Die vorgezogene Zügelte
10.09.2019 Adelboden, GesellschaftDer angekündigte Schneefall setzte einem guten Alpsommer auf der Engstligenalp ein unerwartet frühes Ende. 450 Milchkühe, Kälber und Geissen machten sich bereits am Samstag auf den Weg zurück ins Tal.
Der angekündigte Schneefall setzte einem guten Alpsommer auf der Engstligenalp ein unerwartet frühes Ende. 450 Milchkühe, Kälber und Geissen machten sich bereits am Samstag auf den Weg zurück ins Tal. GALERIE FRITZ INNIGER Der gemütliche Abschluss blieb aus Die Gäste zückten ihre Kameras
Wenn die Älpler nach dem vergangenen Sommer gefragt werden, erklären sie nahezu einstimmig: «Einen solch guten Sommer haben wir selten erlebt. Dank des warmen Wetters und gelegentlicher Regenschauer wuchs von Anfang an immer wieder frisches Gras nach.» Dies wiederum bescherte den Sennen viel Milch. Doch nicht immer herrschte eitel Sonnenschein, wie einer berichtete. So habe es etliche schwere Gewitter mit Hagel gegeben, doch dieser sei glücklicherweise nur bis zur Vegetationsgrenze gefallen und habe keinen grossen Schaden angerichtet. Dieser insgesamt gute Alpsommer wurde nun am Wochenende frühzeitig abgebrochen.
Die Vorhersage der Meteorologen von Schneefall bis 1600 Meter abwärts brachte die Älpler in eine hektische Phase. Die offizielle Alpzeit hätte am Dienstag, 10. September, enden sollen, wurde nun aber auf den 7. September vorverschoben. Einige Sennen kamen sogar schon am Freitag ins Unter Birg. Gleichentags wurden einige Tiere per Lastwagen nach Frutigen abtransportiert. Nebst dem angekündigten Schnee brachte das eine gewisse Unruhe mit sich. Ein Senn meinte: «Das isch öppä bi Mensch u Tier glych. I gwüssä Umstend chömä sumi sofort ids triblä, u chömä so inä Stress ini, das het ma guet gmerkt.» Bei den Sennen selbst löst das Ende einer Alpzeit meist eine eher wehmütige Stimmung aus. Ebenso werden Touristen und Bergwanderer das vertraute Kuhglockengeläut und das in Ruhe weidende Vieh auf der Engstligenalp vermissen. Ein gemütlicher Abschluss des Sommers mit Verwandten und Bekannten, die sonst am Sonntag vor der Alpabfahrt noch kamen, um bei geselligem Beisammensein Abschied zu nehmen, blieb aus.
Nachdem am Montagmorgen das Vieh im Unter Birg gemolken und versorgt war, fuhren Transporter auf, damit die Tiere verladen und nach Frutigen gebracht werden konnten. Älpler, die in der Umgebung wohnen, begannen das Glockengeläute anzulegen und befestigten den von ihren Frauen vorbereiteten bunten Blumenschmuck an den Köpfen der Tiere. Besondere Hingucker waren Stollers geschmückte Viehherde und die Familie, die vom Grossvater bis zu den Kindern im «Sennenchutteli» den über fünfstündigen Fussmarsch über den Achsetberg bis zum «Ussere Hore» anführten. Einheimische wie Gäste zückten ihre Kameras, um diese Tradition bildlich festzuhalten.