Mehrheitlich sehr guter Buchungsstand
30.06.2020 Coronavirus, Tourismus, RegionZu Beginn der Corona-Krise herrschte in vielen Destinationen Katerstimmung. Inzwischen ist wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Eine Umfrage bei verschiedenen Gastgebern im Frutigland zeigt, dass zahlreiche Schweizer die dringende Bitte des Bundesrates befolgen und im Inland Ferien ...
Zu Beginn der Corona-Krise herrschte in vielen Destinationen Katerstimmung. Inzwischen ist wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Eine Umfrage bei verschiedenen Gastgebern im Frutigland zeigt, dass zahlreiche Schweizer die dringende Bitte des Bundesrates befolgen und im Inland Ferien buchen.
KATHARINA WITTWER
Seit dem Ausbruch der Corona-Krise in Europa gingen bei den Hotels statt Buchungen teilweise im Minutentakt Stornierungen ein. Nachdem die meisten Häuser vorerst für unbefristete Zeit schliessen mussten, verharrten potenzielle Urlauber in einer abwartenden Position. «Wir wurden nach den ersten Lockerungen gleich aktiv und verschickten unseren Stammgästen einen Newsletter und etwas später die Printangebote», sagt Franziska Richard, Hotelière des Parkhotels Bellevue in Adelboden. «Die Resonanz darauf war sehr stark. Jetzt ist unser Haus bis nach den Sommerferien der Schulen ausgebucht.»
Adelboden gut aufgestellt
Der grösste Teil der Adelbodner Stammgäste kommt aus der Schweiz. Die wenigsten davon sagten ihre bereits gebuchten Ferien ab. Im Gegenteil: Wegen der Ungewissheit, ob ab Juli Auslandsreisen möglich sein würden, gingen überall überdurchschnittlich viele Anfragen und Reservationen ein. Vor dem Lockdown war das Hotel Steinmattli für die Monate Juni bis September zu 80 Prozent gebucht. «Zuerst erhielten wir viele Stornierungen, sodass der Buchungsstand für diese Zeit auf 23 Prozent fiel», meint Besitzer Ralph-Marc Diebold. Im Moment ist er für die Hochsaison verhalten optimistisch. Die Auslastung bis September liegt inzwischen wieder bei knapp 50 Prozent.
Das Hotel Hari im Schlegeli beherbergt viele Gruppen. Diese hätten abgesagt, hingegen sei die Nachfrage von Winter-Stammgästen für den Sommer erfreulicherweise gestiegen. «Dagegen sind die beiden Lagerhäuser bis zum 20. August leer», ist von Geschäftsführer Jörg Kessler zu vernehmen. Erfreut zeigt sich Thomas Hofer, Präsident des Hoteliervereins Adelboden-Lenk-Kandersteg (HVALK).
Der Besitzer des Hotels Des Alpes berichtet von einem sehr guten Buchungsstand bis Ende September.
Gäste aus England und Übersee fehlen
Nebst rund 60 Prozent der Gäste aus der Schweiz verbringen normalerweise viele Urlauber aus Grossbritannien und Übersee die schönste Zeit des Jahres in Kandersteg. «Letztere haben ihre Buchungen zurückgezogen», bedauert Gerhard Lehmann vom Hotel Bernerhof. In anderen Häusern im Dorf ist die Lage ähnlich. «Das Buchungsverhalten vor allem der Schweizer wird immer kurzfristiger und hängt vom Wetter ab», beobachtet Nico Seiler vom «Alfa Soleil». «Um dieses Segment auf unser Haus aufmerksam zu machen, haben wir attraktive und einfach buchbare Angebote auf der eigenen und der neuen Destinations-Website sowie den gängigen Social-Media-Kanälen aufgeschaltet.»
Der Eventbereich – Hochzeiten, Catering und ausserhalb der Hochsaison Seminare – ist ein wichtiges Standbein des Waldhotels Doldenhorn. «All diese Anlässe wurden abgesagt. Unter dem Strich verzeichneten wir seit der Wiedereröffnung am 1. Mai eine Umsatzeinbusse von 20 Prozent, obschon wir seither 10 Prozent mehr Übernachtungen generierten als im Vorjahr», bilanziert René F. Maeder. Auch wenn der hauseigene Veranstaltungskalender viel Attraktives und teilweise Neues bietet, kann der Fehlbetrag mit einem vollen Hotel während der Sommermonate nicht wettgemacht werden. «Anfragen und Buchungen für Seminare für Spätherbst tröpfeln zaghaft wieder ein», so Maeder.
Janis Buergi, Gastgeber des Hotels Blausee, spürt ein grosses Bedürfnis der Schweizer – welche 99 Prozent seiner Übernachtungsgäste ausmachen – nach einem Aufenthalt in der Natur und in den Bergen. «Der momentane Buchungsstand unterscheidet sich insofern von anderen Jahren, als vermehrt längere Aufenthalte statt bloss ein oder zwei Nächte gefragt sind.»
Das Pfadfinderzentrum KISC verzeichnet ungefähr 10 Prozent der normalen Buchungen. «Wir werben jetzt auf verschiedenen Onlineplattformen und sprechen Familien und Camper aus der Schweiz und dem nahen Ausland an.» KISC-Direktor Jack Higgins hofft, mit diesem Gästesegment das Loch ein bisschen stopfen zu können.
Stellenweise noch Kurzarbeit
Die Griesalp Hotels Kiental waren auch während des Lockdowns für Hotelgäste geöffnet. Von Geschäftsführerin Heidy Engemann ist zu vernehmen, dass sie nach der ersten Lockerung Mitte Mai erfreulich viele Individualgäste beherbergte. Dagegen wurden die Seminare abgesagt oder verschoben. Auch zuhinterst im Kiental freut man sich über zahlreiche Buchungseingänge. Bei Andreas Suter im «Bären» sagten zu Beginn der Krise viele Gäste vor allem aus Deutschland und den Beneluxstaaten ab. Nach dem Wiedereröffnen der Grenzen zeigt die Reservationskurve aufwärts. Der vorherige Stand ist aber noch unerreicht. Um vor allem Schweizer Gäste anzulocken, passte man im altehrwürdigen Haus im Mai und Juni die Preise nach unten an.
Seit Jahren setzen Ursula und Rainer Friedl vom Hotel Aeschipark auf Gruppen aus Deutschland und Ostasien. «Dieser Markt ist bei Ausbruch der Pandemie komplett eingebrochen. Entsprechend beherbergen wir seither fast nur noch Individualgäste und haben weiterhin Kurzarbeit.» Das Direktorenpaar bewirbt im Moment deutsche Busreiseunternehmen mit Sonderangeboten für Herbst, Advent, Weihnachten und den Jahreswechsel. «Ab wann die Ostasiaten wieder nach Europa kommen und es bei uns wieder aufwärts geht, ist ungewiss.»
Nachfrage auch für einfache Unterkünfte
Ungefähr die Hälfte der Gäste auf dem Camping Grassi in Frutigen kommt aus den Niederlanden. «Im Mai und Juni verbringen normalerweise viele holländische Rentner zum Teil mehrere Wochen hier. Die sind natürlich ausgeblieben», sagt Lars Glausen. In der Hoffnung, dass die Grenzen vor den grossen Ferien öffnen – was nun der Fall ist – blieben die Stornierungen für die Sommermonate aus. Der Drang der Leute, nach draussen zu gehen, ist spürbar. «Vor jedem schönen Wochenende war und ist die Nachfrage nach einem Wohnmobil-Stellplatz sehr gross. Der Buchungsstand für die Hochsaison ist sehr erfreulich, und über den 1. August haben wir alle Plätze belegt», weiss der Platzwart.
Die Blüemlisalphütte ist seit Mitte Juni geöffnet, der Hüttenweg hat nur noch teilweise Schnee. «Aus Sicherheitsgründen dürfen wir die Zimmer während des ganzen Sommers nur zu 50 Prozent belegen», informiert Hüttenwart Hans Hostettler über die Vorschriften des BAG. Wer jetzt noch eine Übernachtung auf dem aussichtsreichen Grat buchen will, hat für Wochenenden kaum mehr eine Chance. Auch unter der Woche ist sie schon jetzt häufig belegt. Hostettlers beobachten, dass es vor allem die Tagesgäste mit dem Einhalten des Sozialabstandes nicht so genau nehmen. «Sie meinen wohl, das Coronavirus existiere in der Höhe nicht.»
Einbussen fürs Reisebüro
Robertus Laan, Inhaber des Incoming-Reisebüros «Jungfrau Tours» musste Anfang März Stornierungen von 90 Prozent der getätigten Buchungen entgegennehmen. Der Aeschiner vermittelt und organisiert mit seinem Team Reisen ausländischer Gäste in die Schweiz und vor allem ins Berner Oberland. «Inzwischen hat sich unsere Lage noch verschärft, denn wir sind grösstenteils auf dem aussereuropäischen Markt tätig. Australien hat bis mindestens Ende 2020 eine Ein- und Ausreisesperre verordnet, und möglicherweise wird auch die ‹Grenze› USA–Europa für Touristen gesperrt.» Laans MitarbeiterInnen werden voraussichtlich noch länger Kurzarbeit haben.
WI