Weltcup: Mehrweg statt Abfall – Bierbüchse gegen Jeton
14.01.2020 Adelboden, Tourismus, SportUMWELT Erstmals trugen die Weltcup-Organisatoren den neuen Vorschriften des Kantons Rechnung. Bierbüchsen und PET-Flaschen gabs mit Jeton, Mehrwegteller und -gläser ersetzten Wegwerfbehältnisse und Kartonbecher – aber nur teilweise, was zu Verwirrung führte.
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UMWELT Erstmals trugen die Weltcup-Organisatoren den neuen Vorschriften des Kantons Rechnung. Bierbüchsen und PET-Flaschen gabs mit Jeton, Mehrwegteller und -gläser ersetzten Wegwerfbehältnisse und Kartonbecher – aber nur teilweise, was zu Verwirrung führte.
RETO KOLLER
Abfallberge prägten bis vor Kurzem alle Grossanlässe. Das war am Adelbodner Weltcup nicht anders. Dutzende von sogenannten «Fötzelern» zogen jeweils ihre Kreise im Gelände, um den vielen Tonnen von herumliegendem Papiergeschirr, Plastikbechern und Bierbüchsen Herr zu werden.
Der Kanton schreibt für grössere Veranstaltungen inzwischen Mehrweggeschirr vor. Dem hatte sich auch der Adelbodner Mega-Anlass zu fügen. Den rund 35 000 BesucherInnen sollte es recht sein. Es gab kaum Reklamationen, eine nicht repräsentative Umfrage beim festfreudigen Publikum erbrachte nur positives Echo. Gerade jüngere Leute sind sich dies von ihren Festivalbesuchen her bereits gewohnt. «Ich finde es super, das muss so sein. Ich mag es nicht, wenn überall Abfall herumliegt», meinte eine junge Frau mit einer PET-Flasche in der Hand. Ihre Kolleginnen denken gleich. Der Umweltschutz gebiete solche Massnahmen. Ein junger Mann kommentierte: «Hier grasen im Sommer schliesslich Kühe, denen unser ‹Ghüder› wohl schlecht bekommt», und biss in seine Bratwurst auf dem Mehrwegteller.
Tamara Schranz ist eine der unzähligen Helferinnen, sie gibt im grossen Festzelt Getränke aus. «Alle haben das Zwei-Franken-Depot ohne Murren akzeptiert. Ich musste wesentlich weniger herumliegenden Abfall abräumen als in den Vorjahren.»
Mal mit Depot, mal ohne
Den Kaffee gab es pfandfrei aus dem Kartonbecher, die Bierbüchse wurde gegen ein Zwei-Franken-Pfand ausgegeben. Die eine Mahlzeit fand sich auf dem Hartplastikteller mit Pfand, die andere dagegen im rezyklierbaren Einweggeschirr ohne Depot. Im grossen Ochsner-Clubzelt herrschte vorerst Verwirrung – viele Gäste warfen fälschlicherweise ihre Mehrwegteller und -gläser in den Abfall, weil im Zelt kein Depot verlangt wurde.
Ernst Brunner ist der Geschäftsführer der Firma cup&more. Sie beliefert die Ski-Weltcup Adelboden AG mit dem Mehrweggeschirr. Er meint dazu: «Es ist problematisch, wenn zwei Systeme parallel zueinander zum Einsatz kommen. Das führt zwangsläufig zu Missverständnissen, wenn nicht sehr klar kommuniziert wird.» Ansonsten stellt er der Adelbodner Organisation ein sehr gutes Zeugnis aus. Man habe sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und einen grossen Schritt in die richtige Richtung gemacht, um die Abfallmenge kleiner zu halten. Das OK habe zutreffende Schätzungen zu den Mengen geliefert. Laut Brunner sind auch die Verkaufszahlen nicht zurückgegangen. «Dem Mehrwegkonzept wird bisweilen unterstellt, dass es aufwendiger sei und deshalb zu Minderumsätzen führe. Das war nach meinen Informationen nicht der Fall», lässt er wissen.
Dass die Abfallverminderung gelungen ist, bestätigt auch Beat Schopfer. Er führt seit Jahren ein Team der Geschützten Werkstatt «Bergquelle» in Zweisimmen, das sich um die Sauberkeit auf dem Gelände kümmert. «Es gab deutlich weniger Büchsen und Flaschen zu entfernen als in den Vorjahren. Sorgen machten uns aber die Hartplastikgläser. Viele gingen zu Bruch, zersplitterten und liessen sich kaum mehr entsorgen.»
«Wir haben den Aufwand unterschätzt»
Der Adelbodner Martin Brühlmann ist im Organisationskomitee für die Gastronomie zuständig. Er meint zum Mehrweggeschirr: «Wir haben den Aufwand eher unterschätzt und hinter den Kulissen zu wenig freiwillige Helfer eingesetzt, die sich ausschliesslich um die Abläufe rund um das Geschirr kümmern.» Brühlmann zieht trotzdem ein positives Fazit. Die Abfallmenge sei deutlich zurückgegangen. Der OK-Verantwortliche wird in der nächsten Zeit mit seinem Team die Erfahrungen auswerten und für 2021 die notwendigen Verbesserungen einleiten.
Den Anfangsschwierigkeiten zum Trotz: Die Organisatoren haben den Einstieg in die Mehrweg-Partygesellschaft mit Erfolg in Angriff genommen – auch wenn noch nicht alles perfekt war. Übrigens: Wer – freiwillig oder unfreiwillig – auf das Einlösen seines Jetons verzichtete, leistete einen direkten Beitrag an ein Hilfsprojekt in Nepal. Es unterstützt die Produktion von Biogas und entlastet die Umwelt im fernen Gebirgsstaat um rund 80 000 Tonnen CO2 pro Jahr.