Die Gemeinde wird zur Stromproduzentin
12.06.2019 Reichenbach, Kiental, PolitikWasserkraftwerk, Gemeinschaftsgrab und Schulsozialarbeit: Alle Kreditgeschäfte gingen an der Gemeindeversammlung vom Donnerstag ohne Gegenwind durch. Diskussionen gabs nur an vermeintlichen Nebenschauplätzen.
BIANCA HÜSING
Lag es an der Informationspolitik der ...
Wasserkraftwerk, Gemeinschaftsgrab und Schulsozialarbeit: Alle Kreditgeschäfte gingen an der Gemeindeversammlung vom Donnerstag ohne Gegenwind durch. Diskussionen gabs nur an vermeintlichen Nebenschauplätzen.
BIANCA HÜSING
Lag es an der Informationspolitik der Gemeinde oder war es der gute Ruf der Wasserkraft, der das eindeutige Abstimmungsergebnis begünstigte? Mit einer Ausnahme gaben die versammelten Bürger (anwesend waren 110 Stimmberechtigte) dem geplanten Wasserkraftwerk Howald jedenfalls volle Rückendeckung – obwohl das Projekt nicht eben günstig und auch etwas ungewöhnlich ist. Zusammen mit der Brunnengenossenschaft Lehenweide will die Gemeinde eine Aktiengesellschaft gründen und ein Trinkwasserkraftwerk bauen. Dieses soll die Wasserversorgung im Gebiet Lehenweide sicherstellen und nebenbei Strom produzieren. Die zuständigen Ingenieure rechnen mit 500 000 Kilowattstunden pro Jahr. Dafür muss Reichenbach zwar zunächst in die Tasche greifen – mit über einer Million Franken beteiligt sich die Gemeinde am Bau des Kraftwerks. Doch auf lange Sicht könnte durch den Verkauf des Stroms sogar Geld zurückfliessen. Diese «Erfolgrechnung» rief zunächst einige Fragen im Publikum hervor, wurde dann jedoch offenbar akzeptiert. Der Kredit wurde angenommen, der Baubeginn ist noch für dieses Jahr geplant (die Bewilligung liegt bereits vor).
Etabliert nach dem Pilotprojekt
Noch schneller ging die Einführung der Schulsozialarbeit über die Bühne: Ohne Rückfragen und mit nur zwei Gegenstimmen bewilligte die Versammlung den jährlichen Verpflichtungskredit von 40 000 Franken. Nachdem bereits das dreijährige Pilotprojekt mit grossem Mehr angenommen worden war, scheint sich die Schulsozialarbeit in Reichenbach nun gänzlich etabliert zu haben – und das trotz der Abstriche, die man wird hinnehmen müssen. Weil die Schulsozialarbeit mit den beschlossenen 160 Stellenprozenten nicht jedes Gebiet in gleicher Weise berücksichtigen kann, wird das Angebot wohl künftig reduziert – wahrscheinlich im Bereich Prävention, wie Gemeinderat Jürg Lüdi wissen liess. «Wir sind aber der Meinung, dass das Angebot unseren Bedürfnissen gerecht wird, zumal es im Bereich Prävention andere Anlaufstellen gibt.»
Auch mit der Art und Weise, wie der Gemeinderat das Friedhofsprojekt nach der letztjährigen Kritik verschlankt hat, zeigte sich die Versammlung zufrieden. Eine sehr deutliche Mehrheit hiess den Kredit von 170 000 Franken für die Neugestaltung des Gemeinschaftsgrabs gut (der «Frutigländer» berichtete).
Zwei Gegenanträge scheiterten
Diskussionen gab es nur an Stellen, wo sie manch einer vielleicht nicht erwartet hätte. Zum Beispiel im «Verschiedenen», als ohne vorliegenden Grund eine kleine Debatte über den neuen Mobilfunkstandard 5G entbrannte – ausgelöst durch die Frage eines Bürgers, wie der Gemeinderat dazu stehe.
Auch die Kürzung des Beitrags an die Weggenossenschaft von 94 500 auf 82 000 Franken rief Kritiker auf den Plan: Ein Bürger war der Auffassung, 32 000 Franken müssten reichen – dies vor dem Hintergrund, dass andere Gemeinden keine solche Entschädigung auszahlten. Er formulierte einen entsprechenden Gegenantrag, der wiederum einen Gegenantrag provozierte. Dieser forderte, es bei der Höhe der aktuellen Entschädigung zu belassen. Durchgesetzt hat sich am Ende der Antrag des Gemeinderats.
Interessant war überdies eine Nebenbemerkung des Finanz-Gemeinderats Toni Imsand. Als dieser die wiederholt erfolgreiche Jahresrechnung einordnete, sprach er eine mögliche Steuersenkung an, wie er sie bereits im Vorjahr erwähnt hatte. Aktuell sei diese kein Thema, meinte Imsand. Sie könne aber allenfalls bei der Budgetplanung im Herbst diskutiert werden. Diese Bemerkung blieb ohne Reaktionen.