Die Post zügelt in den Bahnhof
20.04.2021 Kandersteg, GesellschaftDas Schild mit dem bekannten schwarzen Schriftzug und dem roten Kreuz auf gelbem Grund wird um 130 Meter verschoben. Die Poststelle wird geschlossen und durch eine Filiale im BLS-Reisezentrum ersetzt.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
In Gesprächen und Mails aus Kandersteg wurden ...
Das Schild mit dem bekannten schwarzen Schriftzug und dem roten Kreuz auf gelbem Grund wird um 130 Meter verschoben. Die Poststelle wird geschlossen und durch eine Filiale im BLS-Reisezentrum ersetzt.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
In Gesprächen und Mails aus Kandersteg wurden in den letzten Tagen gegenüber der Redaktion Befürchtungen geäussert, dass sich die Grundversorgung für die Bevölkerung in Land-, Berg- und Randgebieten ständig verschlechtere. Man müsse sich einsetzen, damit die Strukturen in den Gemeinden zuverlässig und stabil blieben. Hintergrund dafür ist, was in Kandersteg Gesprächsthema und nun Tatsache ist: Die Poststelle wird voraussichtlich im Spätherbst geschlossen, ein genaues Datum gibt es noch nicht. Die Post will die Bevölkerung rechtzeitig über die anstehende Veränderung informieren. Da die Schaltergeschäfte «seit mehreren Jahren rückläufig und auf einem tiefen Niveau» seien, habe man seitens Post das Gespräch mit der Gemeinde gesucht. Die Lösung ist die gleiche wie in über 1200 anderen Orten in der Schweiz: eine Filiale in einem bestehenden Geschäft. Dafür wurde in den letzten Monaten ein lokaler Partner gesucht. Wie das Unternehmen gestern bestätigte, wurde dieser im Bahnhof gefunden. Als «Postfiliale mit Partner» wird künftig das Reisezentrum der BLS im Bahnhof dienen.
Deutlich längere Schalterzeiten
Mit der Poststelle an der Bahnhofstrasse verschwindet etwas Gewohntes aus dem Dorfleben. Und die Angestellten? Heute wird in Teams gearbeitet, die mehrere Poststellen betreuen. In Kandersteg ist dies das Team Frutigen, das ebenfalls für Adelboden und Reichenbach zuständig ist. Arbeitsplätze sollen gemäss Post so keine verloren gehen.
Für die Kandersteger Kunden kann eine Filiallösung, trotz eingeschränktem Angebot, aufgrund der längeren Öffnungszeiten auch Vorteile bieten. Die Post betont, dass nach dem Umzug sieben Tage pro Woche Geschäfte erledigt werden können. Die Öffnungszeiten variieren je nach Saison, von Mai bis Oktober ist der BLS-Schalter aber beispielsweise jeweils von 7 bis 18 Uhr durchgehend offen. «Das Schaltergeschäft kennen wir bereits. Dass nun Päckli und Briefe dazu kommen, macht unsere Aufgabe spannender», sagt Reisezentrum-Geschäftsführer Marc Gerhard.
Die Post ergänzt das Angebot in Kandersteg durch die Dienstleistung «Bareinzahlung und -auszahlung am Domizil». Die Kundinnen und Kunden können Ein- und Auszahlungen weiterhin mit Bargeld abwickeln, und zwar direkt beim Pöstler an der Haustüre. Für den Hausservice muss man sich einmalig telefonisch beim Kundendienst oder in einer Filiale anmelden. Am Schalter können Einzahlungen und Rechnungen nur mit den gängigen Debitkarten erledigt werden.
Wie reagierte die Gemeinde?
Für den Kandersteger Gemeinderatspräsidenten René Maeder ist es die beste Ersatzlösung, die man für den Ort habe erreichen können. Die Gespräche mit der Post seien konstruktiv gewesen. Die Anliegen der Gemeinde seien angehört worden, aber im Endeffekt entscheide natürlich das Unternehmen. «Ich denke auch daran, wie viel Energie beispielsweise die Gemeinde Wimmis für den Erhalt ihrer Poststelle eingesetzt hat – am Ende dennoch ohne Erfolg.»
Er habe sich für eine möglichst gute Alternative stark gemacht, sagt Maeder. Mehrere Kandersteger Geschäfte seien als mögliche Filiale in Frage gekommen, die Gemeinde habe dazu Stellung beziehen können. Der Standort Bahnhof respektive die BLS als Partnerin wurde schliesslich von der Post bestimmt.
Was geschieht mit Adelboden und Reichenbach?
In Aeschi ist die Poststelle bereits durch eine Filiale im Volg ersetzt worden. Völlig überraschend kommt die Veränderung in Kandersteg nicht: 2017 wurde von der Post eine Liste publiziert, auf der gefährdete Standorte vermerkt waren. Deren Weiterbestand wurde damals lediglich bis ins Jahr 2020 zugesichert. Neben Kandersteg standen auch Adelboden und Reichenbach auf dieser Liste. Beide Gemeinden sehen derzeit keine Anzeichen, dass Anpassungen geplant sind, sagen Gemeindeschreiberin Jolanda Lauber und Gemeindeschreiber Simon Hari auf Anfrage. Der neue Post-Verwaltungsratspräsident Christian Levrat hat vor wenigen Tagen in mehreren Interviews bekräftigt, dass das Poststellennetz gemäss Bundesrat nach dem laufenden Umbau bei rund 800 eigenen Poststellen stabilisiert werden soll.