Pfadi trotz Corona – die «Pinkies» helfen im Dorf
15.04.2020 Coronavirus, KanderstegDas Internationale Pfadfinderzentrum lebt von grossen Besuchergruppen aus aller Welt. Im Moment sind die Grenzen jedoch zu. Welche Massnahmen haben die Verantwortlichen getroffen?
Vibeke ist Pfadiführerin aus Dänemark. Sie hat für ihre 50-köpfige Pfadigruppe ihr ...
Das Internationale Pfadfinderzentrum lebt von grossen Besuchergruppen aus aller Welt. Im Moment sind die Grenzen jedoch zu. Welche Massnahmen haben die Verantwortlichen getroffen?
Vibeke ist Pfadiführerin aus Dänemark. Sie hat für ihre 50-köpfige Pfadigruppe ihr Auslandsommerlager gebucht. Denn im Juni beginnen in Dänemark die Ferien, und alle freuen sich auf zwei Wochen Pfadizentrum Kandersteg. «Können wir das Lager durchführen, wenn sich die Lage beruhigt? Wenn nicht, was passiert mit unseren Reservationsgebühren?» Mit solchen Fragen sind Jack Higgins, Direktor des Zentrums, und sein Team in diesen Tagen laufend konfrontiert. «Für den Sommer haben rund 635 verschiedene Gruppen etwa 65 000 Übernachtungen bei uns gebucht. Können wir im Sommer nicht öffnen, haben wir gelinde gesagt ein grosses Problem.» Nicht nur, ob und wann die Gäste anreisen dürfen, ist unklar. Um den Sommerbetrieb sicherzustellen, kommen im Juni jeweils bis zu 40 freiwillige Helfer aus der ganzen Welt hinzu. Bereits heute ist klar, dass nicht alle werden einreisen können, weil die Schweiz bis Mitte Juni keine Visa für Nicht-Europäer ausstellt. Selbst wenn die Grenzen also wieder offen sind, droht Personalmangel, und der Betrieb müsste reduziert werden.
«Wir sind immer noch optimistisch»
Um den Schaden zu begrenzen, hat das Zentrum einen Stufenplan ausgearbeitet. In einem ersten Schritt wurde entschieden, bis Ende Juni keine Gäste zu beherbergen. Der zweite Schritt sieht vor, bis Ende April zu entscheiden, ob im Juli wieder Gäste aufgenommen werden sollen. Gäste, die nicht anreisen können, werden nach Möglichkeit für einen späteren Aufenthalt umgebucht, um Annullationen zu vermeiden. Je nach Szenario werden die Helferzahlen angepasst und die Kosten minimiert. Dazu ist ein Plan in Ausarbeitung, wie der finanzielle Verlust aus staatlichen und privaten Quellen aufgefangen werden kann. «Wir sind immer noch optimistisch, dass wir einen Teil des Sommerprogramms durchführen können», meint Aidan Jones, Präsident des Vereins.
Es wird gearbeitet
Und was passiert in der Zwischenzeit? Die aktuell rund 35 Mitarbeitenden vor Ort arbeiten auf Hochtouren. «Weil die vier geplanten Arbeitsgruppen im April nicht kommen können, müssen wir die Arbeiten mit den anwesenden Mitarbeitern bewältigen. Und natürlich bereiten wir die Sommersaison trotzdem vor und haben beträchtlichen Mehraufwand mit den Umbuchungen und der Gästekommunikation», sagt Jack Higgins. Das alles werde unter Beachtung der vom Bundesrat erlassenen Vorschriften und Hygienemassnahmen erbracht. «Dabei gehen wir noch weiter als vorgeschrieben. Abstand einhalten, Hände waschen und Desinfektion sind selbstverständlich. Wir essen an verschiedenen Tischen und haben Einzelbüros eingerichtet. Die Zusammenarbeit findet in kleinen, getrennten Teams statt oder aus dem Homeoffice. Meetings werden reduziert und übers Internet geführt. Die Mitarbeiteranlässe wurden ausgesetzt, und alle sind angehalten, zu Hause keine Zusammenkünfte zu organisieren und das Dorf nicht zu verlassen. Ohne Gäste haben wir viel Platz, alle diese Massnahmen auch umzusetzen.»
Ein Teil der «Schicksalsgemeinschaft»
Pfadis helfen trotz Corona – oder gerade deswegen. Mit viel Engagement bieten die «Pinkies», die MitarbeiterInnen des Zentrums, zurzeit ihre Dienste im Dorf an. Auf Bestellung gehen sie für über 65-Jährige einkaufen und entsorgen unter anderem Zeitungen, Karton und Glas in der Abfall- und Recyclingstelle. Für die Gemeinde verteilen die Pfadis Informationsmaterial und sind offen für Hilfsanfragen aller Art. Auf der Webseite und in den sozialen Medien werden alle paar Tage die neusten Infos und Anekdoten aus dem Alltag des Pfadizentrums aufgeschaltet, um die Pfadiwelt und Interessierte auf dem Laufenden zu halten. Und was meint Gemeindepräsidentin Barbara Jost zur Hilfe aus dem Pfadizentrum? «In der momentanen Lage ist das Dorf froh um jede Unterstützung. Es freut uns sehr, dass das Pfadfinderzentrum der Bevölkerung diese Hilfe anbietet und damit ein Teil unserer Schicksalsgemeinschaft ist.»
BEAT WENGER, PRÄSIDENT STIFTUNGSRAT INTERNATIONALES PFADFINDERZENTRUM KANDERSTEG
Kontakt für Hilfsdienste des Pfadizentrums: Tel. 033 675 82 82 oder E-Mail an reception@kisc.ch
Ein Video über das Hilfsangebot finden Sie unter www.frutiglaender.ch/web-links.html