Die Iglu-«Schnätzerin» der Engstligenalp
17.12.2019 Adelboden, TourismusSeit über zehn Jahren gibt es auf der Engstligenalp Fondue im Iglu – ein Angebot, das ständig erweitert wurde. Zur Schaffung einer heimeligen Atmosphäre verziert Schneebildhauerin Tina Allenbach die Innenwände jeweils mit speziellen Schnitzereien.
Seit über zehn Jahren gibt es auf der Engstligenalp Fondue im Iglu – ein Angebot, das ständig erweitert wurde. Zur Schaffung einer heimeligen Atmosphäre verziert Schneebildhauerin Tina Allenbach die Innenwände jeweils mit speziellen Schnitzereien. GALERIE KATHARINA WITTWER Sonne oder Mond über den Wolken? Nach dem Entfernen der Igluformer – überdimensionierte Luftballons, die am Vortag mit Kunstschnee überdeckt wurden – kommen die Innenwände nicht immer regelmässig zum Vorschein. «Es kann Luftlöcher haben und hier zum Beispiel sieht man einen dunklen Streifen», erklärt die Künstlerin. Solche «Unschönheiten» werden kreativ in ihre Werke integriert. Aus der dunkleren Schicht entsteht eben oberhalb der Bergkette ein Wolkenband. «Soll die Sonne durch dieses Band aufoder untergehen und wie viele Sonnenstrahlen soll ich aussägen?», fragt Galliker. Die drei treten einige Schritte zurück und betrachten das halbfertige Werk. Vielleicht wird aus der angedachten Sonne am Schluss ein Mond und das Problem mit den Sonnenstrahlen erübrigt sich … Gäste lieben Sonnenblumen, Kuhglocken und Edelweiss Den ganzen Winter Bau- und Unterhaltsarbeiten Mehr Informationen über die Iglus, zur Reservation sowie zu Bildhauerin Tina Allenbachs Schaffen finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html ZUR PERSON Tina Allenbach ist in Adelboden geboren und aufgewachsen. Nach einigen Jahren Praxis in ihrem Beruf als Pflegefachfrau absolvierte sie eine Zweitausbildung zur Holzbildhauerin. WI
Fünf Restaurations-Iglus sind bereits fertiggestellt. Weitere entstehen noch, sobald ideale Temperaturen und Luftfeuchtigkeit herrschen, um genügend Kunstschnee zu produzieren. Wie bei einem Haus benötigen auch «kühle Gaststätten» einen Innenausbau. Ruth Steiner von den Bergbahnen Engstligenalp AG ist die Iglu-Planerin und sie schätzt die jahrelange und unkomplizierte Zusammenarbeit zwischen dem Iglubauund dem Deko-Team.
Stromkabel liegen am Boden, Baustellenlampen beleuchten das Innere einiger Iglus, Leitern stehen bereit. Hier drinnen befindet sich für einige Tage Tina Allenbachs Arbeitsplatz. Die gelernte Holzbildhauerin darf zum fünften Mal die Innenwände der Bar-, Fondue- und Apéro-Iglus dekorieren. Heute wird sie fürs «Grobe» von ihrem Vater Christian Allenbach unterstützt sowie von Roger Galliker, einem guten Freund. Die Männer sind im grössten Raum beschäftigt und «schnätzen» die Konturen eines Bergpanoramas, welches Tina mit dem Spaten vorgezeichnet hat.
Im Nebenraum arbeitet Tina Allenbach währenddessen mit einem «Schröti», wie der einfache Spaten auf Adelbodendeutsch heisst, an einem Ahornblatt. Im Vorfeld hat sie mit Ruth Steiner die Themen der einzelnen Iglus besprochen. «Was ich daraus mache, entscheide ich kurzfristig und teilweise ganz spontan», so Allenbach. Bereits fertig ist der Kopf eines Merinoschafes mit eindrücklich geschwungenen Hörnern und in einem anderen eisigen Raum verläuft rundum ein grosszügiges Ornament. Geplant sind ein Sonnenblumen-, ein Kuhglocken- und ein Edelweiss-Raum, weil solche Bilder den Gästen gefallen. Am meisten zu reden gibt es erfahrungsgemäss in dem Iglu, an dessen Innenwänden bloss fiktive Fugen zu sehen sind. «Die Leute wollen wissen, ob dieses Iglu tatsächlich aus Schneeblöcken und von Hand gebaut wurde», schmunzelt Ruth Steiner. Und wie lässt es sich bei einer Temperatur von etwas über null Grad arbeiten? Die «Schnätzer» sind warm angezogen mit Mütze, zwei Paar Handschuhen und Schuhen mit dicken Sohlen. Ihre Arbeit ist schweisstreibend und hält sie warm. Während der Kaffeepausen werden die kalten Hände und Füsse wieder aufgewärmt.
Die ideale Innentemperatur eines Iglus wäre zwischen null und fünf Grad Plus. Durch die Körperwärme der Gäste, die Lampen und die Fondue-Rechauds steigt diese natürlich an. Die Dekoration tropft zwar nicht gerade von den Wänden, doch durchs langsame Abschmelzen werden Kanten flacher und Linien verlaufen nicht mehr gleichmässig. Deshalb ruht wegen Unterhaltsarbeiten der Gastgewerbebetrieb in den Iglus montags und dienstags. Auch wird der Boden schnell rutschig und muss mehrmals wöchentlich aufgeraut werden. Gegen Frühling macht die Reparaturequipe manchmal sogar ein Wärmeabzugloch in die Decke.
«In den ersten drei Wochen verändern sich die Bilder am schnellsten. Das will ich bewusst nicht sehen, sondern komme erst in der Hälfte der Saison hoch, um nachzubessern», verrät die Schneebildhauerin Tina Allenbach. Trotzdem verrichtet sie ihre vergängliche Arbeit ohne Wehmut. «Im Gegensatz zu einem beständigen Werk brauche ich hier nicht stundenlang zu ‹bäschele›, sondern kann bald einmal sagen: So, jetzt ist es gut!»
Heute arbeitet die 35-Jährige in Teilzeit als Atelierleiterin in einem Wohnheim in Bern und ist nebenbei als freischaffende Künstlerin tätig. Sie wohnt mit ihrer Familie in Kiesen.