Die Physiotherapeuten arbeiten wieder
05.05.2020 Coronavirus, GesundheitSeit dem 27. April können Körpertherapeuten wieder praktizieren. Sie passen die Hygienemassnahmen laufend den Vorschriften an. Doch die Patienten zögern noch – vor allem jene, die einer Risikogruppe angehören und nicht zwingend eine Therapie brauchen.
KATHARINA ...
Seit dem 27. April können Körpertherapeuten wieder praktizieren. Sie passen die Hygienemassnahmen laufend den Vorschriften an. Doch die Patienten zögern noch – vor allem jene, die einer Risikogruppe angehören und nicht zwingend eine Therapie brauchen.
KATHARINA WITTWER
Während des sechswöchigen Lockdowns lief in Physio- und Körpertherapiepraxen fast gar nichts. «Wir durften in dieser Zeit nur Notfallpatienten behandeln, die zwingend Physiotherapie benötigten», erinnert sich Charles Hurni. Er ist Mitinhaber des Therapiezentrums Kandertal in Reichenbach. Auch Osteopathie und Craniosacraltherapie waren nur mit ärztlicher Verordnung erlaubt, und die Physiotherapiemitarbeiter hatten Kurzarbeit. Behandlungen in Altersheimen oder bei Klienten zu Hause waren nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. In den meisten Heimen herrschte Besuchsverbot. Seit einer Woche wird wieder normal gearbeitet. Voraussichtlich darf das Fitnesszentrum am 11. Mai wieder geöffnet werden.
Allgemein gelten strengere Hygienevorschriften. Patienten werden gebeten, eine Schutzmaske mitzubringen und anzuziehen, «da wir selber Schwierigkeiten haben, welche zu kriegen», so Hurni. «Natürlich geben wir bei Bedarf Einwegmasken ab», fügt er an. Im Wartebereich wurde die Lektüre weggeräumt, stattdessen steht Desinfektionsmittel bereit. Wie vorgeschrieben arbeiten die Therapeuten mit Gesichtsmaske. Handschuhe sind nicht Pflicht, es sei denn, jemand arbeite am oder im Mund eines Patienten. Für solche Therapieformen brauchte es schon vorher Handschuhe.
Anmeldeverhalten ist unterschiedlich
Rebekka Spiess führt in Adelboden eine Gesundheitspraxis. Sie bietet schwerpunktmässig Akupunktmassage, Hypnose- sowie Gelenk- und Wirbeltherapie an. «Ich bin positiv überrascht, wie schnell sich meine Agenda nach der Zwangspause füllte – jedenfalls für Termine in den ersten drei Wochen», ist sie erfreut. Punkto Hygienemassnahmen hat sich für die vielseitige Therapeutin nicht viel verändert. Vor einer Ohr-Akupunktur gehört das erneute Händedesinfizieren seit jeher dazu und die Frotteetücher landen – wie gehabt – umgehend im Wäschekorb. Das Desinfizieren der Liege und sämtlicher Arbeitsutensilien nach jedem Kunden hat die ehemalige medizinische Praxisassistentin genauso im Blut wie das Tragen einer Schutzmaske. Dagegen befremdet sie, dass sie bei der Begrüssung und Verabschiedung ihrer Kundschaft auf den Händedruck verzichten muss.
Falls jemand später positiv auf das Coronavirus getestet würde, soll nachverfolgt werden können, wann sich die Person wo und mit wem längere Zeit in einem Raum aufgehalten hat. Deshalb führt die Praxisinhaberin nun eine separate Besucherliste.
Jasmin Josi aus Kandergrund bietet vorerst nur Fusspflege an. «An den Füssen arbeiteten wir schon immer mit Handschuhen.» Beim Massieren ist richtiges und vor allem tiefes Atmen wichtig. Weil dies mit Schutzmaske unmöglich sei, kann diese Dienstleistung bei Josi bis zur Lockerung der Vorschriften nicht gebucht werden. «Wahrscheinlich haben viele meiner Kunden Angst oder sind verunsichert, denn Terminvereinbarungen kommen noch zögerlich rein.»
Des einen Freud, des andern Leid
Da die Skisaison abrupt beendet und diverse sportliche Wettkämpfe abgesagt wurden, gab und gibt es viel weniger Unfälle. Im Hinblick auf die erwartete Covid-19-Welle wurden Spitalbetten freigehalten und deshalb Hüft- oder Kniegelenkoperationen verschoben. Für die Physiotherapeuten dauert die Durststrecke deshalb noch länger, nämlich bis Operierte mobilisiert werden müssen.
Die Berufsverbände müssen ihre Hygienekonzepte laufend den neuesten vom Bundesrat verfügten Massnahmen anpassen und ihre Mitglieder informieren. «Was heute gilt, ist morgen vielleicht schon wieder überholt. Das Thema ‹Schutzmasken› lässt grüssen», stellt Physiotherapeut Charles Hurni nüchtern fest. «Die Hauptsache ist doch, dass wir wieder arbeiten dürfen!»