Erinnerungen zwischen zwei Buchdeckeln
11.12.2020 Porträt, GesellschaftPaul Stalder hat ein weiteres Buch herausgegeben. Die Sammlung beinhaltet zehn heitere und ernste Geschichten, die das wahre Leben schrieb. Der ehemalige Gartenbaulehrer am Inforama Hondrich erzählte dem «Frutigländer», wie er die Liebe zum Schreiben ...
Paul Stalder hat ein weiteres Buch herausgegeben. Die Sammlung beinhaltet zehn heitere und ernste Geschichten, die das wahre Leben schrieb. Der ehemalige Gartenbaulehrer am Inforama Hondrich erzählte dem «Frutigländer», wie er die Liebe zum Schreiben entdeckte.
KATHARINA WITTWER
Aufsatzschreiben sei nie seine Stärke gewesen. Entsprechend seien jeweils die Noten ausgefallen, erzählt Paul Stalder freimütig. Nie hätte er sich träumen lassen, dass er sich zu seinem 70. Geburtstag gleich selber ein Geschenk machen würde: die Herausgabe seines zehnten Büchleins.
Stalder wuchs als Bauernsohn in den Winigenbergen an der Grenze zwischen Emmental und Oberaargau auf. Seinen Dialekt hat er behalten, auch wenn er mehr als die Hälfte des Lebens im Berner Oberland verbrachte. 1982 wurde er an der Bergbauernschule Hondrich (heute Inforama) als Gartenbaulehrer und Kursleiter angestellt. Bis zu seiner Pensionierung vor fünf Jahren hat er zahlreichen angehenden Bäuerinnen und Hobbygärtnern Kniffs und Tipps sowie Grundbegriffe der Botanik rund um den Hausgarten beigebracht. Heute geniesst der Vater von zwei Kindern und Grossvater von vier Enkeln seinen Ruhestand im eigenen Garten – und beim Schreiben.
Aus der Not geborene Passion
Nach Abschluss der Gärtnerlehre führten ihn seine Lehr- und Wanderjahre unter anderem nach England und Israel und an die Universität Tübingen. Anfang der 1970er-Jahre erhielt Stalder die Möglichkeit, längere Zeit ein Volontariat in einem Forschungsbetrieb an der Hebräischen Universität in Israel zu absolvieren. Briefe schreiben war damals die einzig erschwingliche Möglichkeit, den Kontakt mit der Heimat aufrechtzuerhalten. Telefonieren war sehr teuer und während des Jom-Kippur-Kriegs im Oktober 1973 waren die Leitungen sowieso gekappt. «Aus dieser Not entstand die Freude am Schreiben», erzählt Stalder.
1997 erschien sein erstes Buch «Licht und Schatten über Jerusalem». Israel, das Land mit seiner schwierigen Geschichte, beschäftigte ihn sehr. Bald folgten zwei weitere Werke über die dortigen Menschen und deren Schicksale. Alle Bände sind vergriffen.
Hiesige Geschichten ereignen sich auf Berndeutsch
«Mit dem Computer schreiben ist schon praktisch. Doch wenn ich etwas aus meinen Erinnerungen verschriftliche, greife ich manchmal zu Stift und Papier. Schreiben, wie mir der Schnabel gewachsen ist, gelingt mir so viel besser», so der begnadete Erzähler. Das eben erschienene Büchlein «Wie d Zit vergeit» ist wiederum in Mundart geschrieben. Erzähl- und Schreibstil sowie Dialekt erinnern ein bisschen an Pedro Lenz.
Zehn Geschichten – selbst erlebte, beobachtete oder erzählte – finden sich zwischen den Buchdeckeln. «Äs si haut eifach Gschichte, wo dr Alltag gschribe het, Gschichte, wo ou üs no öppis wette säge», ist auf dem rückseitigen Umschlag zu lesen. Einige Episoden gehören längst der Vergangenheit an, für andere schaute der Autor weniger weit zurück. Nein, erfunden sei keine, betont Paul Stalder.
Die ungeschminkte Sprache kommt zeitweilig etwas hemdsärmelig daher. Am Stammtisch wird ja schliesslich auch nicht gesäuselt. Und sind sich Schwiegermutter und Schwiegertochter spinnefeind, werfen sie sich schon mal gegenseitig «uschafelige» Kraftausdrücke an den Kopf. In keiner Geschichte fehlen aber die versöhnlichen Elemente.
«Wie d Zit vergeit» von Paul Stalder, erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verfasser unter Tel.: 033 654 30 41, E-Mail: paulstalder50@gmail.com
Mehr über den Autoren und seine Bücher finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html