Der Duft von Holz begleitet ihn
29.11.2019 Frutigen, WirtschaftSeit Anfang Jahr leitet Philipp Schleiss die überbetrieblichen Kurse der Zimmerleute. Für den Vollblutpraktiker ist dies eine grosse Änderung in seinem Berufsleben. Die Motivation der jungen Lehrlinge treibt auch ihn stetig an.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Holz hat sein ...
Seit Anfang Jahr leitet Philipp Schleiss die überbetrieblichen Kurse der Zimmerleute. Für den Vollblutpraktiker ist dies eine grosse Änderung in seinem Berufsleben. Die Motivation der jungen Lehrlinge treibt auch ihn stetig an.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Holz hat sein Berufsleben geprägt und begleitet. Der 43-jährige gelernte Zimmermann hat auch eine Forstwartlehre in seinem Lebenslauf stehen. Und seit Februar steht Philipp Schleiss im Lohn von Holzbau Schweiz, Sektion Berner Oberland, und bildet in Frutigen Lehrlinge aus. Mit Begeisterung erzählt er von den Berufswettbewerben, von den ausgezeichneten Leistungen der jungen Berufsleute. Aktuell sind im Nebenraum zwölf Lehrlinge im Einführungskurs beschäftigt, begleitet von Schleiss’ Kollege Christian Lörtscher und punktuell unterstützt von Stefan von Allmen. Sie betreuen mit externer administrativer Unterstützung im Kurslokal beim Bahnhof pro Jahr bis zu 240 angehende Zimmermänner und Zimmerinnen aller vier Lehrjahre.
Die Vorteile von Frutigen
Die überbetrieblichen Kurse sind fester Bestandteil der Zimmermannslehre, um allen dieselben Grundkenntnisse zu vermitteln, die nicht in jedem Betrieb praktisch gelernt werden können. Insgesamt finden sieben von neun verschiedenen Kursen in Frutigen statt – vom Grundkurs über Maschinenanwendung bis zum Treppenbau. Staplerfahren und zwei Sicherheitskurse werden direkt in einer externen Firma mit den entsprechenden Fahrzeugen sowie der nötigen Infrastruktur durchgeführt. Für den gebürtigen Innerschweizer ist Frutigen ideal als Ausbildungsort: «Die Erreichbarkeit neben dem Bahnhof und die Nachbarschaft zur Berufsschule der Holzberufe sind ideal. So sind auch Absprachen und Fragen zwischen den Berufsschullehrern und uns sehr unkompliziert», begründet Philipp Schleiss. Dass von Gstaad oder Meiringen der Weg weit ist, ist nicht zu ändern. «Das wäre aber überall mit einem zentralen Kursort für einen Teil der Lernenden der Fall. Vorher war dieses Lokal ja in Wilderswil.» Und Frutigen könne wirklich stolz sein, diese Ausbildung anbieten zu können. Zentralisierung bedeute doch meist das Abwandern beispielsweise nach Thun.
Neue Ideen in der Ausbildung umsetzen
Über mangelnde Arbeit kann sich Schleiss nicht beklagen. Einerseits leitet er selber Kurse und andererseits hat er etliche Ideen für die Ausbildung, die noch in der Aufbauphase sind. Es geht dafür in den obersten Stock des Holzgebäudes neben der Sporthalle Widi. Der Geruch nach frisch verarbeitetem Holz verfolgt einen auf jedem Schritt. Dort oben steht ein Stück Dach, etwa fünf Meter breit und ebenso hoch, das aber nur halbfertig aussieht. «Daran kann jeder sein Wissen ausprobieren. So wird der Dachbau praktisch gelernt.» Und dieses Übungsdach soll noch erweitert werden. Er lässt sich die grosse Begeisterung für das Handwerk anmerken, die Praxis liegt ihm deutlich näher als der Papierkram.
Und auch die Lernenden gehen ihm nicht aus: Aktuell sind pro Lehrjahr rund 60 Jugendliche für die Kurse angemeldet, Tendenz durchaus leicht steigend. Das freut den Zimmermann zwar, zeigt aber auch den Bedarf nach zusätzlichen Ausbildnern auf. Mittlerweile sind fast in jedem Lehrjahr auch ein bis zwei Frauen in der Ausbildung, Tendenz ebenfalls steigend.
Schwächeren Schülern weiterhelfen
Im Eingangsbereich des Lokals stehen Arbeiten von Lehrlingen, klassische Balkenkonstruktionen, die genaue Berechnungen und präzise Fabrikation erfordern. Auch an Wettbewerben erzielen die Frutiger Lernenden regelmässig gute Plätze. Philipp Schleiss steht mit sichtlicher Freude daneben. Es sind gern gesehene Auszeichnungen, doch «fast lieber habe ich schwächere Schüler. Denen können wir mehr beibringen, sie weiterbringen, sie fördern.» Unterstützt wird die Ausbildung von Firmen, die ihre Produkte zur Verfügung stellen. Einerseits natürlich, damit angehende Berufsleute diese kennen, andererseits auch, um den richtigen Umgang damit zu lernen. Holz als Baustoff sei in den letzten Jahren vielseitiger geworden, die Produkte entsprechend vielfältiger. Er schätzt diese Zusammenarbeit als sehr wertvoll ein.
Er suchte Abwechslung
Seine Erfahrung aus den insgesamt zwölf Jahren Arbeit im Tal bei Allenbach Holzbau gibt er nun gern weiter. Dazwischen hat er aber auch immer wieder mal eine Auszeit in Form anderer Tätigkeiten eingestreut. So war er beispielsweise ein halbes Jahr bei der Firma Garaventa beschäftigt. «Ich half bei der Montage der Seilbahn ‹Peak 2 Peak› im kanadischen Whistler – eine Bahn von über 4000 Meter Länge.» Aber er kam immer wieder zum Holzbau zurück. Nun sagt der gebürtige Engelberger nachdenklich, dass er ein bisschen ruhiger geworden sei und diese neue Tätigkeit ihn ausfülle. Er habe etwas Neues gesucht – und gefunden.