Der lange Weg zur gesetzeskonformen Wasserversorgung
04.10.2019 Frutigen, Politik10 Einsprachen, 3 Rechtsverwahrungen und 13 Fach- und Amtsberichte sowie Stellungnahmen waren abzuarbeiten. Nun endlich kann die Wasserversorgungsgenossenschaft Frutigen (WVG) das neue Notfall-Pumpwerk bauen.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Ueli Schneider freut sich. Noch in ...
10 Einsprachen, 3 Rechtsverwahrungen und 13 Fach- und Amtsberichte sowie Stellungnahmen waren abzuarbeiten. Nun endlich kann die Wasserversorgungsgenossenschaft Frutigen (WVG) das neue Notfall-Pumpwerk bauen.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Ueli Schneider freut sich. Noch in diesem Monat werden in der Oey die Bagger aufgefahren. Die WVG Frutigen war in den letzten 28 Monaten aber oft fast verzweifelt ob der Hürden, die dem Neubau des Grundwasserpumpwerks im Wege standen oder errichtet wurden. Schliesslich wollte man nur die Versorgungssicherheit von Frutigen sicherstellen. Da das heutige Pumpwerk im Guggigässli zwar eingezäunt, aber von Wohnhäusern umgeben ist, fehlt die gesetzeskonforme Schutzzone um den Wasserentnahmepunkt. Die Pumpen kommen nur zum Einsatz, wenn die normalen Quellen zu wenig Wasser ins Netz liefern oder wenn beispielsweise durch einen Grossbrand in kurzer Zeit ausserordentlich viel Wasser benötigt wird – es ist also eine Notfallanlage. Dennoch müssen die Vorschriften eingehalten werden. Es musste also eine Alternative her und so viele gibt es davon nicht.
In der Oey – rechtsufrig auf halber Strecke zwischen Viadukt und Kanderbrück – fand man einen geeigneten Standort. «Wir haben im Juli 2017 das Baugesuch eingereicht und gingen davon aus, dass bis Ende Jahr die Bewilligung vorliegen würde. Im Nachhinein waren wir wohl etwas zu optimistisch», sagt Ueli Schneider.
Eine Flut an Papier
Er nennt zwei Gründe, wieso erst jetzt gebaut werden kann: Es wurden 10 Einsprachen und 3 Rechtsverwahrungen eingereicht. Die Mehrheit davon wurde auch nach Verhandlungen unter der Leitung des Amtes für Wasser und Abfall (AWA) aufrechterhalten. Die Abarbeitung sei aufwendig gewesen. Für einzelne Einsprachen habe man aber durchaus Verständnis: Vor allem zwei Grundstückbesitzer seien mit ihren jeweiligen Landwirtschaftsbetrieben massiv betroffen. Alle von Einschränkungen Betroffenen erhalten jährliche Entschädigungen und die WVG übernimmt auch die Kosten der erforderlichen baulichen Massnahmen aufgrund der Schutzzonen.
Den Hauptgrund der Verzögerung ortet der WVG-Präsident aber bei der Bürokratie. «Das Fischereiinspektorat, der Oberingenieurkreis als wasserpolizeiliche Aufsicht und das AWA hatten unterschiedliche Auffassungen zu unserem Projekt», fasst er zusammen. Vom Kanton wurden 13 Fach- und Amtsberichte sowie Stellungnahmen verfasst. Und die Kosten trägt die WVG: Der Aufwand für die erwähnten Berichte, inklusive Bewilligung, beträgt über 22 000 Franken. Dazu kommt die Konzession für 40 Jahre von 42 000 Franken. «Beiträge an unsere Investitionen von geschätzten 1,9 Millionen Franken erhalten wir aber nicht», stellt Schneider klar.
Was passiert mit dem alten Pumpwerk?
Diese Geschichte will man jetzt rasch hinter sich lassen. Drei bereits im Herbst 2014 durchgeführte Sondierbohrungen haben die einwandfreie Qualität und genügend Wasser in der Oey bestätigt. Jetzt werden die 20 Meter tiefe Bohrung zur Wasserentnahme und eine Anschlussleitung unter der Kander durch zum Standort des heutigen Pumpwerks, mit Anschluss ans Verteilnetz, erstellt. Bis der Neubau voraussichtlich Ende Oktober 2020 ans Netz geht, ist das heutige Pumpwerk weiterhin in Betrieb. «Sowohl die Nutz- als auch die Trinkwasserversorgung war und ist jederzeit gewährleistet», betont Ueli Schneider. Was mit dem nicht mehr benötigten Gebäude im Guggigässli passiert, lässt er noch offen. «Im Vordergrund steht eine Umnutzung zur Wärmegewinnung aus dem Grundwasser.»
Frisches Wasser für rund 2200 Haushalte
Es gibt in der Gemeinde Frutigen einige private unabhängige Wasserversorgungen, wie beispielsweise im Herbis. Von den rund 6850 Einwohnern versorgt jedoch die WVG etwas mehr als 75 Prozent, was rund 2200 Haushalten entspricht. Hinzu kommen Landwirtschafts- und Gewerbebetriebe, Spital, Bahn etc. Durch die zahlreichen Neubauten in den letzten Jahren ist der Verbrauch leicht angestiegen. Aus den Quellen beidseits des Tales fliessen pro Minute durchschnittlich etwa 2500 Liter Wasser ins Verteilnetz. Als Reserve kann mit dem Grundwasserpumpwerk und seiner Leistung von weiteren 1000 Litern die Versorgung jederzeit gesichert werden.
HSF

