Russische Schwerlast-Hummel
08.10.2019 Frutigen, WirtschaftKonzipiert wurde er für die U-Boot-Jagd, heute ist er vor allem ein fliegender Lastesel: der Kamov-Helikopter. Nächste Woche wird er zwischen Adelboden und Frutigen im Einsatz sein und mithelfen, dass die Hauptstromleitung durchs Engstligtal verbessert werden kann.
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Konzipiert wurde er für die U-Boot-Jagd, heute ist er vor allem ein fliegender Lastesel: der Kamov-Helikopter. Nächste Woche wird er zwischen Adelboden und Frutigen im Einsatz sein und mithelfen, dass die Hauptstromleitung durchs Engstligtal verbessert werden kann.
MARK POLLMEIER
Von der Hummel heisst es, dass sie eigentlich gar nicht fliegen dürfte. Ihr rundlicher Körper, die kleinen Flügel und das im Verhältnis hohe Gewicht scheinen den Gesetzen der Aerodynamik zu widersprechen.
Wer am Boden einen Kamov-Helikopter sieht, könnte auf ähnliche Gedanken kommen. Sein Rumpf ist gedrungen und irgendwie zu gross geraten. Der kurze Stummelschwanz sieht auf den ersten Blick gar nicht nach einem Helikopter aus. Dann noch die zwei übereinander angeordneten Rotoren – kann sich dieses unförmige Ding überhaupt in der Luft halten?
Und ob es kann! Das sieben Tonnen schwere Ungetüm aus russischer Produktion wurde ursprünglich sogar für die U-Boot-Jagd konzipiert. Ein Vorgängermodell, der Ka-27, war in der Lage, getauchte Objekte während des Flugs bis zu einer Wassertiefe von 500 Metern zu orten und aus der Luft zu bekämpfen. Um den Einsatz auch in arktischen Regionen und bei schwerem Wetter zu ermöglichen, waren die Rotorblätter beheizt, das Gehäuse bestand aus besonders widerstandsfähigen, rostfreien Materialien. Diese Robustheit haben sich die heutigen Kamovs erhalten, auch wenn sie überwiegend zivile Verwendung finden.
In der Schweiz sind nur zwei Helikopter des russischen Herstellers registriert. Beide Maschinen vom Typ Ka-32A gehören der Heliswiss International AG aus Küssnacht am Rigi.
Die gegenläufigen Doppelrotoren der Kamovs werden von zwei leistungsfähigen Gasturbinen angetrieben, die es zusammen auf über 4000 PS bringen. Das reicht für eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 260 km/h, fordert aber seinen Tribut: Je nach Betriebsart werden pro Stunde mehrere Hundert und bis zu 1000 Liter Kerosin verbrannt.
Fünf Tonnen Nutzlast
Die in der Schweiz zugelassenen Kamovs werden allerdings selten als Reisevehikel gebucht, ihr Einsatzgebiet ist der Schwerlasttransport. Bis zu fünf Tonnen externe Ladung kann so ein Helikopter anheben – und damit noch eine Tonne mehr als der Super Puma, der Transporthelikopter der Schweizer Armee.
Wenn es also sperriges und sehr schweres Material zu transportieren gilt, wird häufig ein Kamov angefordert. Das war auch im August 2013 so, als in Adelboden die Masten der Kombibahn Geils–Hahnenmoos gesetzt werden mussten. Innerhalb weniger Stunden waren die zwölf Stützen montiert. Ein Jahr später flog wiederum ein Kamov die Otterebachbrücke an Ort und Stelle und schloss so die letzte Lücke im Spissenweg.
Stahlmasten für die Stromversorgung
Nächsten Montag wird in der Region wieder das laute Knattern des Doppelrotors zu hören sein. Dann nämlich wird die Hauptstromleitung zwischen Frutigen und Adelboden ausgebaut. 16 neue Stahlvollwandmasten müssen dazu im Bereich Gantengraben bis Holzach gesetzt werden, elf davon noch in diesem Jahr – ein Fall für den Kamov Ka-32A12.
Beim Installationsplatz im Bereich Chriesbaum und entlang der Installationsstrecke gelten an diesem 14. Oktober besondere Sicherheitsvorkehrungen. So rät die BKW als eines der beteiligten Unternehmen, beim Haus kein loses Material herumliegen zu lassen. Der gewaltige Luftstrom der eingesetzten Helikopter – neben dem Kamov eventuell auch der Super Puma – könnte die Gegenstände schlicht davonwehen. Landwirte werden gebeten, 100 Meter um die Installationsplätze der Masten kein Vieh weiden zu lassen. Eine Kuh würde zwar nicht gerade weggeblasen, durch das Rotorengeräusch aber unnötig gestresst.
Der Zugang beim Installationsplatz sowie zur Deponie Chriesbaum sei an diesem Tag nur eingeschränkt möglich, so die BKW. Es sei während der Flugeinsätze mit Wartezeiten zu rechnen.
Weitere Informationen zum Ausbau der 50/16kV-Hauptstromleitung Frutigen–Adelboden und zu den Einsatzzeiten der Helikopter finden Sie im aktuellen «Frutiger Anzeiger».