfen bleibt», bedauert René Maeder: die Demission als Laienrichter. «Neben meinen bisherigen Aufgaben war ich während Jahren am Regionalgericht Bern-Mittelland tätig – eine spannende Aufgabe. Es gab mir Einblicke in eine ganz andere Welt als die des Hoteliers. Ich wurde mit Schicksalen konfrontiert, musste mich in vielen juristischen Belangen weiterbilden und konnte dennoch meine Lebenserfahrung einbringen. Nächste Woche habe ich meinen letzten Einsatz. Zugunsten des Grossratsmandats muss ich dieses Mandat aufgeben Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, aber ich habe mich bewusst für den Grossen Rat entschieden.»
Nachhaltigkeit ist Maeder wichtig
René Maeder setzt sich für eine nachhaltige Entwicklung ein. Zentrale Themen sind die erneuerbaren Energien, Minergie-Bauweise, Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und E-Mobilität. Er betont die Bedeutung der Gemeindeautonomie und fordert eine stärkere Berücksichtigung ländlicher Interessen bei der Raumplanung. Dabei sieht er den Stadt-Land-Graben eher als Lösungsansatz. «Wir müssen mehr Verständnis für den ländlichen Raum abholen. Was in Bern möglich ist, ist nicht zwingend für das Oberland umsetzbar», findet der Mitte-Politiker. René Maeder verkörpert die Verbindung von Tradition und Fortschritt – als Hotelier, Politiker und Bürger von Kandersteg. Sein Wirken zeigt, wie lokale Verantwortung und unternehmerische Vision Hand in Hand gehen können.
Chancen und Herausforderungen
In Bezug auf den Tourismus beschäftigt Maeder unter anderem die Airbnb-Problematik. Hinzu kommt der stark gestiegene Tagestourismus – eine Entwicklung, die in vielen Regionen zum Overtourismus führt. «Es muss über Belastungsgrenzen und nachhaltige Entwicklung nachgedacht und nach tragfähigen Lösungen gesucht werden», meint der Kandersteger. Gleichzeitig sei klar: Ohne Tourismus könne das Dorf wirtschaftlich nicht überleben. Arbeitsplätze, Infrstrukturen und das kulturelle Leben hängen direkt oder indirekt von den Gästen ab. Die zentrale Frage sei daher nicht das «Zuviel» oder «Zuwenig», sondern welcher Weg für Kandersteg der richtige sei. Diskutiert werden unter anderem auch die Einführung einer Tageskurtaxe oder rechtliche Grundlagen für eine Zutrittsbeschränkung.
Auch in der Gastronomie bestehe Handlungsbedarf. Branchenvertreter fordern eine zeitgemässe und einheitliche Bewilligungspraxis für alle Betriebe. Auch würden zum Teil noch überholte Regelungen angewendet, die im internationalen Vergleich nicht mehr konkurrenzfähig seien.
Die Rolle der Verwaltungskreise
Während seiner 25-jährigen Tätigkeit in der Gemeindepolitik hat René Maeder den Übergang von den Amtsbezirken zu den Verwaltungskreisen sowie die veränderte Rolle des Regierungsstatthalteramts miterlebt. Einige Aufgaben seien ganz oder teilweise weggefallen – etwa durch die Einführung der KESB oder die Schaffung regionaler Bauverwaltungen.
Besonders für Berggemeinden bedeutsam seien die restriktiven gesetzlichen Vorgaben des Raumplanungsgesetzes, bei denen die Verwaltungskreise keine Entscheidungsbefugnis hätten, da diese dem nationalen und kantonalen Recht unterliegen. Auch die einst zentrale Aufgabe, die Interessen der Gemeinden und der Bevölkerung zu vertreten, habe sich gewandelt: Heute fungierten die Verwaltungskreise oft nur noch als Vollzugsbehörden des Kantons.
Im Berner Rathaus freut man sich
«René Maeder ist als erster Ersatz auf der Liste und hat seine Bereitschaft erklärt, dieses wichtige Amt zu übernehmen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm», meint André Roggli, Co-Präsident von Die Mitte Kanton Bern, und sieht viel Potenzial im Kandersteger. «Er ist ein engagierter Politiker und seit vielen Jahren Gemeindepräsident von Kandersteg. In der Region ist er sehr gut vernetzt und kennt die Anliegen und Bedürfnisse der Bevölkerung», lobt André Roggli. «Als Unternehmer und Tourismusexperte wird er unsere Fraktion bereichern. René Maeder hat sich unter anderem auch im Zusammenhang mit dem Spitze Stei als Krisenmanager bestätigt. Er ist in der Lage, in herausfordernden Situationen wirksame Massnahmen zu ergreifen. Als Hotelier und Arbeitgeber ist René Maeder gewohnt, optimale Lösungen für die Gäste und somit sicher auch für die Kantonsbevölkerung zu finden.»
MICHAEL SCHINNERLING
Der Adelbodner Gemeinde-Obmann Willy Schranz erklimmt eine weitere Stufe in seiner Polit-Karriere. Der angehende Grossrat erzählt, wie er berufliche und private Konflikte angeht, und wo er Kraft schöpft.
«Es gehört nicht zu meinen Vorlieben, mich selbst in den Vordergrund zu rücken. Doch es ist ja niemand gezwungen, diesen Beitrag hier im ‹Frutigländer› zu lesen», meint der Gemeinde-Obmann und Neu-Grossrat Willy Schranz mit einem Schmunzeln auf die Anfrage zu diesem Porträt.
Von Bohnenstangen und «Chuechetröli»
Willy Schanz ist ein Ur-Adelbodner, aufgewachsen mit vier Geschwistern in der Oey. «Ich erinnere mich gerne an meine Jugendzeit. Wir waren alle skibegeistert und steckten auf dem Hang hinter unserem Haus mit den Bohnenstangen unserer Mutter Slaloms aus.
Mein älterer Bruder Ruedi wagte sich einst über eine grosse, selbst gebaute Sprungschanze. Er überlebte den kühnen Satz schadlos, die Ski unseres Vaters jedoch nicht, die er für diesen Zweck ‹geliehen› hatte». Wenn Willys ältere Schwester Käthi mal ihre vier Brüder hüten musste, tat sie dies unter der Zuhilfenahme eines «Chuechetrölis» aus Mutters Küchenschublade, um sich den nötigen Respekt zu verschaffen.
Dachdecker, Skischulleiter, Projektverantwortlicher
Der junge Willy lernte den Schreinerberuf, wurde aber nie glücklich damit. Es folgten eine zweite Lehre als Dachdecker und anschliessend Weiterbildungen im kaufmännischen Bereich und die Ausbildung zum Schneesportlehrer. Sie ermöglichte einen weiteren beruflichen Schritt: die Leitung der Schneesportschule Adelboden – ein Amt, welches er sieben Jahre ausführte. «Ich habe in diesem intensiven Job viel gelernt. Die Führung von bis zu 80 Unterrichtenden hat mich gefordert, aber auch bereichert.» Schranz bezeichnet die Tätigkeit als eine der spannendsten, die er je geschultert hat. Seit 2011 arbeitet er in einer Seilbahnfirma im Kandertal als Projektleiter in Teilzeit, weil der 40-Prozent-Job als Gemeinde-Obmann kein Vollzeitpensum mehr zulasse.
Der Wechsel vom lebendigen Tourismus-Engagement mit seinen unzähligen persönlichen Kontakten zum «Schreibtischtäter» am PC ist ihm anfangs nicht leichtgefallen. Das neue Grossratsmandat wird den Beschäftigungsgrad weiter verkleinern. Willy Schranz ist kein Mensch, der sein ganzes Berufsleben einer einzigen Aufgabe widmet. «Sobald eine Arbeit zur Routine wird, halte ich nach Neuem Ausschau», meint er. Das erklärt seine vielfältige berufliche Biografie.
Von der Schulkommission in den Grossen Rat
Die politische Karriere von Willy Schranz begann als Mitglied der Schulkommission. Der ehemalige Gemeinderat Jakob Schwarz hatte ihn dazu motiviert. Der nächste Schritt zum Gemeinderat war 2016 nur logisch. Nach seiner Wahl war für Schranz klar: Nun galt es, einer Partei beizutreten, um für die Bürgerinnen und Bürger fassbar zu werden.
Weil er sich politisch eher rechts verortet und ein religiöses Fundament hat, lag die EDU nahe. Er verhehlt jedoch nicht, dass die Partei in seinen Augen in gewissen Themen gelegentlich etwas konservativ sei. Seit dem 1. Januar 2024 führt Schranz das Gremium an. Wohl übernimmt er gerne die Führung und schätzt den Entscheidungsspielraum, doch er weiss seine Macht einzuordnen: «Der höchste Adelbodner ist nicht der Obmann, sondern das Volk», sagt er. Bei aller Freude an der Lokalpolitik: Manchmal ärgert sich Schranz über die Trägheit der Verwaltung. «Wir sind dazu da, dem Bürger und der Bürgerin zu helfen und aufzuzeigen, was möglich ist. Verhinderungskultur ist fehl am Platz.» Ob er daran in seiner neuen Rolle etwas verändern kann?
Denn nun folgt der nächste Schritt seiner Karriere, ins Kantonsparlament. «Dort muss ich nicht nur das Wohl des Kandertals im Auge behalten, sondern für den ganzen Kanton denken», ist ihm bewusst. Schranz verschweigt jedoch nicht, dass sein Herz für die Tourismusregionen schlagen wird.
Ein Selbstzweifler mit Führungswille
Bei aller Freude am Führen: Willy Schranz sieht sich auch als Selbstzweifler, der sich und seine Entscheidungen immer wieder infrage stellt. Das mag man als Schwäche oder als Stärke auslegen. Der künftige Grossrat ist dank seiner ruhigen und überlegten Art ein Vermittler. Es ist ihm wichtig, ein guter Zuhörer zu sein und gegensätzliche Ansichten in einem Kompromiss zu vereinigen. «Auch wenn unsere Meinungen im Gemeinderat gelegentlich hart aufeinanderprallen: Wenn wir eine Lösung gefunden haben und die Sitzung vorbei ist, lassen wir die Meinungsverschiedenheiten hinter uns», beschreibt er das Klima im Rat. Als Schwäche schätzt er seine gelegentlich aufbrausende Art ein: «Ich nerve mich, wenn jemand Entscheidungen hinterfragt, an der er oder sie selbst beteiligt war. Da kann ich schon mal laut werden», lässt er wissen. Ihm ist bewusst, dass Poltern nicht zum Ziel führt, und er ärgert sich im Nachhinein über sich, wenn sein Temperament mit ihm durchgegangen ist.
Willy Schranz ist in der evangelischen Kirche gross geworden und gehört keiner Freikirche an. Er ist überzeugter Christ und glaubt an die göttliche Fügung. Der Obmann sieht sich jedoch nicht als religiöser Verkünder. «Ich versuche, den Glauben zu leben und meine Überzeugung durch Taten spürbar werden zu lassen. Der liebe Gott hat mich wohl eher als Politiker, denn als Evangelisten vorgesehen», umschreibt Schranz seinen religiösen Weg. Seine persönlichen Erlebnisse mit Gott hält er in einem Tagebuch fest. Zu seinem christlichen Fundament passt auch einer der beiden Gegenstände, welche er bei einer plötzlichen Evakuierung mitnehmen würde: Es ist die Bibel, begleitet von seinem Notebook. Beide widerspiegeln die Ansicht des vielbeschäftigten Politikers, dass sich Glaube und modernes Leben ohne weiteres vereinbaren lassen.
Sein Vorbild ist der Reformator Martin Luther. «Ich bewundere seinen Mut und die Zivilcourage, als er etwa dem korrupten Ablasshandel des damaligen Klerus entgegentrat.»
Bergwanderungen und Hochtouren
Wie lassen sich Beruf, Exekutiv-Amt und Legislativ-Mandat miteinander verbinden? Bleibt noch Zeit fürs private Leben?
Auch diese Frage hat sich der 56-Jährige gestellt. «Es muss noch genügend Zeit verbleiben, die ich mit meiner lieben Frau Mila auf Wanderungen in der nahen und weiteren Region verbringen darf», sagt er. Die Liebe zur Natur ist dem Paar gemeinsam. Willy hat vor Jahren das Klettern entdeckt. Grössere Hochtouren nimmt er an der Seite seines Neffen in Angriff, einem ausgebildeten Bergführer. Mila mag es etwas weniger anspruchsvoll: «Die Natur und die Berge geben mir Kraft. Eine frühmorgendliche Tour auf den Bunderspitz ist eine Energiequelle.»
Mutter Milas soziale Ader
Willy Schranz ist in zweiter Ehe mit Mila verheiratet. Er spricht mit Hochachtung von seiner Ehepartnerin: «Mila hat mir während all der Jahre den Rücken freigehalten.» Das Paar verstehe sich mittlerweile beinahe blind, schildert er ihre Beziehung. «Sind wir mal uneinig, räumen wir den Konflikt vor dem Zubettgehen aus. Wir halten uns an das Bibelzitat: ‹Lasset die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.›»
Die beiden gemeinsamen Kinder des Paares Nina (24) und Andrin (22) sind beide in sozialen Berufen tätig. Das ist kein Zufall. Ihre Mutter ist Arbeitsagogin in der Stiftung Bad Heustrich. Willy Schranz hatte insbesondere während seiner Zeit als Skischulleiter wenig Zeit für seine Kinder. «Ich habe ihnen nicht immer die Aufmerksamkeit gewidmet, welche sie von mir erwarten durften, und habe mir für meine Aufgabe als Vater zu wenig Zeit genommen. Trotzdem ist unser Verhältnis ungetrübt.» Das bevorstehende, zeitraubende Grossratsmandat wird zumindest nicht mehr mit väterlichen Pflichten zusammenfallen.
RETO KOLLER