Keine Sorge um den Standort Frutigen
24.12.2019 Frutigen, WirtschaftDie Bucher Hydraulics AG Frutigen steuert auf ein Jubiläum zu. Und auch sonst ist die Lage des Unternehmens durchaus zufriedenstellend. Regelmässig werden Arbeitskräfte gesucht.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
«Das ist unser neuster Roboter. Die letzte ...
Die Bucher Hydraulics AG Frutigen steuert auf ein Jubiläum zu. Und auch sonst ist die Lage des Unternehmens durchaus zufriedenstellend. Regelmässig werden Arbeitskräfte gesucht.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
«Das ist unser neuster Roboter. Die letzte Kapazitätserweiterung. Ab jetzt können nur noch bestehende Maschinen erneuert werden, da kein weiterer Platz mehr vorhanden ist.» Jens Kubasch steht vor der vergitterten weissen Maschine in der Produktionshalle von Bucher Hydraulics. Er leitet die beiden Schweizer Standorte Frutigen und Neuheim der Hydraulik-Division des Bucher-Konzerns. Der Rundgang durch die Werkstätten und Lager auf dem Unteren Widi zeigt die grosse Anzahl an Robotern, die rund um die Uhr an der Arbeit sind und mit Rohmaterial versorgt werden müssen. Üppig ist der Platz nicht und Jens Kubasch bestätigt, dass man frühere Ausbaupläne wieder hervorgeholt habe. «Da wir höher bauen wollen, als derzeit erlaubt ist, müssen wir jedoch eine Zonenplanänderung abwarten, die zusammen mit benachbarten Firmen in Arbeit ist.» Aber grundsätzlich hat die Firma Ausbaubedarf, für Details sei es jedoch noch zu früh. Bei der Bauverwaltung Frutigen geht man davon aus, dass im Idealfall im Frühjahr 2020 über die Zonenplananpassung an der Urne abgestimmt werden kann.
Ein Auge auf die Ausbildung
Aktuell sind in Frutigen rund 300 Vollzeitstellen vorhanden. Der Betrieb ist damit einer der grössten Arbeitgeber der Region. Auch der geplante Ausbau würde neue Arbeitsplätze schaffen. Erfreut wird zur Kenntnis genommen, dass es nach dem Fahrplanwechsel zusätzliche Direktverbindungen aus Richtung Bern gibt. Diese Anbindung sei extrem wichtig, sagt Urs Brügger, Personalchef der Firma. Mit einer attraktiven Anbindung und der Natur des Kandertals liessen sich Fachkräfte einfacher rekrutieren, ist er überzeugt. Sowohl Brügger als auch Kubasch betonen gleichzeitig, dass man in der Region gute Arbeitskräfte für Produktion und Montage finden würde – auch kurzfristig. Nur bei den Studierten, also den Ingenieuren, sei das nicht ganz einfach. Es gebe einfach zu wenige davon. Gerade deshalb wird auch die Ausbildung von Lernenden grossgeschrieben und man sei an den Fachhochschulen präsenter.
Die steigende Anzahl von Robotern führte über die Jahre im Übrigen nicht zu einem Stellenabbau. Im Gegenteil, wie Kubasch sagt. «Ich habe den Eindruck, je mehr Roboter wir haben, umso mehr Personal stellen wir ein.» Zum Einsatz kommen auch immer häufiger Hilfsgeräte, die zum Beispiel das Verschieben von kiloschweren Bauteilen vereinfachen und so die Gesundheit der Angestellten schützen. Man sei bei der Automation heute etwa auf dem Stand von Korea und der sei doppelt so hoch wie in Deutschland. Ein bisschen ist der Stolz aus Kubaschs Worten zu hören.
Bessere Zahlen als der Konzern
Die im Herbst (nach neun Geschäftsmonaten) von Bucher Industries präsentierten Zahlen sind beim zurückhaltend informierenden Konzern nicht nach Standort, sondern nur nach Division aufgeschlüsselt. Der Auftragseingang im Hydraulikbereich ist gegenüber dem Vorjahr um gut 20 Prozent zurückgegangen und betrug noch gut 434 Millionen Franken. Jens Kubasch bremst aber sofort bei der Frage, ob man sich im Kandertal deswegen Sorgen machen müsse: «Wir hatten sehr gute Jahre, ein starkes Wachstum und jetzt konsolidieren sich unsere Märkte wieder. Wir schlagen uns aktuell besser als der Markt. Sorgen sind zurzeit nicht angebracht.»
Zudem würden in Frutigen qualitativ hochwertige Produkte hergestellt. Jede der Firmen – Bucher Hydraulics ist auch in China, Amerika, Brasilien, Indien und verschiedenen EU-Ländern vertreten – produziere spezifische Produkte für den entsprechenden Markt. Vom Handelskonflikt zwischen China, Amerika und der EU sei man nicht direkt betroffen, auch wenn der Export in die EU gut 80 Prozent der Produktion ausmache.
Breite Kundschaft bringt Stabilität
Man unterstützt andere Standorte personell und mit Fachwissen, um deren lokale Technologien weiterzuentwickeln und als Division global stark zu sein, erklärt Kubasch. Und man nutze selbstverständlich die gemeinsame Marketingund Vertriebsorganisation, wobei die einzelnen Firmen innerhalb der Division weitgehend eigenständig sind. Diese Unabhängigkeit geht interessanterweise sogar soweit, dass die anderen Divisionen wie Kommunalfahrzeuge oder Kuhn zwar gute oder besser werdende Kunden von Frutigen sind, aber auch bei Mitbewerbern einkaufen dürfen. So vermeide man Quersubventionierungen, lautet die Begründung des Konzerns. Die Frutiger Hydraulikelemente werden schwerpunktmässig bei der Steuerung von Traktoren und all ihren Anbauten, in Baggern und Kranen sowie Windkraftanlagen eingesetzt. «Diese unterschiedlichen Standbeine sowie neue Produkte sind verantwortlich, dass wir gut dastehen. Geht es einer Branche weniger gut, stabilisieren andere den Umsatz», erklärt der Geschäftsführer.
Was passiert im 2020?
Im nächsten November wird gefeiert: 1970 wurde die Hydrotechnik Frutigen (HTF) gegründet, die im Jahr 1997 mit den 120 Mitarbeitenden vom Bucher-Konzern übernommen wurde. Geplant ist zum kommenden 50-Jahr-Jubiläum ein Tag der offenen Türe, um die Firma der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren – wobei natürlich auch die modernsten Roboter in der Produktionshalle zu besichtigen sein werden.
Der Bucher-Konzern im Überblick
Der weltweit tätige Bucher-Industries-Konzern mit Sitz in Niederweningen ZH ist börsennotiert mit einer Schweizer Familie als Ankeraktionär. Er beschäftigt in den Divisionen Bucher Hydraulics, Kuhn Group (Landmaschinen), Bucher Municipal (Kommunalfahrzeuge/- maschinen), Bucher Emhart Glass (Maschinen zur Glasherstellung) und Bucher Specials (Getränke- und Lebensmittelindustrie) weltweit über 13 000 Angestellte. Der Bereich Hydraulik – zu dem Frutigen gehört – umfasst total gut 2800 Mitarbeitende. Im Jahr 2018 betrug der Konzernumsatz insgesamt 3,1 Milliarden Franken. Für 2019 wird aufgrund des Anfang des Jahres bestehenden bereits hohen Auftragsbestandes dasselbe Umsatzniveau erwartet.
HSF