GESCHICHTE 1946 äusserte sich Maria Lauber in einem Beitrag der Zeitschrift «Reformierte Schweiz» zum Frauenstimmrecht: «Sind nicht Mann und Frau gleich vor Gott? Wieso soll die Frau seit Jahrtausenden mindern Rechts sein? Die Gewährung des Stimmrechts an die Frau dünkt ...
GESCHICHTE 1946 äusserte sich Maria Lauber in einem Beitrag der Zeitschrift «Reformierte Schweiz» zum Frauenstimmrecht: «Sind nicht Mann und Frau gleich vor Gott? Wieso soll die Frau seit Jahrtausenden mindern Rechts sein? Die Gewährung des Stimmrechts an die Frau dünkt mich eine der grössten Selbstverständlichkeiten, die es überhaupt gibt. Mag die Frau ihr Stimmrecht dann ausüben oder nicht – wie ist es bei den Männern? –, das ändert an dieser Selbstverständlichkeit nichts.»
Ein klares, biblisch begründetes Bekenntnis zur politischen und rechtlichen Gleichstellung der Frau. Die Meinung der 55-jährigen Schriftstellerin gründete auf prägenden Lebenserfahrungen wie der Kindheit im Bergbauernbetrieb an Prasten, ihrem Alltag als alleinstehende Frau, Lehrerin und Schriftstellerin. Beeindruckt war Maria Lauber auch von den grossen Leistungen der Schweizer Frauen in den vergangenen Kriegsjahren. Und ein starkes Frauenbild bezog die Frutigerin auch von Dr. Emma Graf, ihrer Deutschlehrerin im Seminar.
Emma Graf wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, lernte Weissnäherin und konnte erst später das Seminar besuchen und an der Universität Bern studieren. Sie wurde als die erste weibliche Lehrkraft für wissenschaftliche Fächer am staatlichen Seminar gewählt. Die engagierte, warmherzige Frau war Seminarlehrerin aus innerer Berufung und kämpfte um die berufliche und finanzielle Gleichberechtigung der Lehreinnen mit ihren männlichen Kollegen. Frau Graf, die Pädagogin und Frauenrechtlerin, unterstützte und ermutigte Maria Lauber im Seminar und anschliessend auf ihrem schriftstellerischen Weg.
Vor 50 Jahren, zwei Jahre vor Maria Laubers Tod, erfüllte sich endlich ihr Anliegen, dass die «Göttliche Ordnung», die selbstverständliche Gleichberechtigung der Frauen, verwirklicht wurde.
URS GILGIEN, REICHENBACH
Im Frühjahr erscheint Maria Laubers «Chüngold in dr Stadt», die Neuauflage ihrer Erzählung der Seminarzeit in Bern.