Das kulturelle Leben im Untergeschoss
14.07.2020 Frutigen, KulturWas heute der Verein Kanderkultur und die Badi Lounge machen, fand während Jahrzehnten im Rustico Pub statt. Ein Blick zurück auf Bands, Konzerte und Kultur.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Spätestens am 31. Oktober dieses Jahres wird das Hotel-Restaurant Rustica Geschichte ...
Was heute der Verein Kanderkultur und die Badi Lounge machen, fand während Jahrzehnten im Rustico Pub statt. Ein Blick zurück auf Bands, Konzerte und Kultur.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Spätestens am 31. Oktober dieses Jahres wird das Hotel-Restaurant Rustica Geschichte sein. René Meyer verkaufte seinen Betrieb nach 30 Jahren an das benachbarte Autohaus von Känel, das Expansionspläne hat (der «Frutigländer» berichtete). Mit dem Abriss des Hotels wird auch eine Kulturinstitution verschwinden, die während Jahren Besucher und Musiker nicht nur aus der engeren Region nach Frutigen brachte: das Rustico Pub.
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Meyer selber hat das Pub 1996 aus dem Dornröschenschlaf geweckt. In den ersten Jahren organisierte er zusammen mit Marc Schär im Untergeschoss des Hotels über 40 Veranstaltungen. Regionale Musikwettbewerbe wurden durchgeführt, aber auch Gölä, Housi Wittlin, Shakra, Merfen Orange oder Plüsch (damals noch als V.I.P. unterwegs) fanden Platz im Frutiger Programmkalender. Die Jugend-Disco Granita gehört ebenfalls zur Pub-Geschichte.
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Während sich der Besitzer dann vor allem seinem Hotel und Restaurant Rustica widmete, übernahmen Frank und Nicole Roesti ab dem Jahr 2000 das Pub. Dieses wurde definitiv zum Treffpunkt der Jugendlichen. Von dort fuhr man gemeinsam weiter nach Thun, Interlaken oder Adelboden in den Ausgang – immer öfters blieb man aber sitzen. Eher PR- und alkohollastige Anlässe wie der «Fünfliberabend» am Mittwoch oder der «Bierathlon» machten in der Folge durch ihre Beliebtheit immer wieder Schlagzeilen.
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Aber vor allem kulturell wurde in der «Randregion» etwas geboten: Solegx, Span, Hannery Amman, Mojo Blues Band, Berner Troubadours oder die Coverband DC/AC sorgten für Stimmung – auch Trummer und Nils Burri hatten ihre ersten Auftritte auf der kleinen Rustico-Bühne. Dazu kamen Veranstaltungen wie «Jazz in Frutigen» von Jürg Mischler, der Erzähler Timmermahn oder die Ex-Miss-Schweiz Stefanie Berger als Rocksängerin und weitere gut 50 Formationen. Der Klubcharakter sorgte dafür, dass sich Musiker und Publikum schnell nahe kamen und der Funke übersprang. Das «kleinste Openair der Schweiz» – so die Werbung – war Frank Roestis Höhepunkt. Sieben Mal wurde dieses mit bis zu zehn Bands durchgeführt, ein Publikumsmagnet sondergleichen auf engstem Raum.
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Ab 2007 erfolgte ein fliessender Übergang des «Music-Pubs» an Reto Stoller, Klaus Teuscher und Kathrin Schwartz, die neuen Schwung und neben Konzerten auch Partys in das Pub brachten. Die lokale Musikszene und die Gesellschaft veränderten sich jedoch langsam, dazu kamen das Rauchverbot und die digitale Welt. Das Klubsterben betraf Grossstädte – aber auch Frutigen, wie der heutige «Cafe Bar Mokka»-Geschäftsführer Marc Schär rückblickend bestätigt. So war das Rustico Pub in den letzten Jahren vor der Schliessung trotz vereinzelter Anlässe vor allem ein Ort, der dem gemeinsamen Sitzen und Trinken diente – ein klassisches Pub eben.
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Kulturell spielt Frutigen heute mit Kanderkultur und der Badi Lounge wieder eine gewichtige Rolle im Oberland. Vom Rustico Pub werden die alten Bilder und Erinnerungen an Discos, lange Konzertnächte, gute Gespräche und erste Liebschaften aber unvergesslich bleiben.