Den Helfervereinen fehlen eine Viertelmillion Franken
31.12.2020 Adelboden, WirtschaftDie Weltcup-Geisterrennen haben Auswirkungen auf rund 135 Vereine. Deren Mitglieder sorgten als HelferInnen für den reibungslosen Ablauf der Grossveranstaltung. Rund 250 000 Franken Entschädigung wurden ihnen dafür bezahlt – diese werden nun in den Vereinskassen fehlen. ...
Die Weltcup-Geisterrennen haben Auswirkungen auf rund 135 Vereine. Deren Mitglieder sorgten als HelferInnen für den reibungslosen Ablauf der Grossveranstaltung. Rund 250 000 Franken Entschädigung wurden ihnen dafür bezahlt – diese werden nun in den Vereinskassen fehlen.
RETO KOLLER
Festzelte, Verpflegungsstände, VIP-Mahlzeiten – sie sind an den Weltcuprennen 2021 hinfällig. Anstelle von 40 000 konsumfreudigen BesucherInnen werden kaum 1000 Leute Speis und Trank benötigen, die treuen Helfer am Grossanlass sind so grösstenteils überflüssig. Rund 135 Vereine und Organisationen leisteten in der Vergangenheit insgesamt etwa 2500 Arbeitstage. Als Entschädigung schüttete das Weltcup-OK in der Vergangenheit rund eine Viertelmillion Franken aus. Mit diesen Erträgen finanzierten die Vereine einen oftmals beachtlichen Teil ihres Jahresbudgets.
Den Turnverein Frutigen trifft es hart
Seit 1998 gehört der TV Frutigen zu den Pfeilern im Freiwilligenaufgebot. Er kümmerte sich insbesondere um das Wohlergehen der VIP-Gäste in den sogenannten Hospitality-Zonen. Auch Bundesräte wie Ueli Maurer oder Johann Schneider Ammann liessen sich ihr exquisites Süppchen von Turnerinnen und Turnern aus dem Frutigland servieren, nachdem sie von ihnen bereits am Flugplatz in Reichenbach in Empfang genommen worden waren. Die TV-Leute kümmerten sich neben dem Service um Kaffeestationen, betrieben Bars und erledigten den Abwasch. Rund 100 Mitglieder zwischen 16 und 75 Jahren leisteten Dienst im Namen des Vereins und verschafften diesem Einnahmen im tiefen fünfstelligen Bereich – was rund einem Fünftel des Jahresbudgets entspricht und somit seine wichtigste Einnahmequelle ist.
«Dieser Ausfall ist für den Verein sehr schmerzhaft», sagt Adrian Lauber. Er ist seit zehn Jahren verantwortlich für den Helfereinsatz in der VIP-Zone. Aus den Weltcup-Erträgen finanziert der Vorstand Leiterentschädigungen, einheitliche Tenues, Trainingsmaterial und vieles mehr. Immerhin seien im Jahr 2020 pandemiebedingt keine Anlässe wie Turnfeste oder Wettkämpfe mehr angefallen. Dies habe die Kasse entlastet, erklärt der Bauingenieur. Das Loch im Bankkonto wirkt sich zeitverzögert aus und wird den Finanzchef im neuen Jahr beschäftigen.
«Der Weltcup-Einsatz kittet uns zusammen»
Auch auswärtige Organisationen profitierten vom Helferbedarf der Chuenisbergli-Organisatoren. Heinz Müller ist Präsident der Fussball-Schiedsrichtervereinigung Berner Oberland und rekrutiert seit 15 Jahren jeweils rund 30 UnterstützerInnen. Sie sind vorwiegend bei der Eingangskontrolle und im VIP-Zelt tätig. Sie durften jedes Jahr mit zwei- bis dreitausend Franken Zustupf in die Vereinskasse rechnen. Diese fallen jetzt weg. So schmerzhaft der Ausfall ist, Müller betont die gesellschaftliche Bedeutung für seine Leute: «Der Weltcup-Einsatz kittet uns zusammen. Wir geniessen die gemeinsame Zeit, auch wenn sie oft streng und recht hektisch ist.» Etwa 20 Mitglieder nächtigen zudem gemeinsam in Müllers Ferienwohnung in unmittelbarer Nähe zur Piste.
Ein 3000-Franken-Loch bei der Musikgesellschaft
Die Adelbodner Musikgesellschaft kümmerte sich vor allem im grossen Festzelt um das leibliche Wohl der zahlreichen BesucherInnen. Jahr für Jahr erwirtschafteten etwa 15 Helferinnen und Helfer rund dreitausend Franken zugunsten der Vereinskasse. Präsidentin Christina Schranz beurteilt den Ausfall: «Es tut uns sicher weh, weil auch weitere Einnahmequellen wie Konzerte und unser traditioneller Lottomatch ausgefallen sind.» Andererseits seien viele Ausgaben wie Dirigentenhonorare weggefallen. Auch für die Musikgesellschaft wirkt sich der Einnahmeausfall natürlich zeitverzögert aus.
«Alle verdienten mit, ausser die Weltcup-AG»
Diese kleine Umfrage zeigt, dass das Weltcuprennen nicht nur für die lokale Gastronomie und einige Gewerbebetriebe von grosser Bedeutung ist. Für die vielen Vereine waren die drei Tage eine willkommene Einnahmequelle, ohne dass sie dafür eine eigene Infrastruktur erstellen mussten. Eine der Kernaussagen von Weltcup-AG-Geschäftsführer Christian Haueter scheint sich zu bewahrheiten: «Alle verdienten mit wenig oder ohne Risiko am Anlass mit, nur die Weltcup AG nicht.»