Die Frühlingsferien haben begonnen. Zeit, um auf den ungewohnten Schulalltag zurückzublicken. Wie ist es den LehrerInnen dabei ergangen? Verena Rohr, Stefan Kernen und Stefan Heimoz – drei Lehrkräfte aus der Region – erzählen von ihren Erfahrungen.

ANNA BRÜGGER
Über die Frage, was sie am normalen Schulalltag am meisten vermisse, musste Verena Rohr nicht lange nachdenken. «Den persönlichen Kontakt mit den Kindern, ganz klar.» Die Lehrerin unterrichtet an der Basisstufe in Winklen und ist dort für die 1.- und 2.-Klässler verantwortlich. Um den Kontakt zu ihrer Klasse nicht zu verlieren, telefonierte sie vor den Frühlingsferien mit jeder Schülerin und jedem Schüler. Wie wichtig für die jüngeren Kinder eine feste Routine war, wurde in vielen Telefongesprächen deutlich. Einige hätten deswegen auch zu Hause «Unterrichtszeiten» festgelegt. Und wie es sich gehört, durften natürlich auch die Pausen nicht fehlen: die perfekte Gelegenheit, frische Luft zu schnappen. Verena Rohr sieht das tägliche «Draussensein» als etwas vom Allerwichtigsten. Gerade wegen der Kinder hofft die Lehrerin, dass weiterhin keine Ausgangsbeschränkung eingeführt wird.

Kressesamen mit der Schulpost
Ihr Unterrichtsmaterial liess Rohr grösstenteils per Post übermitteln. «Ich denke, für die Kinder ist es schön, Post zu bekommen». Man gab sich alle Mühe, diese Post abwechslungsreich zu gestalten. Rohrs Arbeitskollegin hatte etwa die Idee, den Kindern nebst Arbeitsblättern auch Kressesamen zukommen zu lassen – zum Ansäen und Beobachten. Wie viel aufwendiger die Vorbereitung gewesen sei? Das sei schwer zu sagen, so Verena Rohrs Anwort. Eine Herausforderung sei aber gewesen, nicht durchgehend an die Schule zu denken – nicht ständig zu überlegen, wie und wo noch etwas optimiert werden könnte. Auch mal abschalten: Das sei ihr schwerer gefallen als sonst.

In den vergangenen Wochen ist einiges weggefallen, beispielsweise der tägliche Schulweg und der Sportunterricht. Dass es den 1.- und 2.- Klässlern deswegen an Bewegung gemangelt hat, hält Verena Rohr für unwahrscheinlich. Aus Erfahrung weiss die Pädagogin, dass «ihre» Kinder sich allesamt gerne bewegen. Solange man nach draussen in die Natur dürfe, habe sie keine Angst, dass sich die Kinder zu wenig bewegen.

Ihm ist die Umstellung auf den digitalen Unterricht nicht schwergefallen: Stefan Kernen ist Oberstufenlehrer und kümmert sich um die Informationstechnik der Schule Aeschi. Mit Computern kannte er sich deswegen bereits bestens aus. Trotzdem sei es sehr aufwendig gewesen, dafür zu sorgen, dass die Technik an der ganzen Schule funktionierte.

Mittlerweile sieht Stefan Kernen im Fernunterricht auch Chancen. Er ist sicher, dass die Situation die Selbstständigkeit der Jugendlichen gefördert hat. «Bei einigen Schülern habe ich das Gefühl, dass sie so fast besser arbeiten, da sie weniger Ablenkung haben.» Als IT-Verantwortlicher sieht Kernen noch einen anderen positiven Aspekt: Mit der digitalen Schulentwicklung sei man in kurzer Zeit einen riesigen Schritt vorangekommen. Etwas vermisste der Pädagoge am normalen Schulalltag besonders: die Beziehungsarbeit – den direkten Kontakt zu den Lernenden. «Ich sage immer: 90 Prozent des Unterrichts ist die gegenseitige Beziehung.» Trotzdem klappte sein Unterricht auch auf Distanz. Das Wichtigste sei die Offenheit gewesen. Eine gewisse Bereitschaft, sich auf die neue Art des Lernens einzulassen – und zwar von allen Beteiligten. Dazu gehörten auch die Eltern. Dass Mütter und Väter viel stärker mit dem Lernalltag ihrer Kinder konfrontiert waren, ist Kernen bewusst. «Ich denke, viele Kinder fragen zuerst ihre Eltern, bevor sie bei uns anklopfen.» Für den Lehrer ist deswegen klar: Den Eltern gebührt ein riesiges Dankeschön.

Positiv überrascht, wie gut die ungewohnte Unterrichtsform funktionierte, war Stefan Heimoz. Der Oberstufenlehrer unterrichtet an der Schule Müli in Reichenbach die 8.- und 9.- Klässler. Die SchülerInnen hätten super mitgemacht, findet der Lehrer. Mit erfreulicher Zuverlässigkeit trugen die Jugendlichen dazu bei, dass Stefan Heimoz’ Fernunterricht – mit wenigen Ausnahmen – bestens lief. Und trotzdem: Seine Klasse bald wieder persönlich unterrichten zu dürfen – das wäre der Wunsch des Lehrers.

Wenn das Lehrerzimmer zum Grossraumbüro wird
Das Lehrerzimmer des Schulhauses Müli wurde kurzerhand zum Grossraumbüro umfunktioniert. Gearbeitet wurde stets unter Einhaltung der Abstandsregel, versteht sich. Für Stefan Heimoz waren seine Lehrerkollegen eine wichtige Stütze in den letzten drei Wochen. Es habe ihm sehr geholfen, nicht auf sich allein gestellt gewesen zu sein: «Jeder hat seine Stärken, da können wir von einander profitieren.»

Das Unterrichtsmaterial stellte Heimoz auf einer Onlineplattform bereit. Den ganzen Tag vor seinem Computer anstatt vor seiner Klasse zu sitzen, das war für den Pädagogen ungewohnt. «Ich arbeite lieber mit Menschen», meinte er lachend. Seinen SchülerInnen ist es wohl ähnlich ergangen. Sie würden lieber wieder zur Schule kommen, liessen die Jugendlichen ihren Klassenlehrer bereits nach kurzer Zeit wissen. Dass seine Neuntklässler bereits alle eine Anschlusslösung für im Sommer haben, erleichtert die Situation für Stefan Heimoz etwas.

Jetzt erst mal kurz durchatmen
Die Frage, in welcher Form der Unterricht nach dem 19. April wieder aufgenommen wird, bleibt vorerst unbeantwortet. Verena Rohr, Stefan Kernen und Stefan Heimoz wäre ein baldiges Wiedersehen im Klassenzimmer am liebsten. Zuerst ist jetzt aber Erholung angesagt. Ob die Ferien wohl dringender nötig waren als sonst? «Ich bin schon froh, einmal durchatmen zu können», meint Stefan Heimoz. Dazu wird allerdings nur in der ersten Woche richtig Zeit sein. Danach heisst es schon wieder planen. Denn ob nun Präsenzoder Fernunterricht: Vorbereitet werden muss so oder so.

Am liebsten ein baldiges Wiedersehen

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