Der Erheblichkeitsantrag wird noch zu reden geben
12.06.2019 Aeschi, Aeschiried, PolitikBis zum Traktandum «Verschiedenes» ging die Gemeindeversammlung vom Freitag, 7. Juni, zügig voran. Sämtliche Geschäfte wurden kommentarlos angenommen. Dann verlangte eine Einwohnerin, dass Stimmberechtigte im Falle weiterer Installationen von 4G-Antennen künftig mitreden ...
Bis zum Traktandum «Verschiedenes» ging die Gemeindeversammlung vom Freitag, 7. Juni, zügig voran. Sämtliche Geschäfte wurden kommentarlos angenommen. Dann verlangte eine Einwohnerin, dass Stimmberechtigte im Falle weiterer Installationen von 4G-Antennen künftig mitreden sollen.
KATHARINA WITTWER
«Weil bei dem Thema ein gesundheitlicher Aspekt vorliegt, stelle ich den Antrag, dass künftige Bauvorhaben der Telekommunikation (Antennen, Router, Umrüstungen usw.) in der Gemeindeversammlung traktandiert, debattiert und demokratisch beschlossen oder abgelehnt werden. Dies gilt auch für private Personen, welche Installationen errichten möchten.» So der Wortlaut des Antrages von Salome Lanz.
«Vor vollendete Tatsachen gestellt»
Seit einigen Monaten steht auf dem Dach des Schulhauses Aeschiried eine 4G-Antenne der Swisscom. Noch ist sie nicht in Betrieb. Die Gemeinde hat im Februar 2018 mittels Pressebericht über die geplante Antenne informiert, auch der «Frutigländer» hatte berichtet. Das Baugesuch war dann während der Sommerferien 2018 im «Frutiger Anzeiger» publiziert worden. Einsprachen gab es keine, allerdings waren damals viele Anwohner ferienhalber abwesend.
«Wir als mündige Bürger wurden quasi vor vollendete Tatsachen gestellt, und dagegen wehre ich mich», erklärte die Antragstellerin. Lanz hat auf die Schnelle 70 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt und dabei grosse Solidarität und Unterstützung gespürt. Viele hätten Angst, die Telekomanbieterin baue die Antenne über kurz oder lang ohne weitere Baubewilligung auf den G5-Standard aus. Doch die gesundheitlichen Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Umwelt seien nicht absehbar oder gar bedenklich.
Auf dem Dach des Werkhofes im Mustermattli stehen Profile für eine weitere derartige Antenne. An der Kirchgemeindeversammlung vom 20. Juli wird in Traktandum 4 über eine dritte geplante 4G-Antenne im Kirchturm informiert.
An der nächsten Versammlung traktandiert
«Wir erhalten immer wieder Reklamationen, weil bei uns der Handyempfang schlecht ist. Mit der Bewilligung dieser Antenne entsprachen wir dem Wunsch vieler», begründete Gemeindepräsidentin Jolanda Luginbühl das Vorgehen des Gemeinderates.
Der Antrag aus der Bevölkerung wurde zu einem Erheblichkeitsantrag. Das heisst, die Anwesenden beschlossen, dass dieser an der nächstfolgenden Gemeindeversammlung traktandiert werden muss. Nach einer sachlichen Diskussion stimmten 43 Personen zu, 23 waren dagegen, 33 enthielten sich der Stimme. Der Gemeinderat muss dieses Thema nun erarbeiten, damit an der Gemeindeversammlung vom 29. November darüber befunden werden kann. Aus der Versammlung wurde angeregt, Fachpersonen aus verschiedenen Bereichen zu einem öffentlichen Infoanlass einzuladen.
Verabschiedung, Ehrung, Informationen
Hauswart Martin Müller hat wegen der Erweiterung des Primarschulhauses seine Pensionierung ein Jahr hinausgeschoben und geht Ende Juni in den Ruhestand. Jolanda Luginbühl verabschiedete ihn mit grossem Dank für seinen Einsatz und mit einem Geschenk. Ebenfalls ein Präsent überreichte sie Beat Lengacher für 20 Jahre als Chef Werkhof. Thomas Knupp, zuständig fürs Ressort Tiefbau, dankte der Bevölkerung für die Geduld während der noch nicht ganz abgeschlossenen Sanierung der Scheidgasse. Im Juli wird die Strasse wegen Belagseinbau zwei Nächte in Folge komplett gesperrt sein. Wann genau, bestimmt der Wetterbericht. Die Daten werden bekannt gegeben, und die Zufahrt für Notfallfahrzeuge ist gewährleistet.
Positives konnte Christian Däpp (Gemeinderat Ressort Volkswirtschaft) vermelden. Seine aktuell grössten Projekte, das Primarschulzentrum und die Hochwasserverbauung im Suldgraben, seien auf Kurs – sowohl zeitlich als auch finanziell.
Neu in die Schulkommission wurde Matthias Klopfenstein gewählt. Die 99 anwesenden Stimmberechtigten (5,9 Prozent) stimmten ausserdem der Rechnung 2018 zu mit einem Aufwandüberschuss von 23 138 Franken, Nettoinvestitionen von 3 272 962 Franken sowie einem Ertragsüberschuss in der Erfolgsrechnung von 26 800 Franken. Von der Versammlung ebenfalls angenommen wurden die Reglemente über die Mehrwertabgabe und für die Spezialfinanzierung Burger.
Die 5G-Diskussion – darum geht es
Grundsätzlich ist die Übertragungstechnik des 5G-Standards dieselbe wie beim aktuellen 4G-Standard. Die zuständigen Behörden vertreten deshalb den Standpunkt, dass 5G im Rahmen der geltenden Grenzwerte unbedenklich sei.
Die Wirkung des neuen Mobilfunkstandards ist in einigen Punkten jedoch schwierig abzuschätzen. Zusätzlich zu den heutigen wird 5G neue Frequenzbereiche nutzen. Einer davon liegt zwischen 3,4 und 3,7 Gigahertz, was als relativ unproblematisch angesehen werden kann: Schon seit Jahren senden Zigtausend WLAN-Router im Bereich um 5 Gigahertz, ausserdem viele Wetterradare.
Die Befürchtungen sind denn auch eher in die Zukunft gerichtet. In ein paar Jahren sollen 5G-Antennen im Bereich oberhalb von 24 bis 86 Gigahertz senden. Für diesen hohen Frequenzbereich liegen kaum Erfahrungswerte vor, welche Auswirkungen er auf Mensch und Tier hat. Was man heute schon weiss: Die «Heizwirkung» elektromagnetischer Wellen nimmt bereits oberhalb von 10 Gigahertz zu. Das heisst: Gewebe, das solcher Strahlung ausgesetzt wird, erhitzt sich an der Oberfläche schneller. Versuche an Ratten haben zudem gezeigt, dass intensive Strahlung tumorfördernd wirken kann.
Eine weitere Schwierigkeit: Die gegenwärtigen Vorschriften berücksichtigen nicht, dass 5G-Sender ständig ihre Strahlrichtung anpassen werden. Wegen der kürzeren Reichweiten sind für 5G schliesslich mehr Antennen nötig, weswegen Kritiker eine generelle Zunahme der Strahlenbelastung befürchten.
Neben all diesen Unwägbarkeiten bleibt jedoch festzuhalten: Deutlich strahlenwirksamer als Antennen sind die Handys selbst: Bei schlechter Verbindung strahlt ein Mobiltelefon tausendfach stärker als jeder Sendemast.
POL