«Licht ins Dunkel» am Blausee
04.12.2020 Kandergrund, Blausee, Mitholz, Politik, RegionRund eine Stunde lang diskutierte der Grosse Rat am Dienstag über das Fischsterben am Blausee und über den mutmasslichen Umweltskandal. Ernst Wandfluhs Forderung einer «lückenlosen» Aufklärung schloss sich das Parlament nahezu vollständig an.
BIANCA HÜSING
Rund eine Stunde lang diskutierte der Grosse Rat am Dienstag über das Fischsterben am Blausee und über den mutmasslichen Umweltskandal. Ernst Wandfluhs Forderung einer «lückenlosen» Aufklärung schloss sich das Parlament nahezu vollständig an.
BIANCA HÜSING
Taschenlampe oder Baustellenbeleuchtung: Was eignet sich besser, um restlos «Licht ins Dunkel zu bringen»? Mit diesem Bild begründete Grossrätin Andrea de Meuron (Grüne), warum sie die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) für die Aufklärung der Vorfälle am Blausee und im Steinbruch Mitholz verlangte. Eine PUK sei das «schärfste Kontrollorgan» und habe umfangreichere Informationsrechte als die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission (GPK).
Dem widersprach GPK-Vizepräsident Fritz Ruchti (SVP) mit Nachdruck. Die Kommission verfüge ebenfalls über weitreichende Informationsrechte, arbeite effizient und zudem kostengünstiger als eine PUK. Überdies habe man die Arbeit bereits aufgenommen und das Vorgehen festgelegt. Mit der Unterstüzung einer fachkundigen externen «Person» werde man genau prüfen, welche Rolle der Kanton im Zusammenhang mit der Deponietätigkeit im Steinbruch, dem Trinkwasserschutz und der Tierhaltung am Blausee eingenommen habe – und als Minderheitsaktionär der BLS Netz AG.
Vertrauen der Kandertaler erschüttert
Auch der Kandergrunder Grossrat Ernst Wandfluh (SVP) erklärte, er halte die GPK inzwischen für das geeignete Instrument zur Untersuchung der Vorfälle. Per Motion hatten er und Kurt Zimmermann (SVP, Frutigen) eine «lückenlose Aufklärung» gefordert und dabei bewusst offen gelassen, ob eine PUK oder eine GPK sich dieser Aufgabe annehmen solle. Wichtig sei, dass aufgeklärt werde. «Es geht ums Vertrauen», betonte Wandfluh, als er für die Annahme seiner Motion warb. Das Vertrauen der Kandertaler in die Behörden sei nach den letzten Vorfällen (und zwar nicht nur am Blausee) erschüttert und müsse nun schnell wiederhergestellt werden. Es gehe nicht darum, jemanden anzuschwärzen: «Ich habe für beide Seiten grosses Verständnis.»
Wandfluhs Wunsch nach Aufklärung teilte der Grosse Rat nahezu vollständig. 144 Parlamentarier stimmten mit Ja, einer mit Nein, einer enthielt sich. Auch hinsichtlich des Untersuchungsinstruments waren sich die Politiker weitgehend einig. Mit ihrer Forderung einer PUK stand Andrea de Meuron nahezu allein da. Bis auf neun Mitglieder ihrer Grünen-Fraktion und einen glp-Parlamentarier lehnte der Grosse Rat diese Motion geschlossen ab und bekundete damit sein Vertrauen in die Arbeit der GPK.
Zusammenhang unwahrscheinlich?
Regierungsrat Christoph Neuhaus sprach sich ebenfalls für eine Untersuchung der Vorfälle aus. Dazu gehöre aber auch, die Zuständigkeiten zu kennen. Da die BLS Netz AG sich mehrheitlich im Besitz des Bundes befinde, sei dieser auch für die Kontrolle der Bahnprojekte verantwortlich. Zu klären sei nun, warum die Blauseeforellen verendet seien und ob ein Zusammenhang zur Deponietätigkeit beim Steinbruch bestehe – auch wenn dieser nach heutigem Wissen ebenso unwahrscheinlich sei wie das Vorliegen eines Umweltskandals, so Neuhaus.
Jürg Grossen begrüsst den Grossratsentscheid
Im September hatte der grünliberale Nationalrat Jürg Grossen (Frutigen) eine Interpellation eingereicht. Unter anderem wollte er wissen, wie es zur Zwischenlagerung und Aufbereitung offenbar verschmutzten Gleisaushubs im Steinbruch Mitholz kommen konnte. In seiner Antwort stellt der Bundesrat klar, dass das von der BLS in Auftrag gegebene Entsorgungskonzept eine Zwischenlagerung vorgesehen habe, diese im Steinbruch Mitholz jedoch nicht zulässig sei. «Dies wurde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens durch die kantonale Fachstelle, welche das Entsorgungskonzept zu beurteilen hatte, nicht beachtet», schreibt der Bundesrat. Eine Bearbeitung des Gleismaterials sei weder beantragt noch bewilligt worden. «Im Gegenteil, das kantonale Amt für Wasser und Abfall AWA beantragte die Aufbereitung in einer dafür spezialisierten Anlage. Das Bundesamt für Verkehr BAV hat dies dann auch so verfügt.» Ferner liege die Verantwortung für die Einhaltung der Umweltvorschriften in erster Linie bei der Bauherrschaft und beim beauftragten Bauunternehmen. «Das BAV ist gemäss Eisenbahngesetz die Bewilligungsbehörde für das Projekt der BLS Netz AG betreffend den Fahrbahnersatz im Lötschberg-Scheiteltunnel», so der Bundesrat.
Jürg Grossen hat die Antwort zur Kenntnis genommen und begrüsst nun ausdrücklich, «dass die GPK im Kanton Bern aktiv wird». Ausserdem ist er der Meinung, dass auch das BAV als Bewilligungsbehörde seinen Teil der Verantwortung zu tragen habe. «Ich erwarte vom Bundesrat, dass er die Bewilligungsverfahren im BAV so verbessert, dass solche Fälle nicht mehr möglich sind. Es reicht nicht aus, wenn die abschliessende Bewilligungsbehörde nur noch Gutzeichen unter alles setzt und solche gravierenden Verfehlungen der Vorinstanzen übersieht», so Grossen.
HÜS