Natural Sound Premiere
09.07.2019 Reichenbach, Kiental, KulturNatural-Sound-Premiere
Zum ersten Mal überhaupt trat Steff la Cheffe am letzten Samstag in einer akustischen Dreierformation auf. Sie begeisterte mit ihrer Kombination aus Gesang, Rap und Beatboxen. Das familiäre Festival bot aber noch ganz andere musikalische ...
Natural-Sound-Premiere
Zum ersten Mal überhaupt trat Steff la Cheffe am letzten Samstag in einer akustischen Dreierformation auf. Sie begeisterte mit ihrer Kombination aus Gesang, Rap und Beatboxen. Das familiäre Festival bot aber noch ganz andere musikalische Leckerbissen. GALERIE
BENJAMIN HOCHULI
Ein ziemlich breites Feld an Musikern erwartete die Zuhörer des insgesamt bereits 17. Natural Sound Open Airs im Kiental. Besonders viele Gäste wurden am Samstag durch den Headliner Steff la Cheffe angelockt. Wer auf die 32-jährige Bernerin wartete, musste sich allerdings noch etwas gedulden.
Auch ohne Sonne eingeheizt
Begonnen wurde der Festivalsamstag mit sanften Klängen der in Irland geborenen und seit 20 Jahren in der Schweiz lebenden Clíodhna Ní Aodáin, besser bekannt unter dem Künstlernamen Celtic Cello. Ihr Konzert fand auf der in diesem Jahr neu dazugekommenen, kleinen Bühne statt. Diese war im Neubau des Kientalerhofs untergebracht.
Den Start auf der Hauptbühne machten B-Loose (Bettina Klöti und Oli Hartung) gefolgt von der niederländischen Reggae-Sängerin Samora und The Cotton Mafia feat. Trummer. Nach einer kurzen Schlechtwetterphase brachten die Musiker von Fusion Square Garden mit ihrem Mundartreggae die Sonne wieder zurück ins Kiental.
Mehr und mehr verschwand die Sonne dann allerdings hinter den Bergen, was theoretisch zu einem Temperaturrückgang hätte führen müssen. Praktisch sah das aber ganz anders aus, denn die vier älteren Herren von Pirelli & The Pancakes heizten auf der Bühne mit ihrem «Italo-Roll senza Rock» mächtig ein. Leadsänger Jerry Milano lieferte eine leidenschaftliche und energiegeladene Show ab. Als Überraschung verliess er die Bühne und verteilte mit seinem italienischen Charme Rosen unter den Zuhörern. Die Band nahm das Publikum mit auf eine Zeitreise.
Liebeskummer und Identität
Das Natural Sound Open Air ist bekanntlich sehr familienfreundlich. So kann das eigens mitgebrachte Fleisch an der Feuerstelle gebraten werden, es gibt ein kleines Wasserbecken zum Baden sowie diverse Spielgeräte. Davon machten die Kinder ordentlich Gebrauch.
Zu den Highlights der jüngsten Teilnehmer zählte aber auch der nächste Programmpunkt: Nach acht Jahren fand Steff la Cheffe den Weg zurück ans Natural Sound Open Air. Die vordersten Reihen gehörten den Kindern, einige von ihnen nahmen gar auf der Bühne Platz. Die Bernerin spielte hauptsächlich Lieder aus ihrem Album «Härz Schritt Macherin». Es waren jedoch auch Stücke im Set, die es nicht aufs Album geschafft hatten. Aber sie seien, so die Musikerin, «äbe scho no guet».
Die Hauptthemen des Albums sind Liebeskummer und Identität. «Steff» zeigt sich darauf so nahbar und verletzlich wie nie. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Stilrichtung. Gehörte sie früher noch ganz klar ins Hip-Hop-Genre, so sind die neuen Songs eher unter Pop einzuordnen. Ganz konnte sie es dann aber nicht lassen und spielte zum Schluss mit «Ha ke Ahnig» doch noch einen ihrer erfolgreichsten älteren Songs.
Nach dem Ausflug in die tiefgründigen Texte einer nachdenklichen Steff la Cheffe folgte mit Teeth and Tongue eine erfrischende Auflockerung. Der multikulturellen Band gelang es, die Menge nochmals richtig abzuholen. Kein Fuss blieb mehr still. Den perfekten musikalischen Abschluss am Samstagabend machte das Trio Tolyqyn auf der kleinen Bühne mit ihrer einzigartigen Mischung aus Blues und Trance.
NATURAL-SOUND-ORGANISATOR MARIO BINETTI IM INTERVIEW
«Frutigländer»: Herr Binetti, Gratulation zu einem familiären und abwechslungsreichen Natural Sound 2019, wie zufrieden sind Sie?
Wir sind sehr zufrieden. Das war sicherlich eine der schönsten von unseren insgesamt 17 Austragungen. Zudem waren wir natürlich froh und entspannt, dass das Wetter grösstenteils auf unserer Seite war.
Findet der Anlass nächstes Jahr wieder statt?
Das haben wir im Sinn, das Datum ist dann der zehnte bis zwölfte Juli.
Gibt es Änderungen?
Unser Konzept hat sich über die Jahre bewährt. Auch die kleine Bühne, die wir in diesem Jahr zum zweiten Mal hatten, ist beim Publikum gut angekommen. Die Konzerte dort sind intimer und persönlicher. Wir könnten uns für kommende Jahre dort auch etwas in Richtung Musik und Literatur vorstellen. Zudem denken wir darüber nach, künftig ein Konzert für Kinder zu organisieren, da wir sehr viele Familien bei uns haben.
Sie haben die vielen Familien angesprochen, wie locken sie diese ans Open Air?
Zu uns kommen seit jeher viele Familien. Das hat sich wahrscheinlich rumgesprochen, da solche Anlässe rar sind. Dazu kommt, dass Kinder bis 14 gratis Eintritt haben.
Wollen Sie mit dem Natural Sound künftig grösser werden?
Nein, das ist keine Option. Unser Gelände und die zwei Häuser geben den nutzbaren Platz vor. Zudem sind wir kein Open-Air-Anbieter im klassischen Sinne, ein grösserer Anlass wäre für uns logistisch und finanziell gar nicht möglich. Lediglich bei den Ticketverkäufen von Freitag und Sonntag hätten wir noch etwas Luft nach oben. Ansonsten sind wir schon jetzt am Limit.
Steff la Cheffe war ja bereits vor acht Jahren einmal hier im Kiental, pflegen Sie solche Kontakte?
Unser Open Air ist bei Musikern sehr beliebt. Viele kehren mehrmals zurück, zum Teil auch in anderen Bandkonstellationen. Viele unserer neuen Kontakte erhalten wir durch Musiker, die bereits einmal hier waren. Um grössere Namen anzulocken, sind wir mit unserem Budget allerdings sehr beschränkt.
Der Event ist vorbei – können Sie bereits einige Zahlen nennen?
Wir hatten über die ganzen drei Tage verteilt insgesamt 1800 Leute. Der Freitag ist dabei traditionell etwas schwächer. Finanziell ist es schwierig, jetzt bereits eine Aussage zu machen. Darin sind nämlich auch Bereiche wie Verpflegung und Unterkünfte enthalten. Wir hatten beispielsweise alle unsere 130 Betten belegt. Was ich mit Sicherheit bereits sagen kann: «Rauskommen» werden wir auf jeden Fall, Gewinn wird allerdings wohl nicht viel herausschauen.
Heuer war ja noch das Vogellisi-Festival in Adelboden am selben Wochenende. Haben Sie das gespürt?
Wir hatten studiert, ob wir das Datum deswegen ändern sollten, sind allerdings zum Schluss gekommen, dass es sich nicht «beisst». Schliesslich sind die beiden Zielgruppen ja doch sehr unterschiedlich.
INTERVIEW BENJAMIN HOCHULI