Ein Jahr voller Höhen und Tiefen
02.03.2021 Coronavirus, Gesundheit, RegionDie Spitex Niesen blickt auf eine lebhafte Zeit zurück. Die Nachfrage nach ihren Leistungen fiel zeitweise über raschend aus, Geschäftsleiterin Susanna Zurbrügg musste an verschiedenen Fronten Feuerwehr spielen.
KATHARINA WITTWER
«Kaum hatte der Bundesrat vor ...
Die Spitex Niesen blickt auf eine lebhafte Zeit zurück. Die Nachfrage nach ihren Leistungen fiel zeitweise über raschend aus, Geschäftsleiterin Susanna Zurbrügg musste an verschiedenen Fronten Feuerwehr spielen.
KATHARINA WITTWER
«Kaum hatte der Bundesrat vor einem Jahr den ersten Shutdown verordnet, sagten mehrere Klienten ihre Pflegeoder Hauswirtschaftsleistungen ab», erinnert sich Susanna Zurbrügg. Dagegen nahmen die Aufträge für Mahlzeiten rasant zu. «Umgehend bestellte ich Wärmeboxen, wurden diese doch in sämtlichen Küchen knapp. Weil der grenzüberschreitende Handel eingeschränkt wurde, war ungewiss, ob diese überhaupt geliefert werden können.» Glücklicherweise traf die Sendung aus Deutschland nach kurzer Zeit ein.
Mit der bis heute anhaltenden erhöhten Nachfrage ergab sich ein neues Problem: Der Bundesrat entschied nämlich, dass über 65-Jährige zur Risikogruppe gehören, was etliche freiwillige Essenauslieferer betraf. Sofort mussten jüngere Personen rekrutiert werden. «Obschon dieser ‹Job› – mit Ausnahme der Kilometerentschädigung – ‹nur› mit einem gemeinsamen Essen und einem Ausflug entlohnt wird, meldeten sich auch arbeitslose Angestellte aus dem Gastgewerbe», so Zurbrügg. Sie suchten eine sinnvolle Beschäftigung und einen fixen Termin im Tagesablauf. Aktuell werden noch freiwillige Mahlzeiten-Auslieferer für die Gemeinden Frutigen und Reichenbach gesucht.
Defizitärer Mahlzeitendienst
Im Gegensatz zur Pflege und zu den hauswirtschaftlichen Arbeiten verfügt die Spitex Niesen beim Mahlzeitendienst über keinen Auftrag des Kantons. Entsprechend defizitär ist diese Leistung. «Wir wollen eine Rundumbetreuung anbieten. Will jemand so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben, sind mindestens eine warme Mahlzeit pro Tag, eine saubere Wohnung und gewaschene Kleider essenziell», begründet Zurbrügg die Philosophie. Sie ist dankbar, dass die Anschlussgemeinden die Hälfte des Defizites beim Mahlzeitendienst – aktuell sind das 60 Rappen pro EinwohnerIn und Jahr – übernehmen. Der Rest sowie die ungedeckten Beträge in der Hauswirtschaft werden aus dem Spendentopf beglichen. Eine Quersubventionierung vonseiten der Pflegefinanzierung ist nicht erlaubt.
2020 stieg die Zahl der ausgelieferten Mahlzeiten um 42 Prozent oder um rund 4400 Menus gegenüber dem Vorjahr. Aus fünf verschiedenen Küchen wurden die Mittagessen an Personen in den Frutigländer Gemeinden und in Wimmis verteilt.
Angehörige übernahmen die Pflege
Während des Shutdowns waren viele in Kurzarbeit oder gar arbeitslos. Vor allem Frauen übernahmen die Pflege ihrer Angehörigen sowie die Hausarbeit und sistierten externe Dienstleistungen sofort. Hinzu kam die Angst, die Spitex könnte das Coronavirus ins Haus bringen. Dieser rasante Rückgang bereitete Susanna Zurbrügg Sorgen, denn es ging im schlechtesten Fall darum, Personal zu entlassen. «Als im Laufe des Sommers und Herbstes die Hoffnung auf Normalität keimte, stieg die Nachfrage wieder und ist aktuell höher denn je. Es war ein verrücktes Jahr, in dem die Planung schier unmöglich war», bilanziert die Geschäftsleiterin. Wer das Covid- 19-Schutzmaterial fürs Personal finanziert, ist noch nicht entschieden.
Ausnahmesituation für die Lernende
Anina Trachsel, Lernende Fachfrau Gesundheit im dritten Ausbildungsjahr, müsste eigentlich Ende März die praktischen Prüfungen ablegen. Dabei würde sie von einem Zweierteam zu drei verschiedenen Klienten begleitet. Leider können die praktischen Prüfungen auch 2021 nicht im gewohnten Rahmen durchgeführt werden. Stattdessen erfolgt eine Beurteilung durch den Lehrbetrieb.
Die überbetrieblichen Kurse (ÜK), die den Lernenden die Möglichkeit bieten, Pflegehandlungen wie Blutdruckmessen, Blutabnehmen usw. an MitschülerInnen zu üben, finden in der Theorie via Fernunterricht statt. Die Lehrbetriebe übernehmen den wichtigen Teil des Praxistransfers. «Unsere Lernenden verbringen normalerweise einige Wochen in externen Institutionen, wie beispielsweise im Blutspendezentrum», sagt Susanna Zurbrügg. «Zumindest reichte es Anina kurz vor dem Lockdown für zwei Austauschwochen im Alters- und Pflegeheim.» Anina Trachsel selbst betont, dass beim Fernunterricht – den sie seit einem Jahr mehrheitlich geniesst – und beim Erledigen der Hausaufgaben viel Selbstdisziplin erforderlich ist.
Viele verschiedene Dienstleistungen
Die Spitex Niesen bietet Pflege, Hauswirtschaft und Mahlzeitendienst. Sie betreut Menschen mit Demenz, bietet in Zusammenarbeit mit den Psychiatrischen Diensten der Spitäler fmi AG psychisch beeinträchtigen Menschen Pflege und Begleitung im gewohnten Lebensumfeld an und ist in der Palliative Care tätig. Für pflegende Angehörige sucht sie passende Unterstützungs- und Entlastungsangebote. Bei Bedarf besorgt oder organisiert die Spitex Pflegematerial sowie Hilfsmittel wie Rollstühle, Nachtstühle usw. Als Vertragspartnerin der Hotelspitex «Claire & George» erbringt sie Dienstleistungen bei Ferien in einem Hotel.
WI
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