Am Freitagnachmittag trafen sich Musikinteressierte zu einem Workshop, um gemeinsam zu improvisieren. Friedrich Gulda und der Star-Trompeter Wynton Marsalis lieferten die Steilpässe.
RETO KOLLER
Unter Leitung von Stewy von Wattenwil, dem Pianisten und Leiter der Swiss ...
Am Freitagnachmittag trafen sich Musikinteressierte zu einem Workshop, um gemeinsam zu improvisieren. Friedrich Gulda und der Star-Trompeter Wynton Marsalis lieferten die Steilpässe.
RETO KOLLER
Unter Leitung von Stewy von Wattenwil, dem Pianisten und Leiter der Swiss Jazz School, und seinem Kollegen, dem Bassisten Hans Ermel, liessen sich 16 Musikfans in die Welt der freien Improvisation einführen. Von Wattenwyl ist vor allem im Jazz, Pop-Rock und Blues zu Hause, Ermel tritt auch als klassischer Kontrabassist auf. Fünf Teilnehmerinnen brachten ihr eigenes Instrument mit, die restlichen begnügten sich mit Zuhören, Singen oder rhythmischem Klopfen.
Zwischen Normalität und Verrücktheit
Als Einstieg diente ein halbstündiger Videofilm samt Interviews des Musikgenies Friedrich Gulda. «Mich fasziniert zunehmend die sich verwischenden Grenzen zwischen Moralität und Verrücktheit», erzählte im Film der Wiener Nonkonformist, der sich auch als Jazzer und Komponist weltweit einen Namen machte und meist mit seinem charakteristischen runden «Käppi» auftrat.
Der Filmausschnitt war eine ausgezeichnete Vorbereitung auf das abendliche Konzert des Berner Symphonieorchesters und seines Cellisten Peter Hauser, das eine Komposition von Gulda zur Aufführung brachte (siehe Artikel oben). Gulda zeigte auf, mit welcher Genialität Mozart seine Kompositionen zu variieren vermochte – auch er war ein Improvisationskünstler ersten Ranges.
Improvisieren will gelernt sein
Vorerst führten Ermel und von Wattenwyl in das Wesen der Improvisation als Stegreif-Komposition und Verbindung von Bekanntem und Neuem ein. Dann war die Reihe an den mit Instrumenten versehenen Teilnehmerinnen. Schon beim Einstieg in die Praxis stellte sich heraus, dass Improvisieren gelernt sein will. Die Improvisationen zum weltbekannten Gospel- und Jazztitel «Oh When The Saints» gab die Vorlage zum gemeinsamen freien Musizieren.
Nach einer weiteren Filmsequenz mit dem Weltklassetrompeter Wynton Marsalis nahm das klangliche Geschehen noch mehr Farbe an. Marsalis improvisierte mit seinem Saxofonisten zum Ohrwurm «Happy Birthday To You». Nachdem die ohne Instrument angereisten Teilnehmer mit Schlaghölzchen ausgerüstet wurden, sich von Wattenwyl selber ans Klavier setzte und sich Festival-Assistentin Viviane Sonderegger kurzzeitig als hölzchenbewehrte Drummerin betätigte, wagte man sich mit viel Mut ins freie Musizieren vor.