Bis die «Züglete» gezeichnet ist
17.03.2020 Adelboden, TourismusLange wurde mit dem Zürcher Verlag verhandelt, gründlich wurde hoch über dem Lohnerdorf recherchiert. Nun steht der neue Klassikband «Globi auf der Alp» kurz vor seiner Vollendung.
BENJAMIN HALTMEIER
Am 29. Juni 2019 stand Daniel Frick bei der Bergstation der ...
Lange wurde mit dem Zürcher Verlag verhandelt, gründlich wurde hoch über dem Lohnerdorf recherchiert. Nun steht der neue Klassikband «Globi auf der Alp» kurz vor seiner Vollendung.
BENJAMIN HALTMEIER
Am 29. Juni 2019 stand Daniel Frick bei der Bergstation der Engstligenalpbahn und beobachtete den Alpaufzug weit unter ihm. Dabei hätte der Globi-Zeichner eigentlich mitwandern sollen. Es ging schliesslich um die Recherche und Dokumentation für das neuen Buch, aber es ging auch darum, seine Erinnerung an den letzten Besuch im Engstligtal vor 20 Jahren aufzufrischen. «Da muss ich mitmachen», hatte sich der Zürcher Illustrator also im Vorfeld der «Züglete» gedacht, aber auch: «Das ist ja ganz schön steil.»
Da der 54-Jährige eine gewisse Höhenangst entwickelt hatte, beschloss er, am Vortag schon einmal probeweise zur Alp aufzusteigen. Das Experiment gelang – allerdings brauchte der Wanderer dafür doppelt so lange wie angegeben und war danach «nudelfertig». Also beliess es Frick beim persönlichen Alpaufzug vor dem offiziellen Anlass. Nach der Übernachtung auf der Hochebene führte er seine Studien und Erkundungen weiter, sprach mit Bergbahn-Mitarbeitern, schaute der Sennenfamilie Wäfler bei der Arbeit über die Schulter, machte Fotos von Berg und Tal.
Beim Reinzeichnen drängt die Zeit
Mitte März 2020 sitzt der Zürcher Daniel Frick wieder am Zürcher Zeichentisch und giesst sich einen Schluck Milch in den Kaffee. Längst ist das Coverbild zum neuen Globi-Klassikband koloriert – mit dem Tschingellochtighorn, den Engstligenfällen und der roten Globi-Gondel ist die Berner Oberländer Region gleich zu Beginn klar verortet. «Das Adelbodner Szenario stimmt, der eine oder andere Berg ist für Einheimische erkennbar. Trotzdem wollten wir einen neutralen Titel», erklärt der Zeichner. Darum heisst das Buch nun eben einfach «Globi auf der Alp» und nicht «Globi auf der Engstligenalp.»
Für Frick geht es momentan ums Reinzeichnen, und die Zeit drängt: Bis Ende Mai sollen alle Illustrationen druckfertig sein, da liegen grosse Pausen nicht mehr drin. Als einer von vier Globi-Illustratoren muss er sich an viele Vorgaben des Verlags halten – das Gesicht des blauen Schnabelmanns etwa darf nie direkt von vorne gezeichnet werden, und die rot-schwarzen Karos auf der Hose sind abgezählt. Es bleiben dem kreativen Kopf aber auch viele Freiheiten. Frick fertigte nach einem groben Drehbuch erste Entwürfe und schliesslich Skizzen der einzelnen Seiten an. Der Oerliker Autor Jürg Lendenmann sorgte anschliessend für die passenden Texte im typischen Globi-Versmass. «Es passt sich eher der Text dem Bild an als umgekehrt», beschreibt Frick die Zusammenarbeit mit Lendenmann. Denn ein Globi-Band sei primär ein Kinderbuch und damit etwas Visuelles: «Erst anschauen, dann lesen – die Bilder sollten selbsterklärend sein.»
Der Drache badet, der König schwingt
Wie der Titel verrät, nimmt «Globi auf der Alp» viele Traditionen des Berner Oberlands auf. In der Geschichte springt Globi für einen verletzten Adelbodner Sennen ein und lernt dabei einiges über den Umgang mit Kuhmist, Heu und Milch. Neben Episoden zum typischen Bergler-Alltag gibt es auch Kapitel zum Thema Steinstossen, Fahnenschwingen oder Alphornblasen. «Ich wollte die Bildsprache ‹urchig› halten und die lokale Kultur darstellen. Das realistisch dargestellte Alpleben schien mir jedoch rein optisch zu wenig herzugeben, um die Geschichte spannend zu machen», wägt Frick ab. Also wurde die Geschichte mit Elementen aus dem Sagenreich aufgelockert – mit Auftritten des Vogellisis und sogar eines badenden Drachens, der das Wasser der Engstligenalp verschmutzt.
Neben weiteren Fabelwesen wie Zwergen und Riesen kommen im Buch aber auch reale Personen aus der Region vor. So wird Globi in einer Episode vom Gleitschirmflieger Chrigel Maurer aus einer Felswand gerettet, wie ein klassischer Vierzeiler aus dem Werk zeigt: «Doch das Glück winkt Globi heute, denn er wird des ‹Adlers› Beute, der ihn hart am Knöchel packt, dass im Fussgelenk es knackt.» In einem anderen Kapitel bezwingt der Protagonist gar den Schwingerkönig Christian Stucki: «Globis Finte scheint zu glücken, Stucki fällt auf seinen Rücken. Platt im Sägemehl liegt er, keine ‹Brücke› nützt hier mehr.»
«Höhepunkt unserer Zusammenarbeit»
Dass im Buch lokale Prominenz auftaucht, liegt auch an den Inputs der Bergbahnen Engstligenalp AG. Seit Juni 2016 hat das Unternehmen sein Programm auf die blaue Kinderfigur ausgerichtet und zusammen mit dem Globi Verlag diverse Angebote auf der Hochebene lanciert. (Die Kooperation wurde damals damit begründet, dass sowohl die ersten Engstligenalp-Gondeln wie auch die Globi-Publikationen in den 1930er-Jahren Fahrt aufgenommen hatten.)
Nun konnte die Bergbahnen Engstligenalp AG bei der Planung des neuen Buchs ebenfalls thematische Eckpfeiler setzen. «Das ist der Höhepunkt unserer Zusammenarbeit», sagt Marketingleiterin Seraina von Känel, «wir hatten allerdings lange nicht geglaubt, dass ein Adelbodner Klassikband überhaupt möglich ist.»
Das Problem war nämlich, dass der Verlag bereits einige ähnliche Bücher publiziert hatte: Globi versuchte sich in der Vergangenheit schon als Bauer, begab sich auf abenteuerliche Schweizer Reise und erkundete sowohl die Berg- als auch die Tierwelt. Immer wieder habe man deswegen beim Globi-Verlag nachhaken müssen, erzählt von Känel. Nach zähen Verhandlungen erfolgte dann 2019 die Zusage für das Projekt.
Mehr Familien auf der Alp
Unabhängig vom Buch-Projekt habe sich die Umstellung des Unternehmens auf ein Globi-Programm gelohnt, findet Bergbahnen-Engstligenalp-Geschäftsführer Roger Steiner. In den vergangenen vier Jahren habe man eine deutliche Zunahme im Familiensegment festgestellt. Ein positiver Effekt sei zudem, dass die bald 90-jährige Figur Globi so generationenübergreifend wirke: «Die Grossmutter freut sich da genau so wie der Fünfjährige.»
Die neuste Entwicklung rund um Globi entbehrt indes nicht einer gewissen Ironie: Da hat sich der blaue Vogel vom engen Korsett der Buchform befreit und darf als realer Alp-Botschafter fungieren. Belohnt aber wird er dafür – mit einem Buch.
Die Buchvernissage mit Gästen wie Chrigel Maurer, Joana Hählen und Christian Stucki findet am 5. Juli auf der Engstligenalp statt.
Globi ...
• trat 1932 erstmals im Rahmen eines Globus-Jubiläums auf;
• wird seit 1935 beinahe jährlich ein neues Buch gewidmet – mittlerweile sind es 89 Klassiker;
• ist auch in Deutschland oder Österreich präsent;
• ist als Buch weit über sechs Millionen Mal über die Ladentheke gegangen.
HAB