Nachhaltig investiert – das rentiert
29.05.2020 Wirtschaft, GesellschaftFINANZRATGEBER Mit den sogenannten ESG-Kriterien werden bei der Anlage auch die Bereiche «Umwelt», «Soziales» und «Unternehmensführung» berücksichtigt. Der Fachmann zeigt, wie man diese Strategie effizient umsetzt.
Unser Wohlstand geht mit hohem Ressourcenverbrauch ...
FINANZRATGEBER Mit den sogenannten ESG-Kriterien werden bei der Anlage auch die Bereiche «Umwelt», «Soziales» und «Unternehmensführung» berücksichtigt. Der Fachmann zeigt, wie man diese Strategie effizient umsetzt.
Unser Wohlstand geht mit hohem Ressourcenverbrauch und Verteilungskonflikten einher. Oft stehen kurzfristige Gewinnmaximierung und nachhaltiges Wirtschaften im Widerspruch zueinander. Die Probleme sind ausserdem häufig nicht mehr lokal, sondern global. Dennoch ist die Rendite nachhaltiger Anlagen mit derjenigen von konventionellen mittlerweile absolut vergleichbar. Dies wurde in den letzten Jahren mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen.
Integration in den Anlageprozess
Der ursprüngliche und immer noch weit verbreitete ESG-Ansatz (siehe Kasten) wendet Ausschlusskriterien an. Doch nachhaltiges Investieren geht über negative Selektionskriterien hinaus. Durch Integration wesentlicher ESG-Informationen in den Anlageprozess wird gewährleistet, dass die Portfolio-Rendite vergleichbaren konventionellen Anlagen standhält. Denn dabei werden jene Unternehmen ausgewählt, die besonders gut für künftige Herausforderungen gerüstet sind.
Nachhaltiges Investieren gehört zu den Anlagebereichen mit den grössten Wachstumsraten. Wegbereiter sind die institutionellen Anleger, die per Definition einen langfristigen Anlagehorizont haben und strengeren Anforderungen unterliegen. Privatpersonen sind mit den Eigenschaften nachhaltiger Anlagen noch wenig vertraut, beziehen jedoch solche Überlegungen ebenfalls vermehrt in ihre Anlageentscheidungen mit ein.
Auch die Digitalisierung begünstigt ESG-Anlagen: Die heutigen Möglichkeiten bei der Datenanalyse erlauben es, durch die Einbeziehung relevanter ESG-Informationen und durch die Erkennung von Zusammenhängen zwischen einzelnen Faktoren und der Gesamtperformance die Rendite-Risiko- Eigenschaften eines Portfolios zu verbessern. MSCI ESG Research, die Nummer eins im Markt, ist die Hauptdatenquelle. Bei diesem Unternehmen sind mehr als 170 Analysten weltweit für die Datensammlung und -aufbereitung zuständig.
Ein Portfolio mit speziellen Eigenschaften
So werden ESG-Strategien bei Aktien-, Anleihen- und Immobilienanlagen umgesetzt:
• Ausschlusskriterien greifen, wenn Unternehmen mit ihren Geschäftspraktiken oder den hergestellten Produkten internationale Normen oder Standards verletzen (etwa bei der Herstellung oder dem Handel mit Landminen, Kohlegewinnung, Waffenentwicklung oder Tabakherstellung, Kinderarbeit, Missachtung von Menschenrechten oder Steuerhinterziehung);
• Bei der Integration werden die ESG-Kriterien stärker gewichtet, die sich langfristig voraussichtlich positiv auf die risikobereinigten Anlagerenditen auswirken. Dabei scheint es Nischen zu geben, in denen der ESG-Ansatz besonders gute Resultate erzielt, beispielsweise in den «Emerging Markets» (wachsende Schwellenmärkte). Und auch bei den einzelnen ESG-Faktoren gibt es Unterschiede. Governance-Massnahmen (G) wirken sich am vorteilhaftesten auf die Renditen aus, vor Umweltschutzmassnahmen (E) und der Einbeziehung sozialer Ziele (S);
• Die aktive Eigentümerschaft wird durch Ausübung der Stimmrechte an den Generalversammlungen wahrgenommen und zum anderen durch aktives Engagement zu Nachhaltigkeitsthemen;
• Bei Immobilienanlagen werden mit Gebäudelabel, Gebäudeoptimierung und ESG-Benchmarking neue Ansätze entwickelt.
Das Budget clever verteilt
Wie die Integration im Anlageprozess konkret funktioniert, zeigt das Beispiel des gemischten Anlagefonds «OLZ Smart-Invest 65 ESG» mit Ansatz Minimumvarianz. Unternehmen mit einem ungenügenden MSCI ESG-Rating sowie mit Kontroversen in den Bereichen Umwelt, Kunden, Menschenrecht, Arbeitsrechte, Lieferketten und Unternehmensführung werden dabei ausgeschlossen. Zusätzlich erfolgt ein Prüfvorgang mittels der Ausschlussliste des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK – ASIR). Der Verein wurde im Dezember 2015 von bedeutenden institutionellen Investoren gegründet. Die komplette Liste der empfohlenen Ausschlüsse ist öffentlich. Wie bereits erwähnt, reicht blosses Ausschliessen nicht aus. Zusätzliche risikobasierte Anlagestrategien wie «Minimum Varianz» sind diesbezüglich im Vorteil gegenüber anderen Faktoransätzen. Sie ermöglichen eine effiziente Verteilung des Risikobudgets und erlauben die Einhaltung strenger ESG-Restriktionen ohne Abstriche bei der Rendite. Dies gilt aber nur, wenn der Anlageprozess gesamtheitlich optimiert und auf maximale Effizienz getrimmt wird.
BEAT SCHMID-LÜSCHER, BANKFACHMANN, FINANZPLANER UND IMMOBILIEN-TREUHÄNDER
BEAT.SCHMID@SLFRUTIGEN.CH
ESG – Begrifflichkeit und Ansätze
E wie Environment (Umwelt)
• Massnahmen gegen den Klimawandel wie zum Beispiel ein kleiner CO2-Fussabdruck und tiefe CO2-Emissionen;
• schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Wasser und Biodiversität;
• wenig Abfall und Verschmutzung;
• Schaffung von Möglichkeiten und Chancen im Bereich Umwelt wie zum Beispiel Clean Tech und erneuerbare Energien.
S wie Social (Soziales)
• Humankapital wie zum Beispiel Weiterbildungsmöglichkeiten, Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden; • Produkthaftbarkeit wie zum Beispiel Produktsicherheit und Datensicherheit;
• Möglichkeiten und Chancen im sozialen Bereich.
G wie Governance (Unternehmensführung)
• Elemente einer guten Unternehmensführung: Dazu gehören zum Beispiel die Zusammensetzung des Verwaltungsrats beziehungsweise des Managements, Möglichkeiten der Kompensation und die Eigentümerverhältnisse;
• Verhalten auf Unternehmensebene, zum Beispiel in Bezug auf ethische Fragen, Transparenz und Korruption.