Die BLS und die Marti AG haben ihren Streit um die Kosten für die Fahrbahnerneuerung im Scheiteltunnel offenbar beigelegt: Das Bauunternehmen bekommt 27 Millionen Franken weniger als gefordert, dafür bleibt ein Teil der Strecke unbearbeitet.

BIANCA HÜSING
Vor knapp zwei Wochen geriet die BLS zum wiederholten Male in die Schlagzeilen. Laut Recherchen der SRF-Rundschau-Redaktion sind dem Bahnunternehmen bei der Projektausschreibung für die Fahrbahnerneuerung im Lötschberg-Scheiteltunnel schwerwiegende Fehler unterlaufen. Die Folge: Statt der vereinbarten 89 Millionen Franken verlangte die beteiligte Baufirma Marti AG plötzlich 157 Millionen.

Möglich wurde die Nachforderung anscheinend durch einen entsprechenden Passus im Vertrag. Die BLS spricht nun von «unterschiedlichen Interpretationen des Werkvertrages» und ist nicht bereit, auf die Forderungen ihres Partners einzugehen.

Komplett ablehnen kann sie diese aber offenbar nicht: Die Lösung, die das Bahnunternehmen am Freitag verkündete, stellt immer noch eine massive Kostenerhöhung dar. Man habe sich mündlich mit der Arbeitsgemeinschaft Marti auf 130 Millionen Franken geeinigt. Im Gegenzug sollen 1,3 Kilometer der Schotterstrecke unsaniert bleiben und nicht wie der Rest durch eine Betonfahrbahn ersetzt werden.

Verzögerung um ein Jahr
Auf die BLS (respektive den Bund) kämen durch die vereinbarte Lösung Kosten von insgesamt 145 Millionen Franken zu. Budgetiert waren 105 Millionen. Dies entspricht immer noch einer Kostensteigerung von 38 Prozent, die vollumfänglich der Bund / der Steuerzahler zu tragen hätte – vorausgesetzt, das Bundesamt für Verkehr stimmt den am Freitag veröffentlichten Plänen zu. Die Besprechung mit der Behörde will die BLS «so rasch wie möglich» in Angriff nehmen.

Begründet werden die massiven Mehrkosten damit, dass mehr Aushubmaterial und Beton zustande komme als ursprünglich angenommen. Auch die «Komplexität der Baustelle» im über 100-jährigen Tunnel trage zur Verteuerung bei – ein Umstand, den die beiden Firmen offensichtlich in ihrer Planung nicht hinreichend berücksichtigt hatten.

Trotz der abgespeckten Projektvariante wird sich die Bauzeit um ein Jahr verzögern. Die BLS rechnet nun erst Ende 2023 mit der Fertigstellung. Dazu, was mit dem ausgesparten Teilstück in Zukunft passieren soll, schreibt das Unternehmen nichts.

Wechsel an der Unternehmensspitze
Nach einer Subventionsaffäre, dem wiederholten Wassereinbruch in den Lötschbergtunnel und dem Verdacht, am Blausee seien Forellen vergiftet worden, ist dies bereits der vierte Vorfall innerhalb weniger Monate, der der BLS AG mediale Aufmerksamkeit beschert. PolitikerInnen verschiedener Parteien zeigten sich in einem «Rundschau»-Beitrag empört über die Kostenexplosion bei der Tunnelsanierung.

An der Spitze des Unternehmens kommt es nun zu diversen Rochaden, allerdings steht nur eine davon offiziell im Zusammenhang mit den jüngsten Skandalen. Als Reaktion auf die zu Unrecht bezogenen Subventionen (der «Frutigländer» berichtete) hatte CEO Bernard Guillelmon bereits vor knapp zwei Monaten seinen Rücktritt bekannt gegeben. Verwaltungsratspräsident Rudolf Stämpfli will nicht zurücktreten, wird 2021 aber aufgrund der Amtszeitbeschränkung ohnehin nicht mehr kandidieren.

Letzte Woche verkündete die BLS in einer Ad-hoc-Mitteilung, dass VR-Vizepräsidentin Renate Amstutz ihr Amt aus zeitlichen Gründen an ihren VR-Kollegen Ueli Dietiker übergeben habe. Sie bleibe aber auch künftig in dem Gremium – anders als Josef Küttel, der nicht mehr zur Wiederwahl antritt. In der Medienmitteilung heisst es, er wolle «sein Engagement bei der BLS auf sein Verwaltungsratsmandat bei BLS Cargo fokussieren». Entsprechend werden demnächst zwei Sitze frei.

Geplante Sperrung bis Weihnachten entfällt

Weil die Fahrbahnerneuerung im Lötschberg-Scheiteltunnel nun insgesamt länger dauern wird, ändern sich laut BLS AG auch die Bauphasen: «Die geplante Sperrung eines der beiden Gleise von Ende Oktober 2020 bis kurz vor Weihnachten entfällt. Die Autozüge fahren somit unter der Woche wie bisher im Halbstundentakt. An den Wochenenden bietet die BLS bis zu drei Züge pro Stunde an. Über Weihnachten und Neujahr werden die Bauarbeiten ruhen. Die BLS kann damit den Kunden bis zu sieben Autozüge pro Stunde und Richtung anbieten. Gleiches gilt für alle Wochenenden in der Skisaison bis und mit Ostern», teilte das Unternehmen am Freitag mit.

HÜS / BLS AG

1,3 Kilometer werden nicht erneuert

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