SCMF: Jodel, Jugend und flinke Finger
17.09.2019 Adelboden, KulturDie Konzertreihe startete mit einem Paukenschlag: Sängerin Nadja Räss, Musiker Markus Flückiger und das Zürcher Orchester Stringendo sorgten für einen famosen Auftakt.
RETO KOLLER
Der neue Festivalpräsident Peter Wüthrich begrüsste das Publikum in der gut ...
Die Konzertreihe startete mit einem Paukenschlag: Sängerin Nadja Räss, Musiker Markus Flückiger und das Zürcher Orchester Stringendo sorgten für einen famosen Auftakt.
RETO KOLLER
Der neue Festivalpräsident Peter Wüthrich begrüsste das Publikum in der gut besetzten Adelbodner Dorfkirche vorerst mit einer humorvollen und launigen kurzen Ansprache unter dem Motto «Begegnungen». Dann überliess er die Bühne den Akteuren. Den ersten Vorgeschmack auf das zu Erwartende gab die Solojodlerin Nadja Räss. Mit ihrer grossartigen Stimme und ihrer perfekten Technik bezauberte sie zusammen mit dem Schwyzerörgelivirtuosen Markus Flückiger das Publikum von der ersten Sekunde an. Dass die Zentralschweizerin das Jodellied anders interpretiert, dass sie sich nicht nur dem «Bluemete-Trögli» verpflichtet fühlt, war offensichtlich. Die melancholische Weise «Mariannelis Hoochsigsbett» des Einsiedler Mundartdichters Meinrad Lienert war ein Beweis dafür.
Schon beim dritten Lied begann das Publikum nach Aufforderung von Räss mitzusingen – ein Novum in der neunjährigen Geschichte des Festivals. Die begnadete Jodlerin beherrschte nicht nur die mächtigen Töne, mit denen sie die Kirche ganz alleine füllte. Wenn es fein und filigran wurde, perlten die Jodellaute wie kleine schillernde Seifenblasen über den Köpfen der Zuhörer und schwebten leise bis an die Decke des Kirchenschiffs, wo sie sachte verklangen.
Klassik trifft auf Volksmusik
Anschliessend kam Leben ins Kirchenschiff. 19 junge Leute, alle zwischen 14- und 20-jährig, füllten mit ihren Streichinstrumenten die Bühne. Das renommierte Zürcher Jugendorchester Stringendo liess keine Langeweile aufkommen und begann sein Programm mit Bela Bartoks mitreissenden rumänischen Volkstänzen. Das Verschmelzen von Klassik und Volksmusik wird in diesem Werk so deutlich wie in kaum einer anderen Komposition jener Zeit. Auch Dvorˇák, Brahms und Haydn griffen auf Volkstümliches zurück, wie das dynamische und klanglich ausgezeichnete Streichorchester unter der temperamentvollen Leitung des Dirigenten Jens Lohmann bewies. Ein besonderer Leckerbissen war das Volksstück «Rumänisch». Dass im Balkan die Violine mit unglaublichem Tempo gespielt wird, ist bekannt. Die junge erste Geigerin stand den dortigen Virtuosen um nichts nach.
Der Höhepunkt des Abends war das Zusammengehen von Räss, Flückiger und dem Streichorchester. Naturjutz, Jodellied und Zäuerli, eingebettet in Violine, Cello und Kontrabass – ein einmaliges Hörerlebnis! Wenn nur gerade die drei Violoncelli Räss begleiteten, ergab sich ein ganz besonders anmutiges Klangbild. «Wir wussten gar nicht, dass es Jodel auch ohne Liedtext gibt», liessen nach dem Konzert drei der jungen Musikerinnen wissen. Spätestens nach der ersten und einzigen Probe mit Räss und Flückiger wurden sie eines Besseren belehrt. Nachdem der letzte Jodel der Innerschweizerin verklungen war, bedankte sich diese beim Publikum und bei der Festivalleitung. «Ihr habt die beste Künstlerbetreuerin der Welt», rief sie begeistert aus, bevor man sich gemeinsam zum After-Concert-Apéro ins Hotel The Cambrian begab.