Lese- und Geschichtenspass für Kinder
20.04.2021 Frutigen, GesellschaftBis Mitte Oktober gibt es in Frutigen ein Freizeitangebot für Eltern mit Kindern des ersten Lesealters. Die Bibliothekarin Daniela Zurbrügg hat im Rahmen ihrer Weiterbildung einen Geschichtenweg initiiert.
KATHARINA WITTWER
Die Zwillinge Enya und Ava starten beim ...
Bis Mitte Oktober gibt es in Frutigen ein Freizeitangebot für Eltern mit Kindern des ersten Lesealters. Die Bibliothekarin Daniela Zurbrügg hat im Rahmen ihrer Weiterbildung einen Geschichtenweg initiiert.
KATHARINA WITTWER
Die Zwillinge Enya und Ava starten beim Tourist Center am Bahnhof Frutigen zum Geschichtenweg. Am hintersten Fenster werden sie fündig. Die erste Textseite und die zugehörige Illustration des Buches «Ein Brief für Zipfelwitz» kleben vergrössert an der Scheibe. Abwechselnd lesen die Mädchen Zeile um Zeile laut vor und beantworten anschliessend die Wettbewerbsfrage.
Stolz schauen die Zweitklässlerinnen auf den Streckenplan. Noch brauchen sie Unterstützung, um zu wissen, wie man ihn halten und lesen muss. Sie überqueren die Engstlige und begeben sich an die obere Bahnhofstrasse. Schon bald entdecken sie in einem Schaufenster den zweiten und einige Schritte weiter den dritten Posten.
Weil das Lese- und Bilderbuch 14 Doppelseiten mit einem Text fürs erste Lesealter und einer passenden Illustration umfasst, besteht der Geschichtenweg auf der kinderwagentauglichen, zwei Kilometer langen Strecke aus ebenso vielen Posten. Am Ziel bei der Bibliothek hängt ein Briefkasten für den Wettbewerbstalon.
Bis zum dritten Schuljahr
«Ich habe für meine Projektarbeit verschiedene Frutiger Geschäfte angefragt, ob sie mir bis zum Ende der Herbstferien in einem ihrer Fenster Gastrecht gewähren. Von den spontanen Zusagen und dem Entgegenkommen war ich überwältigt. Eine derartige Zusammenarbeit zwischen Bibliothek und Gewerbetreibenden ist ein Novum», betont Daniela Zurbrügg. Die Initiantin des Geschichtenwegs arbeitet seit rund zehn Jahren in der Gemeindebibliothek Frutigen und hat kürzlich an der Pädagogischen Hochschule Bern den Grundkurs für Mitarbeitende in Gemeindebibliotheken absolviert. Teil dieser Weiterbildung ist eine Gruppenarbeit. Mit drei Kolleginnen – zwei aus Büren an der Aare und einer aus Nidau – hat sie den Geschichtenweg ausgearbeitet.
Lesen Erwachsene den Kindern vor und schauen gemeinsam mit ihnen (Bilder-) Bücher an, beeinflusst dies die Entwicklung des Gehirns positiv und fördert die Freude am Lesen. «Das im Lehrmittelverlag Zürich erschienene Buch ‹Ein Brief für Zipfelwitz› haben wir aus verschiedenen Gründen gewählt: Es richtet sich an Kinder ab dem Kindergarten bis zum dritten Schuljahr, was unserem Zielpublikum entspricht.» Zudem gehe es um das Thema Brief und darum, was man tun müsse, um einen Brief zu erhalten. «Und dann haben uns natürlich die allerliebsten Illustrationen und die schöne Geschichte überzeugt», so Zurbrügg.
Liebevoll gestaltete Schaufenster
Ava und Enya setzen ihren Weg fort. Plötzlich entdecken sie an einem Gartenzaun einen dreieckigen Schaukasten und einen ebensolchen beim Spielplatz an der Engstlige. Die reformierte Kirchgemeinde stellt diese Kästen zur Verfügung. Die Posten sind so gewählt, dass die Route möglichst sicher begangen werden kann. Die Kandersteg- und Adelbodenstrasse müssen hingegen gequert werden.
Beim Dekorieren der Schaufenster erhielt Daniela Zurbrügg tatkräftige Unterstützung von Sandra Schneider. Wo es die Platzverhältnisse zuliessen, arrangierten die beiden zur Geschichte passende Accessoires. Beim genauen Betrachten entdeckt man ein Tintenfässchen, Briefumschläge in Kleinformat, Vogelfedern oder ein Mäuschen. Oft stellten die Geschäfte zusätzlich Produkte zur Verfügung, die im Laden erhältlich sind. Natürlich fehlen die Zwerge Zipf, Zapf, Zepf, Zupf und Zipfelwitz nicht.
Die Wettbewerbsfragen ergeben ein Lösungswort
Aus den Buchstaben der richtig beantworteten Fragen ergibt sich das Lösungswort. Enya schreibt es bereits nach Posten 8 auf. Ava ist etwas zaghafter. Nachdem bei der Gemeindebibliothek die letzte Frage beantwortet ist und die Zwillinge Name, Adresse und Alter angegeben haben, werfen sie den Talon in den hübsch bemalten Holzbriefkasten. Einmal pro Monat wird Daniela Zurbrügg unter den eingegangenen Antworten einen Gewinner ziehen. Als Preis winkt stets einer der fünf Zwerge. Zusätzlich erhält jedes Kind eine kleine Überraschung per Post. «Ich habe schon viel Lob erhalten», strahlt die Mutter von zwei fast erwachsenen Kindern. Der Briefkasten quillt fast täglich über. Nach einer Woche hat sie bereits rund 100 Kindern einen Antwortbrief geschickt. Werden Enya oder Ava wohl zu den glücklichen Gewinnerinnen zählen? Wie viele Stunden die Bibliothekarin – von der Idee übers Erstellen des Konzepts, das Kontaktieren der Geschäfte sowie die Gestaltung von Website und Flyer bis hin zum Zusammenstellen der Wettbewerbsfragen – investiert hat, kann sie nicht sagen. Doch spürt man, dass ihr die selbstgewählte Aufgabe Freude bereitet und der Geschichtenweg ihr ans Herz gewachsen ist.
Der Geschichtenweg kann bis zum 17. Oktober jederzeit kostenlos begangen werden.
Alles über den Weg und die Gewerbepartner, Lageplan, Wettbewerbstalon sowie ein Filmchen finden Sie auf www.frutiglaender.ch/web-links.html