Bloss bedingte Haftstrafen für Einbrechertrio
26.05.2021 Aeschi, Aeschiried, GesellschaftJUSTIZ Drei junge Diebe sind am vergangenen Freitag vom Regionalgericht Oberland für eine Serie von Delikten mit bedingten Haftstrafen im unteren Bereich sanktioniert worden. Dies, obwohl sie banden- und gewerbsmässig gehandelt hatten. Weshalb kam es zu diesem milden ...
JUSTIZ Drei junge Diebe sind am vergangenen Freitag vom Regionalgericht Oberland für eine Serie von Delikten mit bedingten Haftstrafen im unteren Bereich sanktioniert worden. Dies, obwohl sie banden- und gewerbsmässig gehandelt hatten. Weshalb kam es zu diesem milden Urteil?
PETER SCHIBLI
Zwischen Mai 2018 und Januar 2019 war das Berner Oberland von einer beispiellosen Einbruchserie heimgesucht worden. Am 13. Oktober 2018, morgens um 2 Uhr, brachen zwei Täter in den Kiosk beim Hallenbad Aeschi ein und entwendeten Zigarettenstangen und -packungen, Feuerzeuge, Tabakpfeifen, Lebensmittel und Lotterielose im Wert von über 20 000 Franken. Der dritte Täter stand Schmiere. Der Sachschaden am Gebäude, das der Gemeinde Aeschi gehört, wurde auf 5300 Franken beziffert.
Weitere Diebstähle im Gesamtwert von 84 000 Franken verübte das Trio (bestehend aus zwei Schweizern und einem Ausländer) in einem Warenhaus in Thun, in einem Kino in Gwatt und zweimal in einer Bäckerei in Hilterfingen. Ein Zigarettenautomat wurde geplündert und anschliessend im Thunersee versenkt. Gemäss der 44-seitigen Anklageschrift begingen die Täter ausserdem Verkehrsdelikte. Bei allen Einbrüchen ging das Trio gleich vor: Nach Ausspähen des Tatobjekts verschafften sich die jungen Männer nachts mit Einbruchswerkzeugen Zutritt zu den Gewerbeliegenschaften, richteten beträchtliche Sachschäden an und liessen mitlaufen, was ihnen wertvoll erschien. Das Diebesgut verkauften sie oder bunkerten es in einer Tiefgarage.
Acht Monate dauerten die Beutezüge, bis die Bande von der Polizei identifiziert und verhaftet werden konnte. Die drei Täter sassen zwischen 32 und 74 Tagen in Untersuchungshaft.
Geständnisse und Reue
Vor Gericht zeigten sich am letzten Freitag alle drei reuig und gaben praktisch alle Taten zu. Wie Musterschüler sassen sie da, begleitet von amtlichen Verteidigern, und entschuldigten sich laut und deutlich: Es werde nicht mehr vorkommen, sie hätten ihre Lektion gelernt und wollten den Geschädigten die Verluste zurückzahlen, versprachen sie. Mit einigen Privatklägern waren hierzu Vereinbarungen abgeschlossen worden. Der Rückzug der entsprechenden Strafklagen wirkte sich strafmildernd aus.
Gründe für ihre Einbruchserie nannten die jungend Männer mehrere: Man habe sich gegenseitig «etwas beweisen wollen». Sie hätten aus purem Blödsinn gehandelt, sich dabei «cool» gefühlt. Bei zwei Tätern, die aus bescheidenen Verhältnissen stammen, spielte auch Geldgier eine Rolle. Die erbeuteten Beträge wurden jeweils auf das eigene Bankkonto einbezahlt. Damit war auch der Tatbestand der Geldwäscherei erfüllt.
Verzicht auf Landesverweisung
Staatsanwalt Sandro Thomann zeigte sich erfreut über die Reue der drei Täter, forderte bedingte Haft- und Geldstrafen und sprach sich sogar gegen eine Landesverweisung des ausländischen Angeklagten aus. Es liege ein klarer Härtefall vor, lautete seine Begründung. Alle drei Beschuldigten hätten in den Monaten seit der Deliktserie «grosse Schritte in eine positive Zukunft gemacht». Thomann sprach sogar von einem «Musterfall eines resozialisierenden und integrierenden Strafverfahrens».
Gerichtspräsident Jürg Santschi sah es ähnlich. Er nahm den Männern die Reue ab. In den Urteilen ging er sogar leicht unter die Anträge des Staatsanwalts. Die drei Täter wurden vom Regionalgericht zu 12 Monaten Gefängnis bedingt, 9 Monaten Gefängnis bedingt und 6 Monaten Gefängnis bedingt verurteilt. Die bedingten Geldstrafen bewegen sich zwischen 3000 und 19 200 Franken. Die Übertretungsbussen wurden auf 500, 600 und 3000 Franken festgelegt.
Die Verfahrenskosten verteilte das Gericht zu gleichen Teilen, zu je 20 504 Franken, auf die drei Männer. Für noch offene Forderungen von Privatklägern, die mit den Tätern keine Vereinbarung getroffen hatten, wurde auf den Zivilweg verwiesen. Zum Schluss der Verhandlung sprach der Gerichtspräsident aus, was wohl alle im Gerichtssaal Anwesenden dachten: «Sie haben die Kurve erwischt und ich hoffe, Sie bleiben auf diesem Kurs.» Der Staatsanwalt hatte bereits in seinem Plädoyer klargestellt, dass der ausländische Beschuldigte die Schweiz verlassen muss, sollte er wieder straffällig werden.

