SCMF: Die Hauptstädter mit Gulda glänzten
24.09.2019 Frutigen, KulturDas Berner Symphonieorchester überzeugte mit Spielfreude und mächtigem Klangvolumen. Höhepunkt war die Aufführung des Cellokonzertes des Wiener Ausnahmepianisten und Komponisten – Solist Peter Hauser schöpfte aus dem Vollen.
RETO KOLLER
In der Kirche gabs am ...
Das Berner Symphonieorchester überzeugte mit Spielfreude und mächtigem Klangvolumen. Höhepunkt war die Aufführung des Cellokonzertes des Wiener Ausnahmepianisten und Komponisten – Solist Peter Hauser schöpfte aus dem Vollen.
RETO KOLLER
In der Kirche gabs am Freitagabend was um und in die Ohren. Die Bläser des Berner Symphonieorchesters BSO, alle in würdiges Schwarz gekleidet, liessen Querflöte, Posaune, Saxofon und Tuba ertönen, als gäbe es kein Morgen. Die Spielfreude des Orchesters unter der schwungvollen Leitung des Saaner Dirigenten Philippe Bach riss das Publikum sofort mit.
Die Wundertüte des Musikgenies
Nachdem sich das Orchester mit den Rheinischen Kirmestänzen des deutschen Komponisten Bernd Alois Zimmermann so richtig warmgespielt hatte, nahm Cellist Peter Hauser an vorderster Stelle Platz. Die Formation verstärkte sich mit Schlagzeug und Gitarre. Der Höhepunkt des Abends stand bevor: Friedrich Guldas Konzert für Violoncello und Blasorchester – ein Erfolgsstück des 2000 verstorbenen Meisterpianisten und musikalischen Grenzgängers.
Schon die ersten Takte irritierten. Es swingte und jazzte, das Schlagzeug setzte sich erstmals in Szene. Dann ein abrupter Übergang zu fast kitschig-romantischen Celloklängen. Die Ruhe währte nur kurz, wieder begann das Orchester zu swingen. Und plötzlich war sie wieder da, die Alpenland-Idylle. So gings weiter im stetigen Stilwechsel. Gulda mixte unverfroren klassische Elemente von Schumann und Schubert mit Bigband-Jazz, kurzen, gegen die Harmonie gebürsteten Dissonanzen aus der Neuen Musik und Weisen, die er auch fürs Alphorn hätte komponieren können. Ein fast endlos langes Solo liess dem Cellisten mit seiner Vielfalt viel Raum. Peter Hauser nutzte diesen mit grossartiger Technik, Ausdruck und sichtbarer Begeisterung.
Am Kärntner Volksfest? Im Wiener Kaffeehaus?
Der letzte Satz brachte den Zuhörer vollends aus der Fassung. War er in einem Kärntner Volksfest gelandet? So klang es anfänglich – Blasmusik wie im Bierzelt. Das Schenkelklopfen war von kurzer Dauer. Plötzlich brach die Alpenland-Idylle in sich zusammen. Das Cello übernahm die Regentschaft. Erste Dissonanzen breiteten sich aus. Blitzschnelle, leise und geheimnisvolle Tonfolgen füllten den Raum. Unversehens kehrte die Dorfmusik zurück, diesmal von Hauser aufgenommen.
Unvermittelt wehten einige Takte Wiener Schmäh durchs Kirchenschiff. Leise, eindringliche Cello- und Gitarrenklänge wechselten mit den Bläsern ab. Dann gings wieder im Marschtakt voran, dem grossen Finale entgegen – fast wie im Zirkus. Die letzten Harmonien verklangen. Das Publikum zeigte sich hingerissen und feierte den Cello-Solisten.
Nach dem grossen Gulda-Furioso klang der Abend mit einem Werk von Richard Strauss aus. Der Frutiger Eduard Allenbach spielt selber Posaune und leitet den Posaunenchor Frutigen. Er war begeistert vom Abend: «Ich bin tief beeindruckt von der Spielweise der MusikerInnen und dem mitreissenden Programm. Es war ein grossartiges musikalisches Erlebnis.»